Wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, wurden im Jahr 2024 von deutschen Stellen ersten Hochrechnungen zufolge insgesamt rund 174.000 solcher Visa erteilt. Das wäre ein neuer Rekord und ein Anstieg von mehr als zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der vergebenen Visa zu Erwerbstätigkeitszwecken ist in den vergangenen fünf Jahren konstant gestiegen, außer im Jahr 2020.
Unter den fünf wichtigen Herkunftsländern waren zwischen 2019 und 2023 in jedem Jahr Serbien sowie Bosnien-Herzegowina und in vier von fünf Jahren Indien und Kosovo. Um das Arbeitskräfteangebot in Deutschland langfristig konstant zu halten, wäre laut Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) eine jährliche Zuwanderung von 270.000 bis 350.000 ausländischen Arbeitskräften nötig. Weil innerhalb der EU die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt, müssen nur Personen aus Drittstaaten Erwerbsvisa beantragen. Tanja Fendel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IAB nennt die Zahl der im vergangenen Jahr erteilten Visa „sehr erfreulich“. Der Anstieg zeige zwar, dass es Deutschland immer besser gelinge, Fachkräfte aus dem außereuropäischen Ausland zu gewinnen, es kämen allerdings bei weitem nicht alle Visumsinhaber auch tatsächlich nach Deutschland und würden am Arbeitsmarkt aktiv, sagte Wido Geis-Thöne, Ökonom am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Im Jahr 2023 hätten nur 71.000 Personen ohne bereits zuvor bestehenden Aufenthaltstitel einen solchen zu Erwerbszwecken erhalten, „obschon 158.000 Personen entsprechende Visa ausgestellt wurden“, so Geis-Thöne. Gründe hierfür seien die lange Dauer und Intransparenz der Visa-Verfahren. Die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten halten Ökonomen für zentral, um den Bedarf der Unternehmen zu decken. Laut IW ist das deutsche Beschäftigungswachstum zwischen 2022 und 2023 zu 62 Prozent auf Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern und nur zu 14 Prozent auf deutsche Arbeitskräfte zurückzuführen. Andere europäische Länder stehen vor ähnlichen Problemen wie Deutschland. Besonders für Ostdeutschland seien Fachkräfte aus dem Ausland essenziell, erklärt das IW und veranschaulicht dies am Beispiel Sachsen: Die Zahl der deutschen Arbeitnehmer sei dort von 2022 auf 2023 um rund 7500 gesunken. Dieser Rückgang sei von etwa 14.800 ausländischen Arbeitskräften mehr als nur aufgefangen worden – davon stammt die Mehrheit, rund 8700, aus nicht EU-Ländern.
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