• 20. Dezember 2024

Die sozialen Medien sind ein Ort der Meinungsfreiheit

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Dez 20, 2024

Ist X wirklich der Raum für Meinungsfreiheit, als den ihn Elon Musk verkauft?

Für Elon Musk kann ich nicht sprechen, aber ich halte X und auch andere Plattformen für einen Ort der Meinungsfreiheit. Vor allem deshalb, weil hier Menschen, die sonst keinen Anschluss zu Journalen, Redakteuren, Zeitungen oder ähnlichen Medien haben, sich zu aktuellen politischen Dingen oder anderen Themen frei äußern können. Immer natürlich unter Beachtung der Höflichkeit, Anständigkeit, Freundlichkeit und im Rahmen der Gesetze.

Fakt bleibt, dass es weiterhin ein starkes Aufkommen von Pöbeleien und Beleidigungen gibt. Aber kann es sein, dass auf der anderen Seite der Informationsaustausch auch deutlich zugenommen hat? Wenn mehr Leute an so etwas teilnehmen, gibt es da nicht automatisch mehr Pöbler?

Ich gehöre zu denen, die ganz sicher wissen, wie man in den sozialen Medien angepöbelt wird. Dennoch sind die sozialen Medien für viele das Mittel der Wahl geworden, wie man sich heute informieren möchte. Wer einen breiten Wissensaustausch sucht, kann auf X oder woanders sicher fündig werden.

Sie sind ein bekannter Politiker. Mein Eindruck ist, dass ganz viele Bürger heute in viel höherem Maße einen Austausch mit relevanten politischen Persönlichkeiten haben als früher. Ein Zugewinn?

Sicher. Man kann diesen Dingen selbstverständlich etwas Positives abgewinnen. Leider machen viele das nicht und suchen lediglich die ganzen Negativbeispiele, um letztendlich die Meinungen der Bürger zu zensieren.

Ob ein wirklicher Austausch mit Politikern stattfindet, sehe ich so noch nicht. Auch kann ich mich nicht daran erinnern, dass es richtige Austausche oder Unterhaltungen von Politikern der Bundesregierung mit Bürgern auf X gab. So läuft es nicht. Jemand postet etwas und dann bekommt man darunter Antworten, die wiederum Antworten generieren. Meist reagiert der Autor des Posts dann nicht weiter darauf. Ist das ein richtiger Meinungsaustausch? Ich weiß es nicht.

Aber trägt dies zur Meinungsbildung bei? Das glaube ich auf alle Fälle. Ein Beispiel: Wenn Sie die Wahlen in den USA und dazu das Meinungsbild in den sozialen Medien verfolgt haben, dann musste eigentlich jedem klar gewesen sein, dass Trump relativ gute Chancen hatte, zu gewinnen. Für die Öffentlich-Rechtlichen lag allerdings Kamala Harris vorne.

Aber noch mal grundsätzlich: Wenn X und andere Plattformen eingeschränkt oder ganz verboten werden, ist das ein gravierender Fehler. Und wie ich auch in einem Videoclip auf X und TikTok zur annullierten Wahl in Rumänien erwähnt habe: Die Rumänen sind ein stolzes Volk und man darf davon ausgehen, dass sie sich vor der Wahl umfassend informiert haben und nicht allein TikTok-Videos wahlentscheidend waren.

Nochmal zu den Beleidigungen: Warum haben Sie denn das Taschengeld abgelehnt, welches man bekommt, wenn man eine Agentur beauftragt, eine Anzeigenflut gegen Pöbler loszutreten? Sie werden ja im Internet genug angepöbelt. Warum das Geld verschenken?

(Lacht) Bisher habe ich gar nicht gewusst, dass es tatsächlich solche Portale bzw. Firmen gibt. Aber selbst wenn ich es gewusst hätte, würde ich das nicht nutzen. Klar, ich habe auch schon die eine oder andere Anzeige gestellt. Die habe ich aber selbst gestellt, weil mir die Kommentare nicht rechtskonform erschienen. Das sollen dann die zuständigen Stellen prüfen. Aber niemals würde ich das leichtfertig machen oder gar als Sport.

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Früher war es so, dass man einen Leserbrief geschrieben hat an die Zeitung seines Vertrauens, dann noch einen und noch einen. Und mit viel Glück wurde mal einer abgedruckt. Man freute sich darüber und fühlte sich als Teilnehmer eines Diskurses. Heute braucht man diese dort verlangte Schreibkompetenz nicht mehr. War diese Hürde nicht auch ein Qualitätsfilter oder nur ein elitäres Instrument?

Es war einfach eine andere Zeit. Da hat man nicht so viel selbst schreiben und veröffentlichen können. Leserbriefe wurden angenommen oder auch nicht. Eine ganze Redaktion hatte da den Finger drauf. Das ist im Übrigen noch heute so. Ich habe zur Corona-Zeit einige Leserbriefe geschrieben, die nicht abgedruckt worden sind. Und ich glaube, dass ich mich sehr wohl ordentlich, höflich und klar ausdrücken kann.

Die sozialen Medien bieten jedem neue Möglichkeiten. Wie ich eingangs schon sagte: Hier erhält jeder – auch wenn er sich vielleicht im Schriftlichen nicht so schön ausdrücken kann – Gelegenheit, seine Meinung zu äußern. Das Recht auf Meinungsäußerung gilt nicht nur für den, der eloquent schreiben kann, sondern auch für diejenigen, die sich einfach und manchmal auch grob ausdrücken. Das ist einfach Meinungsfreiheit!

Das könnte auch die Angst der Medien erklären. Hier findet ja ein großer Verlust von Deutungshoheit statt. Die so genannten Leitmedien hatten diese Deutungshoheit einmal. Was wir jetzt mit den sozialen Medien und Medien erleben, ist das ein Zugewinn an Freiheit und Demokratie?

Ja, natürlich. Absolut. Die sozialen Medien sind als Zugewinn der Meinungsfreiheit zu sehen. Das ist kein Hexenwerk, das ist nichts Böses. Das möchte man einfach verteufeln, weil bestimmte Personen, Institutionen, Politiker dahinterstecken und sagen: Oh nein, das geht nicht. Plötzlich sind die Bürger so nah dran und können uns unkontrolliert und in Echtzeit ihre Meinung sagen.

Jetzt braucht es nicht mehr Fasching mit Karnevalsumzügen, auf denen ein als lustiger Predigerclown verkleideter Redner den Politikern die Meinung geigt. Nun kann das jeder Bürger, der sich mit einem Account anmeldet. Das ist doch etwas ganz Geniales. Schaut man dann auf die Reaktionen jener Politiker, die schreien „Wir müssen es einschränken“ und „Wir müssen es verbieten“, dann erkennt man die blanke Angst. Es ist die blanke Angst, die sie umtreibt und zu solchen Forderungen verleitet.

Jeder kann seine Meinung sagen und damit Aufmerksamkeit erzielen, das erinnert mich an Andy Warhols 15-minutes-of-fame …

Ich könnte es biochemisch erklären: Es hat auch Suchtpotential! Aber in dem Sinne, dass man mal einen Tweet verfasst, der wirklich viral geht. Dann reagiert das Belohnungssystem im Gehirn und man freut sich noch mehr. Andererseits: Es nur auf dieses Suchtpotenzial zu reduzieren, ist wiederum einfältig. Die sozialen Medien sind für mich ein Ort der Meinungsfreiheit. Aber bitte immer innerhalb der guten Umgangsformen: Man unterhält sich anständig und man beleidigt niemanden.

Danke für das Gespräch!

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Author:
Alexander Wallasch

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