Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld
Sie denken, Sie seien kein Rassist? Da täuschen Sie sich, falls Sie ein blasshäutiger Westler sind. Die sind Rassisten von Geburt an. Sie sind der Meinung, durch Vernunft und Toleranz seien die Zeiten, zumindest im Westen, überwunden, da Menschen nach Hautfarbe kategorisiert wurden? Sie liegen wieder falsch, denn nichts ist laut Identitätspolitik wichtiger als die Hautfarbe. Die bestimmt, welcher Gruppe man angehört. Wir leben wieder in einer Epoche, in der Menschen nicht nach ihrem Charakter und ihren Handlungen beurteilt werden, sondern zu welcher Gruppe sie gehören.
Als Blasshäutiger ist man nicht nur Rassist, sondern mit Mikroaggressionen geschlagen. Diese „Erkenntnis“ aus den USA ist inzwischen auch zu uns rübergeschwappt. Wie sehr, wurde mir bewusst, als ich das neue Programm einer Bildungsakademie las, die von einem Bürgerrechts-Kumpel nach der Vereinigung gegründet worden ist. Da wurde für den wunderschönen Monat Mai ein Seminar empfohlen, das sich mit dem Thema „Koloniale Kontinuitäten & Dekoloniale Ansätze: Kompetenzen für eine kritische Bildungsarbeit“ befasst. Die Teilnehmer sollen erfahren „wie sehr kolonialistische Denkens- und Verhaltensstrukturen noch heute unser Weltbild und unsere Gesellschaft bestimmen und wie und wo man ansetzen kann, um dies zu ändern“. Es wird also vorausgesetzt, dass die Teilnehmer alle von kolonialistischem Denken und Verhalten beherrscht sind. Ich habe der Akademie umgehend das Buch von Christoph Ernst: „Die Rassismus-Falle – Identitätspolitik und kritische Rassentheorie“ empfohlen.
Ernst ist ein Vertreter der vernünftigen, emanzipatorischen Linken, die den Mut hat, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Er gesteht in seinem als „Trigger-Warnung“ bezeichneten Vorwort, dass er Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ noch für ein irres, bekämpfenswertes Machwerk hielt, bis er es doch las und seinen Irrtum erkannte. Er meint, er hätte gewarnt sein müssen, als „unsere bräsige Kanzlerin“ es für „nicht hilfreich“ erklärte, ohne seinen Inhalt zur Kenntnis genommen zu haben. Seitdem betrachtet Ernst die Wirklichkeit mit kritischem Blick. Sein Buch sei ein Akt der Notwehr. Ernst gehört zu den geschmähten „alten weißen Männern“. Er hat in seiner Jugend und im mittleren Erwachsenenalter in einer Welt gelebt, in der es „sprachliche Feinstaubvorschriften“ nur „auf der anderen Seite“ zu geben schien, wo „die Partei immer recht hatte und der Staat Witze mit Haftstrafen belohnte. Kontaktschuld kultivierten damals nur Priester und Stalinisten, die als wandelnde Spaßbremsen ständig Gedankenverbrechen witterten. Doch die hockten noch nicht überall als Quotenkröten in Ämtern, Ethikräten und auf der Regierungsbank“.
Warum Ernst die postkoloniale Schule für gemeingefährlichen Schwachsinn und die kritische Rassentheorie für „hochgiftig“ hält, erläutert er auf 380 Seiten an unzähligen Beispielen.
Wussten Sie, dass die Demokraten die Sklavenhalterpartei waren und im Amerikanischen Bürgerkrieg von den Republikanern gezwungen werden mussten, auf die Sklaverei zu verzichten? Das hat Folgen bis heute. Bei den Black-Lives-Matter-Aufständen waren die von Demokraten regierten Städte und Gemeinden, die oft einen schwarzen Bürgermeister hatten, am meisten von Verwüstung betroffen. Die Mordraten im Gefolge der BLM-Randalen schossen in die Höhe, weil die Forderungen nach Schwächung der Polizei erfüllt wurden. Sie lagen 2020 in Los Angeles um 30 Prozent, in New York um 40 Prozent und in Chicago um 50 Prozent höher als 2019. An einem Wochenende kamen in Chicago bei Drive-in-Shootings 80 Menschen zu Schaden, 21 davon starben. BLM war ja ein Protest gegen Polizeigewalt, allerdings starben 2020 25 unbewaffnete Schwarze durch Polizeischüsse in den USA. Im gleichen Zeitraum wurden 9.913 Schwarze ermordet. Die meisten Opfer waren jung, fast immer kamen sie durch gleichaltrige Schwarze ums Leben. Jahr für Jahr bringen sich mehr Schwarze gegenseitig um, als jemals in den USA gelyncht worden sind. In den Medien fällt diese schwarze Selbstzerstörungsorgie unter den Tisch. Das ist die Diskrepanz zwischen „gefühlter Realität und wahrer Wirklichkeit“.
Fakten haben gegen Mythen keine Chance, wenn sie dem herrschenden Narrativ widersprechen. Ernst bringt ein Beispiel für diese traurige Tatsache: Der Fotograf Eddie Adams hat 1968 in Vietnam ein Foto gemacht, das weltberühmt wurde: Ein Militär schießt einem Zivilisten mitten auf der Straße in den Kopf. Das Foto wurde ikonisch für die Gewalt im Vietnamkrieg. Nicht bekannt wurde, dass der Mann kein unschuldiger Zivilist war, sondern der Kopf einer Todesschwadron, der gerade einen Mann, eine Frau und ihre sechs Kinder ermordet hatte. Das Bild erschuf eine Fiktion, die stärker war, als die Realität. Adams war später keineswegs stolz auf sein Foto, er bedauerte, es geschossen zu haben. Eine ähnliche Wirkung erzielte das Handyfoto von George Floyd, als ein (nicht weißer) Polizist auf ihm kniete. Nur tut es im Gegensatz zu Adams keinen von denen leid, die es für ihre Agenda instrumentalisiert haben. Ein gewaltaffiner Kleinkrimineller wurde zur Ikone und in einem goldenen Sarg bestattet. BLM hat es zu Weltruhm gebracht, seine Führerinnen zu Millionärinnen gemacht, aber kaum etwas getan, um die Lage der Schwarzen zu verbessern.
Ist die Sklaverei eine Erfindung der Weißen? Nein. Die 1.400 Jahre alte Geschichte der Muslime ist auch eine der Versklavung von Ungläubigen. Während der Amerikanische Bürgerkrieg geführt wurde, um die Sklaverei abzuschaffen, verzichtete der Jemen erst Mitte der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts darauf. Trotzdem wird die Geschichte der USA als eine von Sklaverei, Völkermord und Rassismus gezeichnet, während über Sklaverei, Völkermord und Rassismus bei Muslimen ein Mantel des Schweigens gebreitet wird.
Ernst resümiert: „Natürlich kann man den Kapitalismus der USA unmenschlich nennen. Die Frage ist, im Vergleich zu was? Textilfabriken in Bangladesch, Zwangsarbeit in chinesischen Steinbrüchen oder Diamantschürfen in Lesotho?“ Es gibt kein afrikanisches Land, wo es der schwarzen Bevölkerung so gut geht, wie in den USA. Die permanente Leugnung der Realität wirkt zersetzend auf die Gesellschaft.
Ernst befasst sich hauptsächlich mit den Zuständen in den USA, es liest sich aber wie eine Analyse der deutschen Verhältnisse.
Die herrschende Politik inszeniert sich als hilfreich und gut, zeigt aber täglich, dass sie die Verhältnisse im Lande nicht interessieren. Der Steuerzahler wird als Melkkuh für Energiewende, den „Klimaschutz“ und die Ukraine-Hilfe benutzt. Die letzte Tranche war so groß, wie die Summe, die für den Wiederaufbau der Dresdener Carolabrücke fehlt. Der Steuerzahler alimentiert Millionen arbeitsfähige Bürgergeldempfänger, während Arbeitskräfte händeringend gesucht werden und er finanziert die Denunziationsplattformen, die sein Wohlverhalten überwachen. Die Liste ist keineswegs vollständig.
Die „glitzerne Hülle linksliberaler Werte“ – „Weltoffenheit, Antirassismus und Minderheitenschutz“ soll die Umverteilung von unten nach oben kaschieren und ihren Nutznießern ein gutes Gewissen bescheren. Die postmodernen Linksintellektuellen eint, dass sie das Erbe der Aufklärung negieren, Gruppen über Individuen stellen und die westliche Zivilisation als ein System betrachten, das Opfer patriarchalischer Unterdrückung produziert: Frauen, Minderheiten, Kinder, Farbige, die in permanenter Unterwerfung gehalten werden. Dass die westliche Zivilisation ihre Stärke aus der Freiheit des Einzelnen bezieht, wird unterschlagen. Unterschlagen wird auch, dass die woken „Eliten“ sich aus dem gemeinsamen gesellschaftlichen Projekt verabschiedet haben und in einer eigenen Blase leben. Das erfordert Anstrengungen, die Bevölkerung, die den Laden am Laufen hält, das nicht merken zu lassen. Identitätspolitik ist von daher ein Elitenprojekt im Krieg gegen die Bürger.
Hier geht es zum Buch von Christoph Ernst „Die Rassismus-Falle“.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle. Das neue Buch „Ist mir egal“ zu Merkel können Sie hier vorbestellen.
Bild: Antho B / Shutterstock
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