• 26. Dezember 2024

Die moderne Wiederkehr von Divinisierung und  Ostrakismos

ByRSS-Feed

Dez 5, 2024

Geschätzter Leser. Zunächst, zu Orientierungszwecken, zwei Begriffserklärungen:

  1. A) „Apotheose“ bezeichnet die Erhebung einer großen Persönlichkeit in die Göttlichkeit; geschieht dieser Vorgang zu Lebzeiten des so Ausgezeichneten, spricht man von „Divinisierung“. Im vorchristlichen römischen Reich war es gängiger Brauch Kaiser zu Göttern (divi) zu erklären, denen Tempel und Altäre errichtet sowie Priester beigestellt und Opfer dargebracht wurden. (Quelle:Wikipedia)
  1. B) Das sog. „Scherbengericht“ oder „Ostrakismos“ war in den städtischen Gemeinwesen des antiken Griechenland ein Mittel, um missliebige Bürger aus dem politischen Leben der Stadt – und in seiner finalen Konsequenz oft überhaupt aus der Stadt – zu verdrängen. Im Verlauf der abstimmenden Bürgerversammlung wurden Namen“unliebsamer Elemente“ auf Tonscherben (daher der Name) geritzt und, nach erfolgter Auszählung, wurde der Meistgenannte für zehn Jahre aus der Stadt verbannt. (Quelle w. o.). „Unliebsame Elemente“ waren in der Regel lautstarke Kritiker bestehender Verhältnisse und/oder der Politik der herrschenden Gruppierung.

Nun zum eigentlichen Thema:

Der 1951 eingeführte § 187a des deutschen StGB (später §188) bezog sich ursprünglich ausschließlich auf „jene Ehrdelikte, denen (nicht erweislich wahre oder unwahre) Tatsachenbehauptungen zugrunde liegen, nicht jedoch die Beleidigung, die auch ehrverletzende Werturteile erfasst.“ (Quelle: Wissenschaftliche Dienste, Deutscher Bundestag)

Mit der 2021 erfolgten Ausdehnung des Anwendungsbereichs des §188 auf den Tatbestand der Beleidigung, haben diejenigen Mitglieder des Bundestags, die dieser Ausdehnung zugestimmt haben, de facto eine Institution der Antike – nämlich die oben unter A) geschilderte – in die Moderne (und nach Deutschland) zurückgeholt.

Dass sie in ihrem Eifer zur Bekämpfung von sog. „Rechtsextremismus und Hasskriminalität“ nicht die Interessen und Gefühle von Otto Normalverbraucher  und Lieschen Müller im Auge hatten, sondern ausschließlich die ihrer eigenen Kaste, geht klar aus der Neufassung des §188 hervor; dort steht nämlich jetzt zu lesen:

(1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts …..  eine Beleidigung  …. aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.“

Im Klartext: Ein deutscher Politiker (bis hinunter zur kommunalen Ebene) ist aus der Masse des Plebs herausgehoben – man ist versucht zu sagen: zur Göttlichkeit erhöht – und genießt hinsichtlich dessen, was über ihn gesagt werden darf, den besonderen Schutz des Staates. Da der Begriff der „Beleidigung“- bei Bedarf – sehr dehnbar ist, stellt der §188 in seiner jetzigen Form ein sehr handliches Instrument dar, um gegen jegliche Kritik am Handeln eines Politikers vorzugehen.

Was uns zum zweiten in der Artikel-Überschrift angeführten Begriff – dem des Ostrakismos – bringt.

Eine ganze Reihe von deutschen  Politikern (sowohl auf Kabinetts- wie auf Abgeordneten-Ebene)  beschäftigen die Justiz Jahr für Jahr mit einer Flut von Anzeigen wegen Beleidigung. Die schiere Zahl der Anzeigen legt die Vermutung nahe, dass diese Politiker Referenten besolden (mit Steuergeldern?) deren einzige Aufgabe darin besteht, das Internet nach Material zu durchforsten, aus dem man eine Beleidigung im Sinne des §188 StGB konstruieren kann.

Falls die entsprechenden Strafanzeigen ( und bei bestimmten Politikern geht die Zahl von solchen pro Jahr in die Hunderte) vom Richter ernst genommen werden (und es gibt subtile Mittel dies zu erreichen), kann es vorkommen, dass bei dem Beleidiger früh am Morgen die Polizei an die Tür klopft, einen richterlichen Durchsuchungsbefehl vorweist und beginnt, die Wohnung des so „Beglückten“ auf den Kopf zu stellen.

Dies Letztere ist zwar bereits per se unangenehm; bedeutend unangenehmer sind jedoch die Auswirkungen auf die gesellschaftliche Stellung. Eine Hausdurchsuchung ist – sofern man nicht einsam im Wald wohnt – mit einem gewissen Spektakel in voller Sicht der Nachbarn verbunden. Parkende Polizeifahrzeuge, geschäftig hin und her eilende Uniformierte, Dinge, die aus dem Haus/der Wohnung getragen werden – die Nachbarn werden natürlich nicht auf so etwas Einfaches, wie Beleidigung tippen, sondern auf Verstrickung mit Terrorismus, auf Drogen- und/oder Mädchenhandel, Falschgeldproduktion u. Ä. m. Nach einem Besuch dieser Arte ist man innerhalb der Nachbarschaft hoffnungslos gesellschaftlich gebrandmarkt und man sieht sich am Besten gleich nach einem neuen Domizil um. (Es sei denn, man wohnt in Berlin in der Rigaer Straße, in Hamburg nahe der Roten Flora, oder in einer ähnlichen Lokalität.)

Fazit: Rückkehr der bezaubernden Institution des Ostrakismos.

Soviel für heute. Ich lehne mich jetzt zurück und warte auf das Klingeln des Durchsuchungs-Kommandos an meiner Tür.

image_printGerne ausdrucken

Zur Quelle wechseln
Author: Rasender Reporter
Journalistenwatch

Teile den Beitrag mit Freunden