Was sagt eigentlich der Bürger auf der Straße zum Fünf-Punkte-Plan von Friedrich Merz? Was soll das überhaupt sein? Eine Beendigung der illegalen Massenmigration, von Merz im Affekt und über Nacht nach Magdeburg und Aschaffenburg veröffentlicht? Oder aus Sorge, dass ihm die späte Kanzlerschaft als Lebenstraum doch noch entgleitet?
Unsere nicht repräsentative Umfrage ergab, dass die wenigsten Bürger erklären können, was genau Merz in seinem Fünf-Punkte-Plan gefordert hat. Wenige wissen überhaupt davon, dass es diesen Plan gibt und dass er ein Ende des Asylmissbrauchs zum Thema hat.
Warum ist das so? Ein Gesprächspartner meinte beispielsweise, er schaue zwar Nachrichten, aber er habe es sich angewöhnt, bei gewissen Themen einfach auf Durchzug zu schalten. Auffällig war, dass der Erklärungsbedarf dennoch vorhanden war. Vielleicht ist das eine Erkenntnis: Die Deutschen sind noch nicht vollkommen lethargisch, was die Zukunft ihres Landes angeht. Sie haben mehr als einmal nachgefragt, was denn genau dieser Fünf-Punkte-Plan bedeute. Für uns Auftrag und Grund genug für eine große Analyse.
Steht der Plan nur unter dem Eindruck von Aschaffenburg? Eine Kurzschlusshandlung, wie jene, als Merkel unter dem Eindruck der Bilder aus Ungarn die Grenzsicherung verweigerte oder unter dem Eindruck der Zerstörungen von Fukushima den Atomausstieg verkündete?
Funktioniert Politik in Deutschland so dilettantisch? Oder stand Merz hier gar unter dem Eindruck der Amtseinführung von Donald Trump, als der im rasanten Tempo seine Punkte zur Rettung Amerikas vorbetete und abhakte? Das gefiel auch vielen Menschen in Deutschland. War das ein Antrieb für Merz? Dafür sprechen Merz-Formulierungen wie „am ersten Tag meiner Amtszeit“.
Der Fünf-Punkte-Plan in der Zusammenfassung:
Punkt 1:
Wenn Merz Bundeskanzler werden sollte, dann verspricht er, schon am ersten Tag seiner Amtszeit das Bundesinnenministerium anzuweisen, „die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen“. Das faktische Einreiseverbot gelte ausdrücklich auch für Menschen mit Schutzanspruch.
Punkt 2:
Die Bundespolizei soll die Befugnis erhalten, Haftbefehle zu beantragen. Die gab es offenbar zuvor noch nicht, weil Polizei Ländersache ist. Dazu sagen muss man, dass hier explizit „Abschiebhaftbefehle“ gemeint sind.
Punkt 3:
Ausreisepflichtige Personen sollen festgesetzt werden. Dafür soll der Bund laut Merz schnell Gebäude zur Verfügung stellen.
Punkt 4
Der Bund bzw. die Bundespolizei sollen jetzt ebenfalls Abschiebungen übernehmen und das täglich.
Punkt 5
Ähnlich Punkt 3, auch hier geht es darum, dass Haftmöglichkeiten gefunden werden sollen, damit „jeder ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder in zeitlich unbefristeten Ausreisearrest genommen“ wird.
Gleich mal als Spoiler: Was Merz hier vorgibt, umsetzen zu wollen, ist juristisch schlecht ausgearbeitet. Und das ist deshalb bestürzend, weil Friedrich Merz selbst Jurist ist und daher durchaus in der Lage wäre, seinen Fünf-Punkte-Plan auch juristisch abzuklopfen.
Da das aber nicht geschehen ist – gleich mehr zu den Details –, entsteht einmal mehr der Verdacht, dass es sich insgesamt um eine Wahlkampfaktion handelt. Das ist deshalb tragisch, weil die Deutschen nichts dringender brauchen als eine handlungsfähige Regierung, die in der Lage ist, ihnen ihre Sicherheitsarchitektur und den zerbröselnden Wohlstand zurückzugeben.
Konkret zum Fünf-Punkte-Plan:
Beginnen wir mit Punkt 3 und 5, der Ankündigung, dass jeder, der generell ausreisepflichtig oder Straftäter oder Gefährder ist, in Gewahrsam, sprich in Haft genommen werden muss. Dazu führte Alexander-Wallasch.de immer wieder entsprechende Interviews mit Fachleuten – hier insbesondere regelmäßig mit Heiko Teggatz, dem Chef der Bundespolizeigewerkschaft.
In den Zusammenhang ist ein Interview relevant, dass wir im September 2024 geführt haben. Heiko Teggatz erinnerte zunächst daran, dass wir in 2023 ca. 50.000 Dublin-Fälle gehabt haben. Also Fälle, wo der sogenannte Eurodac-Treffer vorhanden war, sprich, eine Registrierung im europäischen Asylsystem.
Damals wollten wir wissen, warum diese bereits anderswo registrierten Personen nicht sofort dorthin zurückgeschoben werden. Antwort:
„Wir werden ja nicht mal diesen verschwindend geringen Anteil wieder los an jene Länder, die die Registrierung vorgenommen haben. Warum ist das so? Weil entweder deutsche Gerichte untersagen, dahin zurückzuführen. Oder aber die Staaten selber die Rückübernahme ablehnen.“
Wir fragten Heiko Teggatz auch, ob Abschiebe-Vorschläge nicht allesamt Theorie bleiben, wenn nicht genug Haftplätze vorhanden wären. Antwort des obersten Polizeigewerkschafters:
„Wir haben in Deutschland 800 Abschiebeplätze, von denen wir gerade einmal 400 nutzen können. Wir hatten im letzten Jahr 127.000 Feststellungen unerlaubter Einreisen an den Landgrenzen. Dass das nicht reicht, ist sonnenklar.“
Mit anderen Worten: Friedrich Merz macht hier Vorschläge zur Festsetzung von zehntausenden, vielleicht hunderttausenden, für die es gerade einmal vierhundert Haftplätze gibt.
Was ist also der Merz-Vorschlag wert, Liegenschaften des Bundes zu nutzen und zu Haftplätzen umzubauen? Dazu muss man wissen, dass es gesetzlich nicht gestattet ist, Abschiebekandidaten in „normalen“ Gefängnissen unterzubringen. Es braucht demnach eine Sonderform der Festsetzung in bewachten Unterkünften. Solche speziellen Haftanstalten sind keine Sammelunterkünfte, die man eben schnell in einer Turnhalle einrichten kann.
Haft- und Abschiebeplätze müssen baulich gesichert werden. Schon damit beginnend, dass man nicht einfach das Fenster öffnen braucht, um zu entweichen. Aber muss es deshalb vergittert sein? Zudem benötigt man für solche umfangreichen Zwangsunterbringungen eine menschenwürdige Logistik von den Sanitäranlagen bis hin zu einer vernünftigen und geregelten Ernährung der Festgesetzten.
Und nicht zuletzt braucht es dafür Unmengen an Personal, die diese Einrichtungen führen, sichern und Tag und Nacht bewachen. Damit ist dann aber noch niemand abgeschoben worden. Das alles zählt noch zur Vorbereitung dieser Abschiebungen!
Friedrich Merz hat nicht erwähnt, wie und in welchem Zeitraum diese Haftplätze eingerichtet werden sollen. Was will er dahingehend in 2025 schaffen? Von 400 zu 4000 Plätzen? Oder mehr? Um hier 50.000 bis 100.000 Haftplätze einzurichten, braucht es eine nationale Kraftanstrengung. Das wäre eine passende Begrifflichkeit für Merz gewesen. Verbunden mit der klaren Ansage, dass er in drei Monaten – koste es was es wolle – diese Haftplätze rechtssicher eingerichtet hat.
Warum rechtssicher? Weil es Schwadronen von Anwälten geben wird, die jeden Winkel dieser neuen Einrichtungen unter die Lupe nehmen werden, um menschenunwürdige Umstände zu behaupten oder nachzuweisen. Auch das muss im Vorfeld hinreichend ausgeschlossen werden.
Aber selbst, wenn die vielen Ausreisepflichtigen inhaftiert sind, gibt es eine Frist, wie lange das geschehen darf. Wenn die Abschiebung in einem Zeitraum von unter 6 Monaten – noch deutlich weniger bei Minderjährigen – nicht vollzogen wird, dann darf der Abzuschiebende nicht länger festgesetzt werden. Hinzukommt, dass auch innerhalb dieser sechs Monate regelmäßig überprüft werden muss, ob die Haft noch notwendig ist oder andere Maßnahmen ausreichen. Viele Anwälte werden hier viele neue Aufgaben entdecken.
Und was Straftäter betrifft, ist der zeitliche Rahmen noch enger gefasst, wenn diese keine aktuelle Ausreiseverpflichtung haben. Dann nämlich ist das Ausreisegewahrsam gerade einmal auf 28 Tage begrenzt. Anschließend müssen sie aus der Ausreisehaft entlassen werden, wenn kein mit der Straftat in Zusammenhang stehender Haftgrund vorliegt. Friedrich Merz kann überhaupt keinen „zeitlich unbefristeten Ausreisearrest“ einführen. Es ist rechtlich nicht möglich.
All das weiß der Jurist Friedrich Merz. Er weiß auch, dass Abschiebungen nicht möglich sind, wenn das Land, in das abgeschoben werden soll, seine Bürger nicht zurücknehmen will. Denn das ist die nächste und noch viel größere Hürde. Und Merz hat zudem nicht erwähnt, dass die überwiegende Zahl der Abschiebekandidaten über eine Duldung verfügen, sprich gar nicht ausgewiesen werden dürfen, weil die Abschiebungen ausgesetzt sind.
In Zahlen sind es ein paar zehntausend Migranten, die man abschieben könnte. Aber nur dann, wenn das Herkunftsland bereit ist, sie zurückzunehmen.
Diese Staaten haben teilweise längst begriffen, welches elementares Interesse Deutschland an einer Rückführung hat und nutzen die Aufnahmebereitschaft für schmutzige Deals mit Deutschland. Sie verbinden die Aufnahmebereitschaft mit Forderungen. Wenn also darüber diskutiert wird, ob Ausreisepflichtig ein Handgeld erhalten sollen, dann übersieht man hier, dass der aufnehmende Staat von der Bundesregierung bereits auf unterschiedliche Weise umfangreich entschädigt werden musste, um überhaupt für eine Rücknahme bereit zu sein.
Fällt dieser Fünf-Punkte-Plan hier wie ein Kartenhaus in sich zusammen?
Punkt eins und vier im Schnelldurchlauf: Punkt vier fordert im Wesentlichen mehr Kompetenzen für die Bundespolizei und Punkt eins will die Grenzen schließen. Das ist unbedingte Voraussetzung dafür, dass die Ausweisungen (die Remigrationspläne von Merz) überhaupt zu einer spürbaren Verringerung der Ausreisepflichtigen führen. Denn was nutzt es, die Abschiebungen zu organisieren, wenn diese Abschiebehaftplätze regelmäßig neu gefüllt werden?
Das ZDF verweist hier übrigens darauf, dass Grenzschließungen nicht oder nur begrenzt möglich seien: Zum einen wegen des Schengen-Abkommens und zum anderen, weil Ausnahmeregelungen beantragt werden müssten, die zudem nicht endlos genehmigt würden.
Ginge man theoretisch davon aus, dass Merz es sogar ernst meint, dann muss er darauf hingewiesen werden, dass diese Genehmigungen auf EU-Ebene überhaupt nicht notwendig sind. Weiß er das überhaupt? Hat er sich möglicherweise sogar für seinen Fünf-Punkte-Plan mit Fachleuten wie Heiko Teggatz zusammengesetzt? Hier ein Hinweis von Heiko Teggatz:
„Im Paragraph 18 Asylgesetz steht im Absatz 2, dass jeder, der über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland kommt und einen Asylantrag stellt, zurückzuweisen oder zurückzuschieben ist. Warum? Weil der Asylantrag offenkundig unzulässig ist, da in Deutschland immer noch das Grundgesetz Vorrang hat vor allen anderen Gesetzen, und das steht in Artikel 16a exakt genau so. Ich stelle mir die Frage, warum ein deutscher Bundestag darüber abstimmen muss, ob nationales Recht angewandt wird oder nicht.“
Soweit die Analyse des Fünf-Punkte-Plans.
Friedrich Merz hat aber mehr als nur eine Leiche im Keller. Gemessen an der wachsenden Unlust einer Mehrheit der Deutschen, den Krieg in der Ukraine weiter mit Milliarden Euro zu finanzieren, das Sterben weiter zu befeuern oder gar den Wiederaufbau der Ukraine noch zu bezahlen, aus dem heraus Trump dann das goldene Zeitalter der USA ableiten kann, ist Merz an allem interessiert, nur nicht daran, sich öffentlich so kurz vor seiner Kanzlerschaft auch noch mit der Ukrainefrage auseinandersetzen zu müssen.
So erscheint es sogar denkbar, dass Friedrich Merz hier bewusst auf die Migrationskarte setzt und Aschaffenburg knallhart instrumentalisiert, um zu vermeiden, dass sich Deutschland vor der Wahl intensiv mit Merz und seiner Ukrainepolitik befasst. Denn das könnte ihn tatsächlich seine Kanzlerschaft kosten.
Kurz vor Veröffentlichung dieser Analyse des Fünf-Punkte-Plans von Friedrich Merz gab uns Heiko Teggatz ein Interview. Der Polizeigewerkschaftsboss erklärt darin unter anderem ausführlich, dass die gesicherten Abschiebeplätze möglicherweise viel schneller machbar sind, als wir es in unserer umfassenden Analyse gemutmaßt haben. Das besonders sachkundige und spannende Interview mit dem Bundespolizei-Experten erscheint als Ergänzung zur Analyse noch heute auf Alexander-Wallasch.de.
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Author:
Alexander Wallasch