• 2. April 2025

Deutschlands Bäckereien machen dicht – Traditionshandwerk in der Krise

ByRSS-Feed

Apr. 1, 2025
Werbung

Von Kai Rebmann

Mehr als 3.000 verschiedene Brotsorten sind hierzulande bekannt, der gute Ruf deutscher Bäcker und ihrer Produkte reicht um die ganze Welt. Im Dezember 2014 wurde die Deutsche Brotkultur in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes des Deutschen UNESCO-Komitees aufgenommen. Doch wie so oft, scheint auch hier zu gelten: der Prophet ist im eigenen Land nichts wert!

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Immer mehr traditionelle Handwerksbetriebe müssen ihre Öfen für immer stilllegen. Nur noch rund 8.000 bis 9.000 Bäckereien gibt es in Deutschland, die Zahlen variieren je nach Quelle, sind gleichwohl aber alarmierend. Vor 60 Jahren waren es allein im alten Bundesgebiet noch knapp 60.000 Betriebe, in den vergangenen 10 Jahren sind 30 Prozent der handwerklichen Bäckereien verschwunden. Auf der anderen Seite stieg die Zahl der Liefer-Bäckereien für Supermärkte und Discounter in den vergangenen 10 Jahren von 20 auf 133 an.

Werbung
Werbung
Werbung

Der Branche als solcher geht es deshalb nicht schlechter als früher, eher im Gegenteil. Laut einer Analyse der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Kooperation mit der Hans-Böckler-Stiftung ist der Gesamtumsatz mit Backwaren im Jahr 2023 auf 21,8 Milliarden Euro gestiegen. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) dieses Kuchens teilen sich inzwischen gerade einmal 55 industrielle Betriebe mit einem Umsatz von jeweils mindestens 50 Millionen Euro pro Jahr untereinander auf, der Rest muss sich mit den Krümeln begnügen und schauen, wie er damit über die Runden kommt. In den Augen der NGG zeigt sich in diesen Zahlen die „zunehmende Dominanz von Großfilialisten und Brotindustrie“.

Massenbrot-Haltung vs. Handwerk in der Backstube

Die Gründe, weshalb viele kleine und mittlere Bäckereien über kurz oder lang zum Aufgeben gezwungen werden, sind vielschichtig. Da ist der zunehmende Preisdruck durch die Industrie, aber auch immer weiter steigende Fixkosten in Gestalt von Personal und Energiekosten, die in der industriellen Massenbrot-Haltung sehr viel effektiver auf den gesamten Betrieb umgelegt bzw. verteilt werden können.

Wer etwa beim Mindestlohn an der Preisschraube dreht, so wie es aktuell Schwarz-Rot vorhat, der muss sich darüber im Klaren sein, dass dadurch das gesamte Gehaltsgefüge gesprengt wird. Wenn die ungelernte Hilfskraft mehr verdient, dann müssen zur Wahrung der Abstände natürlich auch die Löhne von Fachverkäuferinnen im Laden sowie Gesellen und Meistern in der Backstube steigen.

Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der auch vor der backenden Branche nicht Halt macht, auch wenn sich die Zahl der Lehrlinge zuletzt etwas erholt hat und sogar wieder leicht angestiegen ist, was aber allenfalls eine Hoffnung für die Zukunft ist, die aktuelle Krise jedoch nicht lösen kann. Und auch hier ist die Industrie gegenüber dem Handwerk klar im Vorteil: Wo in der Fabrik weniger und oft ungelernte Hilfskräfte ausreichen, braucht es in der Backstube fast überall nicht nur menschliche Arbeitskraft, sondern auch zumindest ein Grundmaß an Erfahrung und handwerklichem Geschick, was freilich auch mit höheren Löhnen einhergeht.

All diese und weitere Faktoren haben dazu beigetragen, dass die Kosten gerade in energieintensiven Branchen, wozu Bäckereien gehören, in den letzten Jahren ganz erheblich gestiegen sind, was sich in der Folge unmittelbar auf die Preise für Brot und Brötchen auswirkt. Das Statistische Bundesamt weist hier für den Zeitraum 2019 bis 2023 einen Anstieg um ein Drittel aus, und damit weit mehr als in den meisten anderen Bereichen des alltäglichen Lebens.

Das wiederum wirkt sich auf das Einkaufsverhalten der Konsumenten aus, umso mehr in Zeiten von allgemeiner Wirtschaftskrise und Inflation, in denen viele Menschen den Gürtel ohnehin enger schnallen müssen. Denn bei Lebensmitteln wird bekanntlich häufig zuerst gespart, so dass die Deutschen in den vergangenen Jahren den oben genannten Zahlen zufolge öfter in den Aufback-Stationen der Supermärkte zugegriffen haben und weniger beim Bäckermeister um die Ecke.

Reaktionen auf Aus für Traditions-Bäckerei: Ist das typisch deutsch?

Ein aktuelles Beispiel für diese Entwicklung kommt aus Baden-Württemberg. Dort gab die in dritter Generation geführte Bäckerei Wiskandt am Dienstag bekannt, dass bereits der heutige Freitag der letzte Produktions- und Verkaufstag sein wird. Der handwerkliche Betrieb unterhielt zuletzt sieben Filialen in Pforzheim und dem umgebenden Enzkreis.

Doch jetzt ist auch hier Schluss, die angestrebte Sanierung durch ein Insolvenzverfahren scheiterte an den „gegebenen finanziellen Bedingungen“ und „Veränderungen am Markt“, wie Insolvenzverwalter Holger Blümle erklärte. Die Kunden reagierten mit einer Mischung aus Enttäuschung und Unverständnis, aber auch Kritik. Eine Anwohnerin sagte der BNN: „Es ist immer schlimm, wenn ein Einzelhändler aufgeben muss. Es ist einfach schade, dass viele Menschen beim Discounter einkaufen.“ Eine andere Frau wundert sich, denn es habe „da immer Leute“ gegeben, wenn sie beim Einkaufen im Laden war.

Wo es gescheiterte Existenzen gibt, sind aber auch die Spötter nicht weit – ein wohl leider sehr deutsches Phänomen: den Erfolgreichen den Erfolg nicht gönnen, um dann bei Misserfolg umso fester draufzuhauen. Mag sein, dass im vorliegenden Beispiel auch unternehmerische Fehler begangen wurden. Womöglich hat es dem Unternehmen auch nicht gutgetan, dass der Geschäftsführer quasi nebenbei noch für die FDP im Stadtrat sitzt. Und auch über Qualität lässt sich – wie immer und überall im Leben – trefflich streiten.

Was sich in den Stunden und Tagen nach der Bekanntgabe der Schließung des Unternehmens dann aber in den sozialen Medien abgespielt hat, sollte jeden nachdenklich stimmen. Häme und Spott ergossen sich kübelweise über den Betrieb und insbesondere seinen Geschäftsführer. Wen soll es da noch wundern, wenn in Deutschland in einem solchen Markt-, aber auch gesellschaftlichen Umfeld kaum noch jemand dazu bereit ist, ein unternehmerisches Risiko einzugehen?

Auf dem Spiel steht dabei weit mehr als nur Einzel-Schicksale. Die unmittelbaren, von vielen aber wohl nicht sofort wahrgenommen Folgen sind sehr viel weitreichender und reichen vom Verlust von Arbeitsplätzen und damit auch Wohlstand und Kaufkraft bis hin zur schwindenden Nahversorgung – gerade im ländlichen Bereich – mit Lebensmitteln des täglichen Bedarfs.

Transparenz-Hinweis: Der Autor ist selbst gelernter Bäckermeister und stammt aus einer Bäckerei, die seit 129 Jahren in Familienhand geführt wird.

Im Dezember 2019 ging meine Seite an den Start. Heute erreicht sie bis zu 53,7 Millionen Aufrufe im Monat. Sie setzt Themen, die selbst große Medien nicht mehr ignorieren können.

Mein Ziel: 

Kritisch, unabhängig und furchtlos der Regierung und ihren Hofberichterstattern auf die Finger schauen – ohne Steuergelder, ohne Großspender, nur mit Herzblut, Idealismus – und vor allem: mit Ihrer Hilfe.

Ihre Unterstützung macht meinen Einsatz überhaupt erst möglich. Jede Geste, ob klein oder groß, zeigt mir: Mein Engagement – mit all den Herausforderungen und schlaflosen Nächten – wird geschätzt.

Das ist für mich nicht nur ein unermesslich wertvolles Geschenk, sondern auch eine große Motivation, weiterzumachen.

Von Herzen: Danke!

Der einfachste und billigste Weg, ohne jede Abzüge, ist eine Banküberweisung:
IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71.

Alternativ sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – allerdings werden dabei Gebühren fällig.

Über diesen Link

Mit noch höheren Gebühren ist über Umwege auch (wieder) Paypal-Bezahlung möglich:

Über diesen Link

BITCOIN-Empfängerschlüssel auf Anfrage

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.

„UN-fähig“ in New York: Wie Merz Baerbock peinlich nach oben rettet – und was dahinter steckt

Eine Billion neue Schulden – gesamte Union knickt feige ein! Der Bückling des Jahres vor Rot-Grün

Merz & SPD hebeln Wählerwillen aus – der dreiste Coup gegen die Demokratie!

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Shutterstock

Bitte beachten Sie die aktualisierten Kommentar-Regeln – nachzulesen hier. Insbesondere bitte ich darum, sachlich und zum jeweiligen Thema zu schreiben, und die Kommentarfunktion nicht für Pöbeleien gegen die Kommentar-Regeln zu missbrauchen. Solche Kommentare müssen wir leider löschen – um die Kommentarfunktion für die 99,9 Prozent konstruktiven Kommentatoren offen zu halten.

Mehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de

Teile den Beitrag mit Freunden
Werbung