Am Vormittag steht der Sprecher des Studierendenwerks eine knappe halbe Stunde zum Gespräch mit Alexander-Wallasch.de zur Verfügung. Zu dem Zeitpunkt haben wir etliche Gespräche und Telefonate geführt, intensive Recherchen vorgenommen und viele relevante Fakten zusammengetragen.
Was uns allerdings final fehlte, war eine offizielle Bestätigung des Termins der Ausschreibung des 27. Bundeskunstpreises für Studierende. Das ist deshalb von herausragender Bedeutung, weil Hanna S. am 6. Mai 2024 von Zielfahndern festgenommen wurde.
Jetzt berichtete der Sprecher des Studierendenwerks, dass der laufende Wettbewerb erst am 8. Mai 2024, also zwei Tage NACH der Festnahme, an die Kunsthochschulen ausgeschrieben wurde! Nominierungsfrist bis zum 13. September.
Hat die Akademie in Nürnberg den berichtenden Bayerischen Rundfunk angelogen? Der schrieb nämlich:
„Lange vor ihrer Verhaftung hatte ihre Professorin Suska Mackert Hanna S. für den Bundeskunstpreis vorgeschlagen. Extra für den Wettbewerb fertigte sie daraufhin fünf Objekte und Installationen an – und überzeugte damit die unabhängige Jury.“
Warum bloß haben die Redakteure des Bayerischen Rundfunks diesen Termin nicht einmal hinterfragt? Wieder versagen die öffentlich-rechtlichen Redakteure auf breiter Front.
Aber das ist noch lange nicht alles. Denn wenn die Professorin von Hanna S. davon berichtet, dass Objekte erst „daraufhin“ angefertigt wurden, reicht schon ein Blick in die Präsentation der Akademie, um festzustellen, dass eines der Werke von Hanna S. – Teppich aus Frauenhaar – entlang der Bildunterschrift schon „2022“ gefertigt wurde.
Der BR präsentiert hier zwei fette Fake News in einem Absatz. Eine Sorgfaltspflicht besteht hier offenbar beim ÖR nicht und wird auch von den Landesmedienanstalten niemals eingefordert.
Entlang des Gesprächs mit dem Sprecher des Studierendenwerks ist weiter zu erfahren, dass sein Haus im Auftrag des Bundesministeriums den Wettbewerb ausschreibt. Jede eingeladene Kunsthochschule kann zwei Studierende nominieren. Dem Sprecher ist es gegenüber Alexander-Wallasch.de besonders wichtig zu erwähnen, dass das Auswahlverfahren von den Kunsthochschulen selbst bestimmt und verantwortet wird. Es gibt überhaupt nur eine einzige Bedingung: Die Studierenden müssen zum Zeitpunkt der Nominierung ordentlich eingeschrieben sein.
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Alexander-Wallasch.de erfährt weiter, dass die Akademie Hanna S. am 24. Juli 2024 nominiert hat. Das digitale Portfolio wurde neben insgesamt etwa fünfzig weiteren Nominierungen der Jury vorgelegt. Die dreiköpfige Jury wurde von der Bundeskunsthalle ausgesucht und von der Kunsthochschulrektorenkonferenz bestätigt.
Nochmals zum Preisgeld: Tatsächlich müssen sich alle acht Gewinner das Preisgeld teilen, und 18.000 von den insgesamt 48.000 Euro sind zudem für die Ausrichtung und Produktion der Ausstellung selbst gedacht.
Der Bundespreis für Kunststudierende ist eine Zusammenarbeit des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, des Deutschen Studierendenwerks und der Bundeskunsthalle in Bonn. Eine bedeutende Rolle spielt hier die Bundeskunsthalle. Das Studierendenwerk organisiert zwar den Preis, aber er findet physisch in der Bundeskunsthalle in Bonn statt. Das ist quasi der Höhepunkt der Preisverleihung samt Ausstellungseröffnung. Hier finden die Arbeiten eine überregionale Beachtung – idealerweise bis hinein in den Kunstmarkt. Die Ausstellung als Türöffner.
Der Sprecher betont es mehrfach: Weder das Bundesministerium, das Studierendenwerk noch die Jury prüfen die Nominierten, man lässt sich keine polizeilichen Führungszeugnisse zeigen oder Ähnliches. Aber für die genannten Institutionen und ihre Vertreter gilt gleichermaßen: Die Kriminalgeschichte von Hanna S. lag für alle nur einen Klick entfernt. Und wo, wenn nicht in der Kunst, ist die Persönlichkeit einer Kunstschaffenden von besonderer Bedeutung und Interesse?
Der Sprecher des Studierendenwerks als Organisator des Bundeskunstpreises für Studierende hat noch eine wichtige Botschaft:
Man habe erst am 2. April 2025 überhaupt erfahren, dass Hanna S. in Untersuchungshaft sitzt und dass aufgrund schwerwiegender Vorwürfe Anklage gegen sie erhoben wurde. Man habe sofort das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Bundeskunsthalle informiert. Der Sprecher erklärt zudem, dass nach seinem Kenntnisstand auch die Jury nichts vom Hintergrund von Hanna S. wusste.
Folgt man diesen Informationen, ergibt sich folgendes Bild: Die Akademie hat den mit der Preisvergabe betrauten Institutionen bis hin zum Bundesministerium die Information vorenthalten, wen man da nominiert hat, wohl ahnend, dass Hanna S. als Gewinnerin dieses Preises zu einem ausgewachsenen Politikum – wenn nicht zu einem Desaster für diesen Bundeskunstpreis – werden könnte.
Wollte die Akademie den Prozessverlauf ihrer inhaftierten Studentin beeinflussen? Oder ging es hier um den Skandal als häufigen Wegbegleiter der Kunst – letzteres ist schwer vorzustellen.
Die Akademie ist zudem eine staatliche Einrichtung. Wurde das zuständige bayerische Ministerium und damit die Regierung von Markus Söder ebenfalls hintergangen? Die so schwer kontaminierte Entscheidung der Akademie hat jetzt weitreichende Auswirkungen. Mit welchen Konsequenzen für die Akademie?
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Author:
Alexander Wallasch