Vor einer Woche berichteten wir darüber, dass die Gates-Stiftung die Berliner Charité mit 160.000 Dollar für die Beeinflussung politischer Entscheider gefördert hat. Nach einer Woche schickte die Presseabteilung der Charité ein paar Antworten auf unseren Fragenkatalog (ungekürzt im Anhang).
Danach wurden die Gates-Gelder nicht beantragt, sondern die Stiftung hat sich proaktiv an die Charité gewandt und „zur Einreichung eines Projektvorschlags eingeladen“, wie die Presseabteilung der Charité schreibt.
Konkret ging es um Gelder für GLOHRA, ein Netzwerk, welches von der Charité koordiniert wird. Hier laufen alle Fäden zusammen. Hier greift die Förderung der Gates-Stiftung. Auch das Bundesforschungsministerium finanziert das Netzwerk GLOHRA.
Die 160.000 Euro wurden laut Charité dafür verwendet, die Kommunikationskompetenz des Lenkungsausschusses zu stärken.
Aber was soll das bedeuten? Wie erhöht man die „Kommunikationskompetenz“ eines „19-köpfigen Gremiums aus Hochschulvertretern“, welches von der Charité gegenüber Alexander-Wallasch.de benannt wird? Das liest sich wie Schmiergeld, für jeden knapp 10.000 Euro?
Aber wofür konkret? GLOHRA schrieb unter anderem einen „Aufruf an Parteien zur klaren Positionierung im Wahlkampf“. Die in der Charité koordinierte GLOHRA verschickt Papiere an Parteien mit dem Titel: „Globale Gesundheit betrifft alle: Parteiliche Positionierung im Wahlkampf 2025“.
In diesem Papier werden die Parteien zu einer „klaren Positionierung im Wahlkampf“ hinsichtlich einer deutschen Führungsrolle „auch im Kontext der Agenda 2030“ und zur „Stärkung der WHO“ aufgerufen. Das ist im Kern das Anliegen der Gates-Stiftung an die Charité!
Ziel sei unter anderem die „Erreichung aller 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Agenda 2030 der Vereinten Nationen“. Konkret geht es also auch darum, Parteien dahingehend zu beeinflussen, Deutschland als größten Einzelzahler nicht zu verlieren:
Deutschland „war 2020/21 der größte Beitragszahler der WHO und trieb Initiativen wie COVAX und die Verhandlungen zum internationalen Pandemieabkommen voran“.
Weiter heißt es im Papier der GLOHRA:
„Und Parteien sollten bereits während des Wahlkampfs und mit Blick auf Koalitionsgespräche und Regierungsprogramme gegenüber Wählerinnen und Wählern klar ihre Ziele in der globalen Gesundheitspolitik benennen.“
Das Papier lobt besonders die „innovativen Technologien“, welche Deutschland hervorgebracht habe, und nennt hier den SARS-CoV-2-Test von Christian Drosten und „den ersten zugelassenen mRNA-Impfstoff“ von BioNTech.
Gates spendiert – nennen wir es: – „Kommunikationsgeld“, um, wie es weiter heißt, „die Zukunft der WHO als für die globale Gesundheit essenzielle Institution zu sichern“. Hier soll sich Deutschland „für eine Erhöhung der flexiblen und langfristigen finanziellen Beiträge der Mitgliedstaaten einsetzen“.
Weiter heißt es im GLOHRA/Charité-Papier an die Parteien, Deutschland soll „eine Führungsrolle bei den europäischen Bemühungen zur Schließung finanzieller Lücken“ der WHO übernehmen, die entstanden seien nach der „Austrittsankündigung der USA aus der WHO“.
Deutschland soll zudem die Umsetzung der „EU Global Health Strategy“ vorantreiben. Unter anderem heißt es da auch, Deutschland solle den Auf- und Ausbau von Partnerschaften mit Afrika und Lateinamerika vorantreiben, „vor allem durch den Fokus auf die Kapazitätsstärkung in der Impfstoffproduktion“.
Die Gates-Stiftung zahlt Geld an die Charité, um über „die politischen Parteien die Wählerinnen und Wähler für die Bedeutung der globalen Gesundheit (zu) sensibilisieren“.
Abschließend heißt es im GLOHRA/Charité-Papier:
„Wir fordern die politischen Parteien Deutschlands auf, deutlich über die anhaltende Notwendigkeit globaler Gesundheitsinitiativen zu sprechen und die Bundestagswahl 2025 sowie die anstehenden Koalitionsverhandlungen zu nutzen, um Deutschlands Rolle als Verfechter der globalen Gesundheit weiter für die Zukunft auszubauen.“
Außerdem werden Artikel über GLOHRA etwa in der „Zeit“ gesponsert.
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Die Nachfrage von Alexander-Wallasch.de, inwieweit der Ethikrat der Charité die Förderung der Gates-Stiftung geprüft hat, blieb bisher unbeantwortet. Auch sonst waren einige der Antworten in ihrer Nichtbeantwortung erhellend. Wo wir etwa nach den internen Regelungen für die Annahme solcher Fördersummen und die Auswahl der Partner fragten, antwortete die Charité mit einer Nichtantwort: „Forschende müssen alle internen Regelungen einhalten.“
Wir müssten also schon wieder den nächsten Fragenkatalog an die Charité losschicken, beginnend mit der Frage: Wofür exakt wurden die 160.000 Euro der Gates-Stiftung verwendet? Wie genau wurde mit dieser Summe die „Kommunikationskompetenz des Lenkungsausschusses“ verbessert? Wie muss man sich das praktisch vorstellen?
Hier die Antworten der ersten Fragerunde der Charité an Alexander-Wallasch.de:
„Sehr geehrter Herr Wallasch, vielen Dank für Ihre Anfrage, die die Charité wie folgt beantworten kann:
Wie kam es zu dieser Förderung? Antragstellung etc.
Die Gates Foundation hat zur Einreichung eines Projektvorschlags eingeladen. Der Antragsprozess wurde intern nach den üblichen institutionellen Verfahren für Drittmittelprojekte durchgeführt.
Wofür wird oder wurde die Fördersumme verwendet?
GLOHRA ist ein universitäres Forschungsnetzwerk von deutschen Wissenschaftlern, das Forschungsaktivitäten zwischen verschiedenen deutschen Hochschulen und Instituten im Bereich globale Gesundheit koordiniert. Die administrative Koordination erfolgt durch die Charité unter Leitung eines 19-köpfigen Gremiums aus Hochschulvertretern. Die Forschungs- und Netzwerkaktivitäten der GLOHRA werden seit 2020 durch das BMBF finanziert. Mithilfe dieser Zusatzförderung der Gates Foundation soll die Kommunikationskompetenz des Lenkungsausschusses gestärkt werden.
Gab es zuvor schon eine solche Förderung?
Es ist die erste Förderung der Gates Foundation für dieses Projekt.
Welche Regelungen gibt es intern bei der Charité für die Annahme solcher Fördersummen und die Auswahl der Partner?
Forschende müssen alle internen Regelungen einhalten.
Welche Kommunikation – gewesene/aktuelle/geplante – mit der Stiftung ist in welcher Form mit der Förderung verbunden?
Mit der Förderung sind keine Vorgaben zur Kommunikation verbunden.
Welche Partner der Charité – etwa World Health Summit – werden Ihres Wissens nach ebenfalls von der Foundation gefördert? Und gibt oder gab es hier eine wie auch immer geartete Kommunikation mit oder über die Foundation?
Wir kommunizieren nicht für Partnereinrichtungen der Charité. Bitte fragen Sie hier die Verantwortlichen an.
Mit freundlichen Grüßen“
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Author:
Alexander Wallasch