Ein Gastbeitrag von Benjamin Mudlack
Nach dem großen Ökonomen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, Ludwig von Mises (1881 – 1973) gibt es nur eine Funktion für das Geld: Es ist die Tauschfunktion und diese beruht im Wesentlichen darauf, dass die Menschen dem Geld eine gewisse zukünftige Nachfrage (Nachfrage = Kaufkraft in Tauschrelation zu anderen Gütern) und daraus resultierend zügige Verkäuflichkeit beimessen. Auf dem zukünftigen Nachfragepotenzial basiert die Kaufkraft des Geldes (Tauschwert gegen andere Güter) und aus ebendieser resultiert dann die aus der Tauschfunktion abgeleitete Geldfunktion der ‚Wertaufbewahrung‘. Durch den freiwilligen Leistungstausch bzw. die Geldnachfrage, das Geldangebot und den freiwilligen Tausch gegen andere Güter ergeben sich dann Preise und Preisverläufe. Die Preise sind wiederum die notwendige Grundvoraussetzung für die abgeleitete Rechen- und Koordinationsfunktion des Geldes. Steigende Preisverläufe liefern die Information, dass dieses Gut – relativ zu anderen – zunehmend knapper geworden zu sein scheint. Der gestiegene Preis verspricht zudem hohe Gewinne. Hohe Gewinne sind wiederum ein positiver Anreiz, dieses Gut zu produzieren. Irgendwann ist der Markt durch die Angebotsausweitung dann wieder ‚gesättigt‘, das Angebot ‚dominiert‘ sozusagen im Laufe der Zeit die Nachfrage und die Preise beginnen wieder zu fallen. Bei fallenden Preistendenzen sind die Zusammenhänge in Bezug auf die ökonomischen Anreize und den Informationsfluss entsprechend vice versa zu sehen.
Bitcoin- und Immobilieninvestor Leon Wankum als Impulsgeber
Manche Vertreter und Anhänger der Österreichischen Schule lehnen Bitcoin und die mit Bitcoin verbundenen Anwendungsfälle gänzlich ab oder stufen Bitcoin kritisch ein. Diese Aussage traf lange Zeit auch auf mich zu. Grundsätzlich ist die Österreichische Schule wertneutral, das heißt, sie beschreibt auf Basis verschiedener unwiderlegbarer Gesetzmäßigkeiten was ist, aber nicht was sein soll. Aus diesen Grundsätzen und den Lehren der Handlungslogik resultiert auch die Maßgabe, dass jeder Mensch für sich selbst und freiwillig die Mittel wählen sollte, die er zur Erreichung seiner subjektiv gewählten Ziele präferiert. Bitcoin ist jetzt über 1,5 Dekaden Teil der Lebensrealität vieler Menschen und hat viele Kritiker Lügen gestraft. Etliche ‚Prüfungen‘ wurden unter anderem aufgrund der Resilienz des Netzwerkes erfolgreich gemeistert.
Zudem hat Bitcoin ganz nüchtern betrachtet, vielen Menschen einen exorbitanten Vermögenszuwachs beschert und folglich den ‚Wertaufbewahrungszweck‘ besser erfüllt als die Performance so manch hoch gelobter Wallstreet-Größen. Der Punkt der enormen Schwankungen des Bitcoins hat natürlich für das Image als Spekulationsobjekt gesorgt. Die Schwankungen und Spekulationen machen ihn allerdings auch interessant und sind als emotionaler Marketingfaktor nicht zu verachten. Überdies haben sich viele Bitcoin-Enthusiasten zu profunden Kennern der Österreichischen Schule der Nationalökonomie gemausert. Im Rahmen der österreichischen Fiat-Geldkritik bot sich Bitcoin als eine Alternative zu ‚Fiat‘ an, und so liegt es nur auf der Hand, dass viele bekannte Bitcoin-Anhänger ihre intellektuelle Heimat bei der Österreichischen Schule gefunden haben.
Darüber hinaus hat Bitcoin in vielen Bereichen bereits den ‚symbiotischen‘ Zugang in die Realwirtschaft vollzogen. Besonders bemerkenswert stellte sich die Kombination aus Immobilieninvestment und der Bildung einer strategischen Bitcoin-Reserve dar. Als besondere Inspirationsquelle hat sich für mich persönlich Leon Wankum herausgestellt.
Die Familie von Leon Wankum ist seit vielen Jahren und mehreren Generationen in der Immobilienentwicklung und -verwaltung tätig. Im Umfeld von erheblichen Preissteigerungen für Baumaterialien und sonstige Vorprodukte, Rohstoffe, Entsorgungsdienstleistungen, Subunternehmer und Arbeitskräfte gingen die ursprünglich angestellten Kalkulationen nicht mehr auf. Nach dem Sommer 2023 katapultierten die zentralen Geldplaner der Europäischen Zentralbank innerhalb ungefähr eines Jahres den sogenannten Leitzins von 0 Prozent auf 4,5 Prozent im September 2023. So schnell können sich fremdkapitalbasierte Unternehmer nicht anpassen, ihre Kalkulationen verändern, und selbstverständlich ist eine derartige Zinsveränderung nicht mit der praxeologischen Zeitpräferenz-Theorie des Zinses in Einklang zu bringen.
Mit anderen Worten: Das Sparverhalten der Menschen eines Währungsraumes verändert sich ohne eine Ausnahmesituation (zum Beispiel einen Krieg) ebenso wenig urplötzlich wie die fremdkapitalbasierte Investitions- und Konsumnachfrage der Unternehmen und Privathaushalte. In einer tatsächlichen Marktwirtschaft würde sich der Preis des Geldes (Zins) durch Angebot und Nachfrage bilden. In der heutigen Zeit wird der Zins jedoch durch eine der positiven Rechtsetzung ähnelnden Verwaltungsakt bzw. das Diktat der Europäischen Zentralbank (EZB) in die Welt gebracht und nicht durch freiwillige Übereinkunft der Teilnehmer der Kreditgeldmärkte. Nicht zuletzt durch stetig zunehmende staatliche Regulierung und energiepolitische Vorschriften – die durch Zwang die Eigentumsrechte der Immobilieneigentümer schädigen – haben sich die Baukosten und der allgemeine Bürokratieerfüllungsaufwand erheblich erhöht.
Die genannten Faktoren haben nicht nur das Unternehmen der Familie Wankum in arge Bedrängnis gebracht. Ohne die von Leon Wankum eingesetzte Bitcoin-Strategie wäre das Unternehmen seiner Aussage nach in der Existenz mehr als gefährdet gewesen.
Grober Einblick in die Bitcoin-Strategie
Vorausgeschickt sei erwähnt, dass jedes Immobilienprojekt andere Eigenkapitalanforderungen der finanzierenden Kreditinstitute impliziert. Das Beispielprojekt der Familie Wankum wurde mit 80 Prozent Fremdkapital und 20 Prozent Eigenkapital ausgestattet. 90 Prozent des Fremdkapitalanteils flossen in das Immobilienprojekt und 10 Prozent wurden zum Auf- und Ausbau einer strategischen Bitcoin-Reserve investiert. 15 Prozent des Mietzinses wurden nach der Fertigstellung der Immobilien nicht wie früher als Instandhaltungsreserve auf ein Tagesgeldkonto gebucht, sondern der monatliche Mieteingang erhöhte kontinuierlich die Bitcoin-Position des Unternehmens. Der ratierliche Einstieg in nahezu identischer nomineller Höhe ließ das Unternehmen vom Durchschnittspreis (Cost-Averaging) profitieren und reduzierte so die sich aus der Timing-Problematik ergebenen Einstiegsrisiken.
Durch die steigende Nachfrage nach Bitcoin stieg der Bitcoin-Preis kontinuierlich. Die realwirtschaftlichen Probleme des Immobilienunternehmens der Familie Wankum beeinträchtigten das Eigenkapital nicht, da der hohe Bitcoin-Preis die Kapitalbasis des Unternehmens deutlich stärkte.
Fremdkapital auf inflationärer Basis: Das Geschäft mit der Inflation
Die Akzeptanz der Immobilie als Kreditsicherheit ist als integraler Bestandteil der beschriebenen Strategie anzusehen. Diese Aussage trifft auch auf das Immobiliengeschäft im Allgemeinen zu. Bitcoin hingegen hat sich als Kreditsicherheit ‚noch‘ nicht etabliert.
Mit Fremdkapital werden die Unternehmen in die Lage versetzt, ihre Eigenkapitalrendite deutlich zu erhöhen. Das gelingt allerdings nur dann, wenn der Mietzins über dem Fremdkapitalzins liegt.
Im herkömmlichen Immobiliengeschäft waren sich die Akteure zudem bislang sehr sicher, dass mit der fortlaufenden Geldverschlechterung durch die Ausweitung der Geldmenge (Inflation vom Lateinischen inflare) der Haupttilgungsanteil bewältigt werden kann.
Die von Leon Wankum durchgeführte Strategie kombinierte nun geschickt mehrere Elemente, die ich mit den nachfolgenden Kernpunkten kurz zusammenfassen möchte:
- Der absolut knappe Bitcoin (mehr als 21 Millionen Bitcoin wird es auf Basis des Algorithmus, auf den sich das Netzwerk verständigt hat, nicht geben) als hartes deflationäres Geld wird zum Kapitalaufbau genutzt.
- Die Verschuldung findet im weichen Fiatgeld statt. Die Geldmenge im Euroraum wurde seit Errichtung der elektronischen Strukturen im Jahre 1999 bis März 2025 fast vervierfacht.
Ein gewaltiger Vorteil, wenn man weiches Geld in vergleichsweise härtere Immobilien (Stichwort: Betongold) und noch härteren und absolut knappen Bitcoin (Stichwort: Digitales Gold) investiert – solange der Trend eines steigenden Bitcoins erhalten bleibt. - Bitcoin ist als Kreditsicherheit noch nicht allgemein akzeptiert und die Zinsen sind vergleichsweise hoch. Folglich ergibt es Sinn, Immobilien als etablierte Kreditsicherheit zu nutzen, um einen Teil des Fremdkapitals in Bitcoin zu investieren.
- Die aus Zins und Tilgung bestehende Kreditrate ist durch den mietenbasierten Cashflow gedeckt. Im Falle eines exorbitanten Preisrückgangs des Bitcoins oder im Szenario eines länger anhaltenden Bärenmarktes wäre man zur Zahlung der Kreditrate nicht gezwungen, Bitcoin zu vergleichsweise niedrigen Preisen zu verkaufen.
- Derartige und andere Anwendungsfälle des Bitcoins mit realwirtschaftlichem Bezug stärken die langfristige Nachfrage nach Bitcoin. Aus diesem Umstand könnte man – bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen – aufgrund des auf 21 Millionen begrenzten Bitcoin-Angebotes gewisse Wahrscheinlichkeiten für signifikante Preissteigerungen annehmen.
Lesen Sie morgen den zweiten Teil „Wie Immobilien zu Wertspeichern wurden“.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Benjamin Mudlack ist gelernter Bankkaufmann und Diplom-Wirtschaftsinformatiker. Er ist Vorstandsmitglied der von Markus Krall gegründeten Atlas Initiative, Mitglied der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft und begleitet aktiv einige andere freiheitliche Projekte, wie zum Beispiel das Free Economic Forum. Zudem betreibt Benjamin Mudlack, mit der Zielsetzung, möglichst vielen Menschen die österreichische Schule der Nationalökonomie anhand von tagesaktuellen Themen zugänglich zu machen, den Youtube-Kanal „Der ökonomische IQ“ und den gleichnamigen Kanal auf X. Benjamin Mudlack ist zudem Autor des im Lichtschlag Verlag erschienen Buches „Geld-Zeitenwende: Vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“. Neben einigen Interviews sind zahlreiche Artikel zu den Themen Geld, Geldsystem und Mittelstand in einigen Medien wie etwa im „Smart Investor“, bei „Tichys Einblick“ oder im „Sachwert Magazin“ erschienen. Seine wöchentliche Kolumne erscheint bei Freiheitsfunken freitags um 22 Uhr.
Bild: Shutterstock
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