Eine linksradikale pro-kurdische Organisation hatte gestern Vormittag vorübergehend das Berliner Hauptstadtstudio des ZDF besetzt. Die Medien verbreiteten Fotos, welche die Besetzer selbst aufgenommen und ins Netz gestellt hatten.
Eine berichtende Zeitung sprach von „Syrien-Aktivisten“, ohne dabei explizit auf den mutmaßlichen Hintergrund der Besetzergruppe einzugehen, die grüne Wimpel mit dem rotem Stern der „YPJ“ zeigte; in Syrien zugehörig zu den bewaffneten kurdischen Milizen (YPG), die wiederum Bezüge zur verbotenen PKK haben.
Die PKK selbst wurde schon 1993 mit einem Betätigungsverbot belegt und wird seit 2002 auf der EU-Terrorliste geführt. Laut Verfassungsschutz handelt es sich bei den YPG um die bewaffneten Einheiten der syrischen PKK-Schwesterorganisation „Partei der Demokratischen Union“ (PYD).
Allerdings unterliegen solche Einordnungen speziell im Syrienkonflikt mitunter einem Wandel. Der baden-württembergische Verfassungsschutz schrieb aber noch im Mai 2024: „Bei der YPG und YPJ handelt es sich um syrische Schwesterorganisationen der PKK.“
Am Vormittag gab die Pressestelle der Polizei Berlin auf telefonische Anfrage eine Reihe von Einzelheiten gegenüber Alexander-Wallasch.de bekannt. Zwischenzeitlich sei ein Abschlussbericht zur Besetzung des ZDF-Gebäudes gefertigt worden.
Nochmal zum Tathergang: Am 18. Dezember gegen 10:25 Uhr hat eine Gruppe von 15 Personen den Bereich des Atriums des ZDF-Hauptstadtstudios „Unter den Linden“ besetzt. Konkret soll es sich laut Angaben der Polizei um einen nicht in Nutzung befindlichen Aufnahmebereich gehandelt haben.
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Die alarmierte Polizei fand vor Ort Personen vor, die Fahnen geschwenkt, Banner gezeigt und Sprechchöre skandiert hätten, so ein Sprecher der Polizei. Laut Abschlussbericht sei ein Bezug zum Konflikt und der Situation in Nordsyrien erkennbar gewesen. Es sei zu einem Gesprächskontakt mit dem ZDF gekommen. Anschließend seien die Personen freiwillig in Richtung Ausgang unterwegs gewesen.
Als die Polizei Maßnahmen zur Feststellung der Personalien angekündigte, hätten sich die Personen im Eingangsbereich hingesetzt und diesen Bereich blockiert. Die Kollegen hätten die angekündigte Identitätsfeststellung vorgenommen und die Besetzer des Platzes verwiesen. Alle Personen seien nach dieser polizeilichen Maßnahme entlassen worden.
Nachgefragt: Es wurden Wimpel der Organisationen YPJ und YPG gezeigt. Hat der Staatsschutz ermittelt? Hat die Polizei, die dort vor Ort war, einen Anlass gesehen, den Staatsschutz einzuschalten?
Eine Sprecherin erklärt dazu, der Staatsschutz habe von den Vorkommnissen Kenntnis erhalten.
Nachgefragt: Wird der Staatschutz nicht zum Ort des Geschehens hinzugerufen?
Antwort: Am Ort hätte die Feststellung der Personalien statt gefunden und danach durften diese Personen wieder gehen. Und dann fänden erst mal die Ermittlungen statt und da sei dann der Staatsschutz beteiligt worden. Und was die Kollegen am Ort gemacht hätten, sei Gegenstand der Ermittlungen. Über einzelne Ermittlungsschritte informiere man nicht.
Nachgefragt: Wie kann ein Polizist vor Ort überblicken, was erlaubt und verboten ist? Bei einem Hakenkreuz ist es ja noch vergleichsweise einfach …
Antwort: Generell sei es so: Wenn Zweifel beständen, gebe es immer die Möglichkeit für die Kollegen am Ort, entsprechende Stellen zu konsultieren, die dann Auskunft darüber geben würden, ob bestimmte Symbole oder Sprechchöre strafrechtlich relevant seien.
Und weiter erklärt die Sprecherin: Wenn die Kollegen vor Ort das nicht selbst beurteilen könnten, konsultierten sie entsprechende Dienstkräfte. Dementsprechend würden die Personen dann belangt. Verbote werden ausgesprochen und es werde auch mal darauf hingewiesen, dass bestimmte Parolen strafrechtlich relevant seien.
Nachgefragt: Gibt es denn generell explizite Schulungsmaßnahmen für solche Fälle für Polizisten?
Das bestätigt eine Sprecherin. So gebe es beispielsweise während der Auseinandersetzung oder bei Demos usw. im Rahmen des Nahostkonflikts immer wieder neue Symbole, Sprechchöre, die vorher in der öffentlichen Wahrnehmung nicht so häufig stattgefunden hätten.
Weiter ist zu erfahren, dass die Dienstkräfte vor Einsätzen darüber sensibilisiert werden, welche Sachen strafrechtlich relevant seien und welche nicht. Aber das hieße nicht, dass nicht immer mal wieder neue Sachen auftauchen würden. Die müssten dann eben wieder von Juristen hinsichtlich ihrer strafrechtlichen Relevanz neu beurteilt werden. Man könne aber nicht für jeden Einzelfall vorher sensibilisieren, wenn immer wieder neue Losungen und neue politische Umstände usw. auftauchen, die dann in Betracht gezogen werden müssten.
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Author:
Alexander Wallasch