Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle
Die Bundesregierung ist besorgt über einen sich anbahnenden Mediendeal. „Es hat eine Übernahmeschlacht begonnen, über deren Ausgang ich mir Sorgen mache. Meine Besorgnis kreist um die Frage, ob die journalistische und wirtschaftliche Unabhängigkeit auch nach einem Eigentümerwechsel gewährleistet bleibt. Zudem brauchen wir Zusagen, dass der Medienstandort in München garantiert bleibt“, sagte Medienstaatsminister Wolfram Weimer im Interview mit der BILD.
Der drohende Eigentümerwechsel – dabei handelt es sich um die Privatsender ProSiebenSat.1. Und der Käufer sitzt dort jetzt bereits mit am Tisch: der italienische Medienkonzern MFE des früheren Medienunternehmers und italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Dessen Sohn Pier Silvio, der nach dem Tod seines Vaters die Leitung der milliardenschweren Familienholding übernommen hat, legte aktuell nochmal ein verbessertes Übernahmeangebot vor.
MFE, das bereits heute 30,63 Prozent an ProSiebenSat.1 hält, bietet den anderen Eignern jetzt pro Aktie neben einer konstanten Bar-Komponente von 4,48 Euro zusätzlich 1,3 der wenig gehandelten MFE-A-Aktien an. Bislang lag die Aktienkomponente bei 0,4 Papieren. Zum Schlusskurs vom Freitag ist die Offerte damit knapp 8,15 Euro wert – ein Aufschlag von 16 Prozent. Die Berlusconi-Holding MFE strebt durch die engere Zusammenarbeit mit den Deutschen strategische Vorteile an, die perspektivisch die Gewinne nach oben treiben sollen.
Mit im Rennen um ProSiebenSat.1 ist auch der tschechische ProSieben-Großaktionär PFP, der eine Aufstockung seiner Anteile auf 29.99 Prozent anstrebt und bis heute 16,48 Prozent hält.
Pier Silvio Berlusconi verspricht den anderen Eigentümern und der deutschen Regierung, sein Unternehmen wolle ProSiebenSat.1 nicht vollständig übernehmen, sondern wolle „Flexibilität, um auf der Grundlage einer gemeinsamen Vision eine klare Richtung vorzugeben.“ Die redaktionelle Unabhängigkeit und die nationale Identität von ProSieben werde gewahrt.
Genau das bezweifeln viele in Berlin
Denn der junge Berlusconi pflegt enge Kontakte zu Russlands Präsident Wladimir Putin, der seit über drei Jahren einen barbarischen Krieg gegen die Ukraine führt und jede Nacht Städte mit Raketen- und Drohnenangriffen überziehen lässt.
Die Bundesregierung hat dem Kreml wiederholt die bewusste Verbreitung von Desinformation in Deutschland und Europa vorgeworfen. Einem Putin-Freund den großen deutschen Privatsender in die Hand zu geben, sorgt für wachsendes Unbehagen in Berlin und München. Medienstaatsminister Wolfram Weimer (60) hat den MFE-Chef nun zu einem klärenden Gespräch ins Kanzleramt eingeladen.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für viel gelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf seinem Portal kelle-aktuell.de erschienen.
Bild: Fabrizio Andrea Bertani / Shutterstock.com
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