Von Kai Rebmann
Die Koalition in Berlin hat es vorgemacht, Schwarz-Grün in Kiel folgt diesem schlechten Beispiel – und dürfte damit die Blaupause auch für andere Bundesländer liefern. Der von Finanzministerin Silke Schneider (Grüne) vorgelegte Haushaltsentwurf für 2026 hat ein Volumen von 17,81 Milliarden Euro, knapp jeder zehnte Euro davon (1,76 Milliarden) soll in Investitionen fließen.
Dumm nur: Ministerpräsident Daniel Günther will im kommenden Jahr offenbar jede Menge Geld ausgeben, das überhaupt nicht da ist beziehungsweise erst noch gedruckt werden muss – oder eben zweckentfremdet. Der Merkel-Schützling und seine Regierung haben sich dafür entschieden, einfach beide Pfade zu gehen. Wer will sich beim Wahlvolk schon mit Steuer- und/oder Beitragserhöhungen unbeliebt machen, wenn es auch deutlich bequemer geht?
Einerseits sollen die Löcher mit 754 Millionen Euro neuen Schulden gestopft werden, andererseits soll es den Beamten an die Pension gehen. Deshalb sollen aus dem eigentlich als heilig geltenden Pensionsfonds des Landes 300 Millionen Euro entnommen und zur Deckung des Haushalts verwendet werden. Insgesamt fehlt also mehr als eine Milliarde Euro, für die künftige Generationen werden aufkommen müssen – auch wenn die zuständige Ministerin dreist das Gegenteil behauptet.
Ministerin verteidigt Raubzug mit alternativen Fakten
Die Entnahme, bei der es sich faktisch um eine Zweckentfremdung handelt, habe keinerlei Einfluss auf künftige Versorgungsbezüge, versucht Schneider den Tabubruch der Koalition aus CDU und Grünen im Norden zu rechtfertigen. Wie bitte!? Immerhin handelt es sich dabei um fast ein Viertel der insgesamt 1,25 Milliarden Euro, die das Land, oder besser gesagt die in Schleswig-Holstein tätigen Beamten, seit 2018 angespart haben – im guten Glauben, damit einen Beitrag zur eigenen Altersversorgung zu leisten.
Dafür nahmen die Staatsdiener in den vergangenen Jahren auch mitunter deutliche Gehaltseinbußen in Kauf. Dass die Rücklagen der Pensionskasse jetzt per Handstreich zur „Verfügungsmasse einer schlecht haushaltenden Landesregierung“ werden, wie FDP-Fraktionschef Christopher Vogt beklagt, wirkt da wie ein Schlag in die Magengrube. Beate Raudies von der SPD spricht in diesem Zusammenhang gar von einem „Raubzug“, der mit solider Haushaltspolitik nichts zu tun habe.
Wer also erzählt, dieser Griff in die Pensionskasse der Beamten bringe keine Nachteile für künftige Generationen mit sich, hat entweder selbst das kleine Einmaleins der Finanzen, etwa den Effekt von Zinsen und Zinseszinsen, nicht verstanden – oder lügt dem Wähler offen ins Gesicht. Noch fataler ist jedoch die Botschaft, die jedem Bürger, ausdrücklich nicht nur den Beamten, gesendet wird: selbst vermeintlich sichere Rücklagen können von der Politik jederzeit auf dem Altar der Beliebigkeit geopfert werden.
Ministerin Schneider scheint aber nicht nur im Fach Wirtschafts- und Finanzmathematik mehr als einmal gefehlt zu haben. Nur so ist es wohl zu erklären, dass der Rotstift ausgerechnet bei der Bildung angesetzt werden soll, um nicht noch mehr Schulden machen oder Geld aus der Pensionskasse zweckentfremden zu müssen. Dort sollen dem Haushaltsentwurf zufolge bis zu 268 Planstellen gestrichen werden.
Doch weshalb ist die Politik, und das bei weitem nicht nur in Schleswig-Holstein, entweder nicht in der Lage oder nicht willens – oder beides – einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden und ohne fragwürdige Griffe in fremde Kassen vorzulegen? Einerseits sind es sogenannte „Investitionen“ – in Wahrheit sind es oft Subventionen – in grüne Ideologieprojekte, die auf Teufel komm raus durchgezogen werden sollen. Andererseits aber schlicht und ergreifend auch politisches Versagen.
Speziell auf den aktuellen Fall in Kiel bezogen fühlt sich Kai Tellkamp, Vorsitzender des Beamtenbundes, „als würden die Beamten für die von der Politik verzockten Northvolt-Millionen haften“. Und tatsächlich: Die 300 Millionen Euro, die jetzt aus der Pensionskasse abfließen, entsprechen der Höhe nach exakt jenem Betrag, über den das Land Schleswig-Holstein für die letztlich mit Pauken und Trompeten geplatzte Northvolt-Sanierung gebürgt hat. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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