Springer kann nicht widerstehen und bringt einen Gastartikel von Elon Musk zu seinem AfD-Bekenntnis. Gleichzeitig hat die „Welt“ die Hosen so voll, dass jeder Redakteur, der sich reinwaschen will, eine Gegenrede schreiben darf, die abgedruckt wird.
Wenn es jemanden gibt, der diese Bigotterie erklären kann, dann Achim Winter. Der Medienprofi kennt das Geschäft seit Jahrzehnten. Sein Kontrafunk-Format „Winters Woche“ gehört längst zu den meistgeschauten Formaten der Neuen Medien.
Elon Musk hat sich via X für die AfD ausgesprochen und es anschließend in einem Gastbeitrag für die „Welt“ ausführlich begründet. Ist hier keine Neutralität geboten, wenn man so eine große Social-Media-Plattform führt? Geht das nicht über seine persönliche Meinungsfreiheit hinaus? Macht sich Musk damit unglaubwürdig?
Nein, das glaube ich nicht. Er macht ja nur über Bande Politik. Ihm wird vorgeworfen und angedichtet, dass er Politik macht. Herr Soros zum Beispiel, der fördert alle möglichen politischen Institutionen und kauft in Amerika zweihundert Radiosender. Der macht Politik.
Elon Musk hat mit X am eigenen Leibe erlebt, wie die Propagandamaschine der Linken funktioniert, die X bekämpft, indem sie nicht progressive Meinungen und bürgerliche Auffassungen unterdrücken will mit dem erklärten Ziel, eine andere Welt zu schaffen.
Es gibt auch andere Gemüter, wie zum Beispiel mich, die über diesen Gedanken in Panik verfallen und sagen: Okay, wir brauchen irgendjemanden, der das bremst. Wir brauchen irgendwelche Politiker, die versuchen, das aufzuhalten. Das ist eine Art Grundpanik. X ist ja angeblich eine rechtsradikale Propagandaplattform, dabei hat Elon Musk einfach nur die Zensurmechanismen ausgeschaltet.
Ist das ein weltweites Phänomen, dass X so diskreditiert wird? Oder ist das doch sehr deutsch?
Nein, das ist in Amerika genauso. Twitter hat linke Propaganda gemacht und die Konservativen nachweislich unterdrückt. Und dann kam Elon Musk und hat das als Gefahr für die Demokratie gesehen. Damit meinte er die richtige Demokratie, jene, wo auch konservative Kräfte ihren Platz haben. Dafür hat er die Zensurmechanismen rausgenommen. Sicher auch, weil er Spaß daran hat. Wenn einer so reich ist, dann hat er nichts zu verlieren. Dann sagt er: Okay, ich greife hier mal korrigierend ein.
Wäre es nicht seriöser gewesen, einfach nichts zu sagen. Hier wird doch eine Ohrfeige mit einer Ohrfeige beantwortet …
Ja. Aber das kann natürlich auch nötig sein. Elon Musk hat Spaß daran, eine Welle zu machen mit seiner Position in der Welt. Er schreibt kurze Sätze, die relativ häufig identisch sind mit dem, was die Konservativen denken. Und diese kurzen Sätze lösen einen Tsunami aus.
Wenn irgendein amerikanischer Milliardär auf einer Meinungsplattform sagt, nur die AfD könne Germany retten, dann bricht in Deutschland die Welt zusammen. Das ist sehr lustig und zeigt auch, wie gewillt die andere Seite ist, die bürgerlichen Elemente der Gesellschaft zu verlassen. Denn es ist ja ein regelrechter Kulturkampf
Aber wie lustig ist es, dass diese Empörung auch noch auf dieser angeblich rechtsradikalen Plattform stattfindet?
Das hat auch damit zu tun, dass sie sich selbst nicht glauben. Die Kritiker und Empörten wissen genau, dass X keine rechtsradikale Plattform ist. Sie glauben selber nicht, was sie von X behaupten und posten selbst fröhlich weiter auf X. Sie machen also am Marktplatz weiter mit. Sie schreien ‘Feuer, Feuer‘, obwohl keins ausgebrochen ist. Insofern ist das Ganze ein relativ lustiges Spiel. Deshalb bin ich gerne auf X unterwegs, weil ich das so verstehe.
Versuche Dich bitte mal in den Kopf dieser Leute einzuschleichen: Da machst du jahrelang medial einen gigantischen Propagandaterror gegen die AfD. Du machst Propaganda ohne Ende. Du hast Vorfeldorganisationen mit hunderten von Millionen Euro aufgebaut. Und dann schreibt der Chef von X einen Satz und du regst dich unfassbar darüber auf, dass die Meinungsfreiheit in Gefahr sei. Wie kannst du das vor dir selbst argumentieren?
Das kannst du, indem du die Meinungsfreiheit so umdefinierst, wie du auch die Demokratie umdefinierst.
Aber wie kann man mit diesem eklatanten Widerspruch leben? Das begreife ich nicht …
Ganz einfach: Meinungsfreiheit ist, wenn man Meinungen hat, die vom Bösen weglaufen. Man hat Meinungen, die progressiv in eine bessere Welt führen.
Das bedeutet automatisch, dass Meinungen, die da nicht mitgehen wollen in diese neue ‘brave new world‘, natürlich böse sind. Und dann kannst du das wunderbar verargumentieren, genauso, wie unsere Politiker unsere Demokratie definieren als eine Demokratie, in der verdächtig konservative Lebensauffassungen einfach eliminiert werden. Das heißt also: Demokratie ist nur dann eine, wenn irgendwelche bösen Onkels am Weihnachtstag nicht mehr bei uns sitzen und keine – in deren Augen – rechtsradikalen Sachen mehr stricken.
Kann es sein, dass diese Menschen längst im Besitz der absoluten Wahrheit sind und dass sie für sich festgestellt haben, dass Demokratie und Meinungsfreiheit gar nicht mehr nötig und nicht zielführend sind? Wozu brauchst du Meinungsfreiheit, wenn du definitiv weißt, was das Richtige ist? Dann brauchst du doch keine Meinungsfreiheit. Die stört nur noch das große universelle und endgültige Wissen …
Du musste es aus formellen Gründen machen.
Aber warum?
Weil es sonst zu unmaskiert wäre. Ein glücklich machender Totalsozialismus, wo sie sagen würden Meinungsfreiheit gibt es nicht mehr, weil es nur eine gute Meinung gibt, das wäre für manche empfindliche Gemüter einfach zu ehrlich.
Das wäre dann wie Sowjetunion, das ist wie DDR, frei nach dem Motto: Vorwärts immer rückwärts nimmer! Darin ist alles enthalten. Meinungsfreiheit heißt hier: Alles nach vorne, alles Richtung progressiv. Wenn du dazu interessante Meinungen hast, nur dann bist du frei, diese auch zu äußern.
Dunja Hayali hat das sehr gut ausgedrückt: Man könne natürlich jederzeit auch reaktionäre Meinungen äußern. Man muss halt nur sehen, welche Konsequenzen das im Sozialen hat. Du kannst Deine Meinungen äußern. Aber das kann beruflich, finanziell und sozial sehr gefährlich werden.
Das klingt aber schon ein bisschen nach Idi Amin, oder? Der hatte mal böse scherzend was Ähnliches gesagt …
Genau. Nach dem Motto: Du kannst ruhig sagen, was du willst. Nur ob du es nachher noch sagen kannst, steht auf einem anderen Blatt.
Glaubst Du, dass das überhaupt irgendeinen Effekt hat, was Elon Musk da gesagt hat? Glaubst du an einen Effekt für die AfD?
Absolut. Deshalb regen sich die Linken auch so auf. Es hat eine Dekontamination der AfD zur Folge. Soweit ich weiß, plant Elon Musk gerade eine Talkshow mit Alice Weidel auf X. Er und sie in einer Talkshow! Und jetzt hat Bloomberg Alice Weidel interviewt, wo sie in perfektem Amerikanisch zunächst von sich gewiesen hat, dass der Reporter sie als „Right Wing Party“ geframt hat. Das hat sie aus der kommunikativen Perspektive perfekt gemacht.
Hier geht’s auch darum, was die Kommunikationswissenschaftlerin Elisabeth Noelle-Neumann mit der Zugabteil-Frage gemeint hatte: Worüber trauen Sie sich in einem Zugabteil offen zu sprechen? Da war es dann immer so: Die Themen, die man sich nicht getraut hat, in einem geschlossenen Zugabteil mit anderen Leuten zu besprechen, waren Tabuthemen. Da ist das sogenannte Overton-Fenster geschlossen.
Irgendwann kommt aber einer, der fängt an, darüber zu reden und bricht dieses Tabu. Davon fühlen sich andere ermutigt oder bekommen die Erlaubnis, auch darüber zu reden. Und das ist dann ein Tsunami. Wenn Prominente wie Elon Musk sagen: Wieso, die Mannschaft von der AfD, das sind doch ganz normale Leute, dann wird das Overton-Fenster damit erweitert.
Das heißt also, wenn vor einem halben Jahr ein Erscheinen von Alice Weidel noch mit anschließender Desinfektion mit Weihwasser geahndet wurde, dann ist es jetzt eben so, dass für viele Leute das Auftauchen von Alice Weidel als normal empfunden wird. In diesem Wahlkampf ist das ein Riesenvorteil.
Ist die Empörung der EX-AfD-Chefs Jörg Meuthen und Frauke Petry ein Beleg dafür, dass es funktioniert hat mit Musk und Alice Weidel? Die sind ja ganz aufgeregt, dass plötzlich die AfD das Fenster aufbekommen hat …
Herr Meuthen ist der beste Advokat der Anti-AfD-Leute. Das sind ja die wertvollsten, die früher mal drin waren.
Henkel, Petry und Meuthen …
Genau, die werden gern als Kronzeugen genommen dafür, dass die AfD tatsächlich so schlimm ist, wie alle anderen immer sagen. Dass die da jetzt mitmachen, ist erwartbar.
Noch ein Wort zu Kai Diekmann, einem ehemaligen Springer-BILD-Chef, vielleicht erinnerst Du Dich noch an ihn. Dieser Diekmann ist auch der Konstrukteur der Welcome-Refugees-Bewegung. Der hatte mit Julian Reichelt zusammen die Aufkleber gemacht, die dann millionenfach verteilt wurden und sogar von Sigmar Gabriel am Revers in den Bundestag getragen wurden. Also ein ganz großer Förderer dieser illegalen Teddybären-Massenzuwanderung. Dieckmann postete jetzt stolz Fotos auf X von sich mit Elon Musk. Er schrieb aber dazu, dass er rückblickend doch ein schlechtes Gefühl bei dem Treffen hatte. So ungefähr. Was stimmt da nicht?
Die Führungspositionen bei Springer, da sind ja sehr interessante Leute dabei. Leute, die täglich nach allen Seiten offen sind. Das ist ein Lehrstück in Opportunismus, da kann man sich eine Scheibe von abschneiden …
Klingt nach Ulf Poschardt …
Nach dem Motto: Heute so, morgen so und nach allen Seiten offen. Die wollen in erster Linie immer modern und immer vorne auf der Welle sitzen. Jetzt sind sie hin und hergerissen. Sich mit Elon Musk gleichzeitig noch mal zu zeigen, heißt: Ich bin da in dieser Richtung unterwegs. Und im selben Moment wird abgesichert mit gemischten Gefühlen.
Da wird dann nach links geblinkt und den Linken gezeigt: Ich bin auch bei euch, das geht gar nicht, was der Musk da macht. Da ist man in beiden Lagern unterwegs, so wie die „Welt“ und die „BILD“ auch in beiden Lagern unterwegs sind. Ich bin mal sehr gespannt, ob das die Leser und die Rezipienten auf Dauer goutieren.
Kannst du mir zum Abschluss deine Schwachköpfe 2024 aufzählen?
Nein, so etwas mache ich nur in meinem Kontrafunk-Bademantel.
Danke für das Gespräch und Dir und natürlich allen Kollegen beim Kontrafunk ein frohes Neues Jahr!
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Author:
Alexander Wallasch