• 6. Oktober 2025

Gaza-Krieg als Kampfschule: Israel drillt Deutschland in Drohnen-Taktik

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Okt. 6, 2025
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Das Bundesinnenministerium meldete dieser Tage auf seiner Webseite, dass der Startschuss für ein „Drohnenabwehrzentrum“ gefallen sei. In dem Zusammenhang wird von Minister Dobrindt (CSU) auch darauf hingewiesen, dass Deutschland in der Sache mit der Ukraine und Israel zusammenarbeiten werde: „Auch ein gemeinsames Forschungsprojekt mit Israel ist geplant.“

Mit Blick auf die energische öffentliche Debatte um die Einschränkung von Waffenlieferungen an Israel auf Anweisung des Bundeskanzlers Anfang August dieses Jahres steht eine Zusammenarbeit mit Israel in Sachen Drohnenabwehr unter besonderer Beobachtung.

Anfang August hatte Friedrich Merz verkündet, vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern mehr zu genehmigen, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten. Das israelische Sicherheitskabinett hatte im Vorfeld der Entscheidung aus Berlin beschlossen, dass die Armee die Stadt Gaza einnehmen solle.

Ahnte der Kanzler damals noch nicht, dass er wenige Wochen später großes Interesse am Drohnen-Know-how der Israelis entwickeln würde? Schaut man sich genauer an, welche elementare Bedeutung (dazu gleich mehr) Drohnentechnik bei der Einnahme und Zerstörung weiter Teile des Gazastreifens und bei der Eliminierung von Hamas-Kämpfern einnimmt, erkennt man die ganze Brisanz.

Der Drohnenkrieg hatte sein großes Coming-Out im Ukraine-Krieg. Dem Einsatz im Gaza-Krieg hingegen wurde bisher viel weniger Beachtung geschenkt. Mit Blick auf das deutsche Begehren stellt sich hier eine weitreichende Frage: Geht es um die reine Abwehr von Drohnen oder soll gleichzeitig auch der Einsatz von Kampf- und Abwehrdrohnen trainiert werden?

Die Frage ist einfach zu beantworten: Drohnen (Unmanned Aerial Vehicles, UAVs) haben die moderne Kriegsführung revolutioniert, und ein zentraler Aspekt dabei ist der Einsatz von Drohnen zur Abwehr oder Bekämpfung gegnerischer Drohnen. Bisher gibt es kaum alternative Konzepte für den Abschusses feindlicher Drohnen. Jedenfalls keine, die nicht auch die Gefahr eines umfassenden Kollateralschadens mit sich bringen.

So werden Drohnen im Ukraine-Krieg routinemäßig gegen russische Shahed- oder Gerbera-Drohnen eingesetzt, oft kombiniert mit Flugzeugen oder Bodensystemen. Von „Abwehrdrohnen“ ist hier die Rede.

Und als wäre die Gemengelage nicht schon undurchdringbar genug, balgen sich schon die Hersteller um das große Geschäft. Wieder mittendrin der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall. Gegenüber „Bild“ erklärte Rheinmetall-Chef Armin Papperger jüngst:

„Bei der Drohnenabwehr kommt es auf eine schnelle Reaktion an. Ziele müssten schnell erkannt, bewertet und bekämpft werden – angepasst an zivile oder militärische Einsätze.“

Während Kanzler Merz also Waffenlieferungen an Israel wegen des Gaza-Kriegs teilweise einfriert, bemüht sich sein Innenminister Dobrindt darum, von den Erfahrungen des israelischen Drohnenkampfes in Gaza zu profitieren? Was für eine Bigotterie ist das eigentlich?

Im Gaza-Krieg setzt Israel umfassend Drohnen für Aufklärung, gezielte Tötungen und Unterstützung von Bodenoperationen ein. Die israelische Armee (IDF) nutzt Modelle wie die Heron TP und kleinere Quadcopter. Die kleinen ferngesteuerten Quadcopter-Drohnen mit integrierten Gewehren oder Granatwerfern werden eingesetzt, um Personen aus der Nähe zu erschießen oder zu bombardieren. Kommerzielle Modelle wie DJI Mavic oder Agras operieren lautlos und werden oft nachts oder in urbanen Gebieten genutzt, um Hamas-Kämpfer zu jagen oder wen man als Hamas-Kämpfer identifiziert. Dabei helfen auch Firefly (Moaz)-Drohnen für Nahkampf in städtischen Gebieten, wie die Neue Zürcher Zeitung berichtete.

Heron TP-Drohnen werden für Luftangriffe und Aufklärungsflüge eingesetzt. Das sind große, bewaffnete Drohnen (Reichweite über 1.000 km bei einer Traglast bis zu einer Tonne und mehr) für präzise Raketenangriffe und Echtzeit-Überwachung.

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Gemessen an der im Einsatz befindlichen vermuteten Drohnenanzahl müssen es täglich Tausende Stunden über Gaza sein, die dort jede Bewegung akribisch tracken. Zuletzt sind zudem Berichte rund um eine psychologische Kriegsführung aufgetaucht: Danach sollen Drohnen über Zivilisten kreisen mit dem Ziel, Panik zu erzeugen. Die „taz“ titelt dazu: „Israelische Drohnen in Gaza – Testlabor des Grauens“. Weiter heißt es von dem linksgrünen Magazin aus Berlin:

„Die Menschenrechtsorganisation Euro-Med Monitor in Genf hat ein Dutzend Fälle dokumentiert, bei denen Zivilisten durch den Beschuss von Quadcoptern getötet wurden. Einer der gravierendsten Fälle soll sich am 11. Februar ereignet haben, als Quadcopter, laut dem Bericht, in der Raschid-Straße in Gaza auf eine Menge schossen. Die Menschen standen dort für Mehl an.“

Der Vollständigkeit halber: Auch die Hamas setzt Drohnen (z. B. Shahed-Modelle) gegen Israel ein. Und sie finden immer wieder Opfer. Beim Terrorangriff am 7. Oktober 2023 sollen auch eine Anzahl von Quadcopter-Drohnen zum Einsatz gekommen sein, von 35 Stück ist die Rede. Im Kontext Gaza-Krieg soll Israel später auch Lieferungen an die Hamas auf dem Mittelmeer mit Kampfdrohnen angegriffen und neutralisiert haben https://www.tagesschau.de/ausland/asien/gaza-angriff-schiff-102.html.

Und das Juristenportal „Beck aktuell“ berichtet zudem, dass Deutschland kurz nach dem mörderischen Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 Israel Drohnen überlassen habe. Das Portal schreibt:

„Die Bundeswehr hatte die waffenfähigen, aber unbewaffneten Drohnen ursprünglich selbst von der israelischen Armee geleast. Nach dem Überfall der Hamas auf Israel im Oktober 2023 überließ die Bundeswehr zwei dieser Drohnen wiederum der israelischen Armee, was auch vertraglich festgehalten wurde.“

Ein Portal für Sicherheits- und Verteidigungspolitik berichtete im Juni dieses Jahres, die deutsche Luftwaffe habe die fliegerische Ausbildung für die Piloten der Drohne Heron TP auf dem israelischen Stützpunkt Tel Nof im April dieses Jahres wieder aufgenommen. Diese Ausbildung sei seit dem Beginn des Gazakrieges im Oktober 2023 ausgesetzt worden, wie aus einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium, Sebastian Hartmann, hervorgehe.

Die theoretische und simulationsgestützte Ausbildung sei nach Deutschland verlagert worden, während die praktische fliegerische Ausbildung in dem genannten Zeitraum geruht habe.

Wenn die Merz-Regierung also im Kontext des Aufbaus eines Drohnenabwehrzentrums ein gemeinsames Forschungsprojekt mit Israel ausbaut, dann ist das mit Blick auf die Kompetenz im Drohnenkampf und in der Abwehr von Drohnen eine – rein fachlich – verständliche Entscheidung. Gleichzeitig muss sich die Bundesregierung allerdings darüber klar sein, dass sie hier eine Kompetenz abfragt, die direkt von den Erfahrungen des Drohnenkampfes im Gaza-Krieg profitiert. Aus exakt dem gleichen Grund strebt Dobrindt hier auch eine Zusammenarbeit mit der Ukraine an.

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Author:
Alexander Wallasch

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