Die neue Ausgabe von Neurology beinhaltet eine Studie aus Brasilien, eine Studie, deren Autoren einen Zusammenhang zwischen Zuckerersatzstoffen, zwischen Aspartame, Saccharine, Acesulfame, Erythriol, Xylitol, Sorbitol, Tagalose und einem im Zeitraum von 8, in Worten: ACHT Jahren gemessenen kognitiven Niedergang vornehmlich in der Erinnerungsfähigkeit und im Sprachfluss, der Flüssigkeit des Sprechens, herstellen.
Es ist vorhersehbar, dass diese Studie durch die Shistream-Medien gehen wird. In den einschlägigen Verteilern angeblich wissenschaftlicher Beiträge findet die Studie schon Aufmerksamkeit:
Unser Urteil gleich vorweg: Die Studie gehört in den Bereich der Junk Studien.
Warum?
Der Reihe nach.
Gonçalves et al. (2025) nutzen Daten der Brazilian Longitudinal Study of Adulthood Health, die zu drei Zeitpunkten zwischen 2008 und 2019 erhoben wurden und in der Regel einen zeitlichen Abstand von 8 Jahren zwischen erstem und letztem Erhebungszeitpunkt aufweisen. 12.772 öffentliche Angestellte mit einem Durchschnittsalter von 51,9 Jahren, wurden zu mindestens zwei der drei Erhebungszeitpunkte Tests vorgelegt, mit denen die kognitive Funktionsfähigkeit der Befragten abgebildet werden sollte, eines dieser Unterfangen, von denen man – vor Veröffentlichung dieser Studie – nicht gedacht hätte, dass sie im Rahmen einer prospektiven Studie per Befragung überhaupt valide durchführbar ist. Und nach dieser Studie hat man erhebliche Zweifel daran, dass es valide durchführbar ist.
Neben den kognitiven Tests, die die Befragten absolvieren mussten, gab es noch einen Fragebogen, mit dem die Häufigkeit, mit der sich die Befragten bestimmte Nahrungsmittel zuführen, erhoben werden sollte.
Und aus den Angaben der Befragten, wie auch immer sie das bewerkstelligt haben, haben die Autoren die Menge an Zuckerersatzstoffen errechnet, die die Befragten nach eigenen Angaben pro Tag zu sich nehmen. Die durchschnittliche Menge an Zuckerersatzstoff beträgt demnach 92,1 mg/Tag mit einer Varianz von plus/minus 90,1 Gramm, was nur damit erklärbar ist, dass es eine stattliche Anzahl von Befragten gibt, aus deren Angaben sich kein Zuckerersatzstoff quetschen ließ.
Auf Basis von zwei oder drei Testergebnissen im Verlauf von acht Jahren errechnen die Autoren dann einen Zusammenhang zwischen einem hohen Verzehr von Zuckerersatzstoffen und kognitivem Niedergang, vornehmlich in einem holpriger werdenden Sprachfluss und einem geringer werdenden Erinnerungsvermögen sichtbar, wie die Autoren meinen. Indes: der Niedergang findet sich nur für unter 60jährige, und er findet sich als Verlust von Erinnerungsvermögen besonders intensiv bei unter 60jährigen Diabetikern. Ab 60 Jahren haben Zuckerersatzstoffe dann keinerlei nachweisbaren Effekt mehr auf die kognitiven Leistungen der Befragten, so finden die Autoren.
Junk, von Anfang bis Ende.
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Es wird uns immer faszinieren, dass es Leute gibt, die Erinnerungstests und Tests, die Sprachfluss messen sollen, dann, wenn zwei Zeitpunkte im Testergebnis voneinander abweichen, einen herausragenden Wert beimessen, der insofern überrascht, als diese angeblichen Wissenschaftler offenkundig noch nie etwas von Tagesform gehört haben: Wer von uns kann schon von sich sagen, dass er jeden Tag mit genau derselben Aufmerksamkeit, Sprach- und Erinerungsfähigkeit verbringt, nicht an einem Tag von Kopfschmerzen geplagt und am anderen von einem Stimmungshoch getragen ist? Und doch gibt es Wissenschaftler, die von einem erwarten, dass man an Testtagen, die zeitlich voneinander entfernt sind, dieselben Leistungen erbringt. Tut man es nicht, wird kognitive Beeinträchtigung bis in die Demenz unterstellt.
Erstaunlich.
Genau so erstaunlich wie das Zusammenwerfen unterschiedlicher Zuckerersatzstoffe mit der Maßgabe, sie seien alle gleichermaßen schädlich, was insbesondere Xylitol gegenüber ungerecht ist und natürlich ist es diskriminierend, Xylitol, Sorbitol oder Tagalose mit Aspartame und Saccharine in eine Klasse zu stopfen. Indes: Datennot macht erfinderisch, wie die Studie aus Brasilien zeigt, deren Autoren aus der Not offenkundig eine Tugend zu machen versuchen. Die Behauptung, man sei in der Lage, bei denen, die Zuckerersatzstoffe, welche auch immer, in größerer Menge zu sich nehmen als andere, ein schnelleres Abbauen der Gehirnleistung feststellen zu können, eine Behauptung, die auf einem Beobachtungszeitraum von acht Jahren und zwei bis drei kognitiven Tests basiert, ist schon frech und strapaziert die akademische Toleranz in einer Weise, die eigentlich nicht tolerierbar ist.
Dabei scheint es die Autoren nicht merkwürdig zu berühren, dass sie eine Verringerung des geistigen Vermögens ausschließlich bei öffentlichen Angestellten finden, die die 60 Jahre noch nicht erreicht haben, während bei älteren Angestellten keinerlei Effekt mehr feststellbar ist. Vermutlich bleiben Jahrzehnte im öffentlichen Dienst nicht ohne Wirkung auf die geistige Funktionsfähigkeit der Betroffenen – aber wir spekulieren, denn wenn es nach den Autoren geht, dann machen nur sieben Zuckeresatzstoffe einen Effekt auf die kognitive Leistung und das nur bis zur Grenze von 60 Jahren.
Und weil das an Seltsamkeit nicht ausreicht, finden sich bei unter 60jährigen Diabetikern besserer Sprachfluss aber geringere Erinnerungsleistung. Sie plappern mehr, wissen aber nicht mehr, worüber – oder was? Manche Autoren merken auch dann, wenn sie von ihren eigenen Ergebnissen mit ARTEFAKT angeschrien werden, nichts und schreiben:
„Consumption of LNCSs [low, no calorie sweeteners] was associated with an accelerated rate of cognitive decline during 8 years of follow-up. Our findings suggest the possibility of long-term harm from LNCS consumption, particularly artificial LNCSs and sugar alcohols, on cognitive function.“
Es soll Gallier gegeben haben, die befürchtet haben, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt.
Kommen wir auf die ARTEFAKT schreienden Daten zurück und zitieren die Autoren:
„Study limitations include self-reported dietary data, selection bias from attrition, and residual confounding from co-occurring health behaviors.“
Der Hinweis darauf, dass die Befragten die Mengen, die sie an bestimmten Nahrungsmitteln verzehren, selbst angegeben haben, muss mit: Ob das stimmt, weiß niemand, übersetzt werden.
Der Hinweis auf „attrition bias“ kann dahingehend in verständlich übertragen werden, dass diejenigen, die an der Studie zu allen drei Zeitpunkten teilgenommen haben und diejenigen, die die Lust verloren haben, zwei distinkt beschreibbare Gruppen sind, was darauf hindeutet, dass bestimmte Leute eine höhere Motivation hatten, an der Studie teilzunehmen als andere. Gift für jede Aussagekraft.
Schließlich kommt das Beste: „Residual confunding from coocurring health behaviors“ – Wenn Residuen, also der Teil in einer statistischen Analyse, der nicht erklärt werden kann, systematisch verteilt sind, verschiedene Variablen in den Residuen miteinander korrelieren, dann ist das ein sicherer Hinweis auf, … richtig: ARTEFAKT, nix gemessen als Rauschen. Wenn diese Struktur in den Residuen zudem durch „gleichverteiltes Gesundheitsverhalten“, wie es z.B. die Vermeidung von ZUCKER durch Leute darstellt, die z.B. Diabetes haben und denken, wenn sie Zucker durch Zuckerersatzstoff ersetzen, dann sei damit ihre Gesundheit gerettet, erklärt werden kann, dann ist der Schrei von ARTEFAKT so laut, dass man in in Südafrika bei Boerboels hört.
Und weil das alles noch nicht reicht, gibt es eine VIELZAHL von Studien, die einen Zusammenhang zwischen Diabetes und kognitivem Niedergang, Verlust von Sprach- und Erinnerungsvermögen gezeigt haben:
de la Monte, Suzanne M. (2013). Relationships between diabetes and cognitive impairment. Endocrinology and metabolism clinics of North America 43(1): 245.
Luchsinger, Jose A. (2012). Type 2 diabetes and cognitive impairment: linking mechanisms. Journal of Alzheimer’s disease 30(s2): S185-S198.
Yang, Ying, Lulu Song, Liping Yu, Jinping Zhang, and Bo Zhang (2025). H4K12 lactylation potentiates mitochondrial oxidative stress via the Foxo1 pathway in diabetes-induced cognitive impairment. Journal of Advanced Research.
Yu, Xueting, Huimei He, Jie Wen, Xiuyuan Xu, Zhaojuan Ruan, Rui Hu, Fang Wang, and Haibing Ju (2025). Diabetes-related cognitive impairment: mechanisms, symptoms, and treatments.Open Medicine 20(1): 20241091.
Zilliox, Lindsay A., Krish Chadrasekaran, Justin Y. Kwan, and James W. Russell (2016). Diabetes and cognitive impairment. Current diabetes reports 16(9): 87.
Mit anderen Worten, wenn die Autoren überhaupt etwas mit ihren Tests gemessen haben, dann den Zusammenhang zwischen Diabetes und einer Verringerung kognitiver Fähigkeiten.
Aber sie ziehen es vor, ein Artefakt als Ergebnis auszugeben.
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Author: Michael Klein
Michael Klein