In Deutschland ist weiter keine Konjunkturerholung in Sicht: Eine Umfrage unter deutschen Unternehmen zur wirtschaftlichen Lage fällt überraschend negativ aus. Die schwache Konjunktur hinterlässt auch auf dem Arbeitsmarkt Spuren.
Im September ist das Ifo-Geschäftsklima um 1,2 Punkte auf 87,7 Punkte gesunken, wie das Münchner Forschungsinstitut mitteilte. Die rund 9.000 befragten Unternehmen haben sowohl die aktuelle Lage als auch die künftigen Geschäfte schlechter eingeschätzt. Vor allem für Dienstleister hat sich das Geschäftsklima merklich verschlechtert.
Analysten hatten einen Anstieg erwartet
«Die Hoffnung auf wirtschaftliche Erholung erleidet einen Dämpfer», sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Analysten waren von dem Rückgang überrascht. Sie hatten mit einem Anstieg des wichtigsten deutschen Konjunkturbarometers auf durchschnittlich 89,4 Punkte gerechnet.
Nach Angaben des Ifo ging in der Industrie die Zahl der Aufträge erneut zurück, und der kleine Aufwärtstrend bei Investitionsgüterherstellern habe sich wieder verflüchtigt. Besonders deutlich fiel die Skepsis im Bereich Transport und Logistik aus, wo sich viele Firmen mit sinkenden Margen und hohen Kosten konfrontiert sehen.
Hoffnung Bau?
Einen positiven Ausreißer habe es nur im Bauhauptgewerbe gegeben. Dort blickten die Firmen wieder etwas optimistischer auf die kommenden Monate und zeigten sich auch mit den laufenden Geschäften zufriedener.
Insgesamt aber steckt die deutsche Wirtschaft weiter fest. 2023 und 2024 war die Wirtschaftsleistung geschrumpft, auch 2025 bleibt das Bild schwach. Im zweiten Quartal sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent.
Regionale Unterschiede
Wie ungleich sich die Lage entwickelt, zeigen neue Zahlen der Statistischen Ämter. In sieben Bundesländern nahm die Wirtschaftsleistung im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ab – darunter mit Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg gleich drei Schwergewichte, die zusammen mehr als die Hälfte des BIP ausmachen. Insgesamt stand damit für Deutschland in der Summe eine rote Null.
Einige Länder konnten sich jedoch positiv abheben. Das stärkste Wachstum verzeichnete Bremen mit 2,9 Prozent. Auch Mecklenburg-Vorpommern (2,0 Prozent), Berlin (1,3 Prozent) und Hamburg (1,1 Prozent) legten spürbar zu. Niedersachsen kam auf ein Plus von 1,0 Prozent, Thüringen auf 0,6 Prozent, Rheinland-Pfalz und Sachsen auf jeweils 0,1 Prozent.
Am anderen Ende der Skala stand das Saarland mit einem BIP-Minus von 1,9 Prozent, gefolgt von Brandenburg (minus 1,0) sowie Baden-Württemberg (minus 0,8) und Bayern (minus 0,4). In Sachsen-Anhalt ging es um 0,3 Prozent nach unten, in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein um je 0,2 Prozent. Hessen stagnierte bei ungefähr null.
Arbeitsmarkt im Umbruch
Nach einer Prognose des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wird die Zahl der Erwerbstätigen 2026 erstmals seit Jahren sinken – um etwa 20.000. Bereits 2025 falle der Zuwachs mit nur 10.000 neuen Jobs deutlich geringer aus als in der Vergangenheit. Zugleich werde die Arbeitslosigkeit zwar zunächst steigen, im Verlauf des Jahres 2026 dann aber erstmals wieder zurückgehen.
Hintergrund der scheinbar widersprüchlichen Entwicklung ist der demografische Wandel: «Die Verknappung am Arbeitsmarkt zieht an, das Ausscheiden der Babyboomer kann nicht mehr kompensiert werden», erklärt Enzo Weber, der Leiter des IAB-Forschungsbereichs Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen.
Für 2025 erwartet das IAB ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent, für 2026 ein Plus von 1,1 Prozent. Die Effekte auf die Beschäftigung blieben aber begrenzt, da es schlicht weniger Arbeitskräfte gebe.
Verschiebungen zwischen den Branchen
«Die Möglichkeiten für einen Beschäftigungsaufbau sind im Vergleich zu früheren Rekordsteigerungen stark begrenzt», sagt Weber. Zumindest bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erwartet das IAB aber einen weiteren Anstieg um jeweils 40.000 im laufenden und kommenden Jahr auf 34,98 beziehungsweise 35,02 Millionen Personen durch Teilzeitbeschäftigung.
Besonders das Produzierende Gewerbe gerate unter Druck, belastet durch die Transformation und den schwachen Außenhandel infolge der US-Zollpolitik. Für 2025 wird ein Rückgang um 130.000 Stellen erwartet, 2026 ein weiteres Minus von 70.000.
Anders sieht es im öffentlichen Dienst, in Erziehung und Gesundheit aus. Dort prognostiziert das IAB für 2025 einen kräftigen Zuwachs von 210.000 Stellen, 2026 sollen weitere 130.000 hinzukommen. Gründe seien der Ausbau der Kindertagesbetreuung und die alternde Gesellschaft. Damit zeigten sich zumindest in einzelnen Bereichen Chancen für Wachstum – auch wenn die gesamtwirtschaftliche Stimmung weiterhin von Zurückhaltung geprägt ist.
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