Gestern wurde in der regierungsnahen Politshow „Hart aber fair“ mit Moderator Louis Klamroth über Bundeswehr, Wehrpflicht und Kriegseinsatz gesprochen.
Anwesend waren auch die Linken-Chefin Ines Schwertner, Militärexperte Carlo Masala (Universität der Bundeswehr München) und Norbert Röttgen (CDU), der sich mit Blick auf den Ukrainekrieg mittlerweile zu so etwas wie einem Ersatzspieler für Roderich Kiesewetter gemausert hat – das muss man nicht näher erläutern, jeder weiß, was hier gemeint ist.
Die Co-Chefin der Linkspartei sorgte sich um die Einführung der Wehrpflicht durch die Hintertür: Schnell werde man feststellen, dass die Freiwilligen nicht ausreiche. Schwertner meinte weiter, dass man schon sehr viel Werbung an Schulen machen müsse, um überhaupt genug Leute für den Job zu bekommen.
Schlimmer: Diese jungen Leute wüssten doch zum Teil überhaupt nicht, worauf sie sich einließen. Die Angeworbenen könnten sich doch gar nicht vorstellen, was Bundeswehr in letzter Instanz wirklich bedeutet; betrachten das vielleicht als Spiel und nicht als Entscheidung für die berufliche Karriere mit allen Folgen. Hier fielen dann nur die weniger Schlauen auf die Anwerbung herein, so die Linke.
Darüber empörten sich einhellig Röttgen und Masala und fragten, was denn Ines Schwertner für ein falsches und schlechtes Bild von 18-Jährigen heutzutage habe. Niemand werde gezwungen. Und Einfalt, Geldmangel und Perspektivlosigkeit seien definitiv nicht die Gründe für die Freiwilligen.
Röttgen und Masala waren sich weiter darin einig: Was die Linke sagt, sei diffamierend und zudem auch empirisch nicht richtig. Es gebe durchaus Professorenkinder und Zahnarztkinder, die zur Bundeswehr gingen. Die Bundeswehr decke in vielen Bereichen alle Teile der Gesellschaft ab.
Wie bitte? Was ist das denn überhaupt für eine schräge Debatte von allen Teilnehmern? Hier muss doch unweigerlich die Frage folgen, wie dumm auch als intelligent markierte junge Leute heute sein müssen, die Bundeswehr als einen normalen Beruf zu empfinden bzw. die Wehrpflicht zu befürworten – jedenfalls mit Blick auf die deutsche Ukrainepolitik.
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Was viele dabei nämlich vergessen, ist, dass es schon viel früher lange Debatten gab, die zum Schluss kamen, dass man die Wehrpflicht abschaffen und die Berufsarmee reduzieren kann und zum Schluss kommen kann, dass Europa – die Europäische Gemeinschaft – ein Ort geworden ist, an dem man sich nicht mehr waffenstarrend gegenüberstehen muss.
Ja, es gab nach dem Kalten Krieg zwischen Ost und West vielversprechende Annäherungsprozesse die diese weniger waffenstarrende Entscheidung reifen ließen. Abrüstungsverhandlungen waren über Jahrzehnte das tägliche diplomatische Brot.
Dass wir ausgerechnet jetzt, und mit Blick auf den Ukrainekrieg, über Aufrüstung und Wehrpflicht nachdenken sollen – falscher kann der Zeitpunkt nicht gewählt sein.
Die Rolle des Westens bei der Entstehung? Die Vorgeschichte hin zum Ukrainekrieg wird von Beginn des Krieges an leidenschaftlich und verbissen diskutiert. Wer aber mittlerweile diese Vorgeschichte anspricht, wird unisono zum verschwörungstheoretischen Teil der Gesellschaft wegsortiert.
Die umfassende Diffamierung bestimmter Standpunkte weist Parallelen zur Corona-Debatte auf. Es geht auch hier um Ausgrenzung.
Wer heute eine Wehrpflicht fordert, der hat dabei nicht Deutschland im Sinn, sondern einen Krieg gegen Russland. Der bedient die Interessen der Waffenindustrie, dem geht es nicht darum, Europa, geschweige denn Deutschland zu verteidigen.
Das sind die Eckpunkte dieser Debatte, nicht die Frage, wie ungerecht die Selektion der Bundeswehrrekruten aus den verschiedenen gesellschaftlichen Schichten ist.
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Author:
Alexander Wallasch