Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger
Denis Scheck ist mir bisher verborgen geblieben, und ich hätte wohl kaum etwas versäumt, wenn sich daran nichts geändert hätte. Er pflegt das ARD-Magazin „Druckfrisch“ zu moderieren, das einmal monatlich um 23 Uhr 35 ausgestrahlt wird und sich schon deshalb ohne Zweifel traumhafter Einschaltquoten erfreuen dürfte. Er spricht über Bücher, und ich will zu seinen Gunsten annehmen, dass er das eine oder andere davon tatsächlich gelesen hat.
In seiner letzten Folge hat er sich das neue Buch von Gerald Grosz vorgenommen: „Merkels Werk – Unser Untergang“. Da er allem Anschein nach schon seit längerer Zeit als Literaturkritiker tätig ist, sollte man annehmen, dass er sein Handwerk versteht und auch ein Buch, das ihm nicht behagt, nach den Regeln der Kunst auseinandernimmt. Doch diese Regeln haben ihn nicht interessiert, ihn überkam ein übermenschlicher moralischer Zorn, den er nicht mehr zügeln konnte, und so ließ er seinem Munde eine Hasstirade entfliehen in einer Art, die man hierzulande schon seit etlichen Jahrzehnten für erledigt hielt. Die relevanten Passagen sind von verschiedenen Zuschauern auf X veröffentlicht worden, man findet die unflätigen 37 Sekunden beispielsweise hier.
Ich will aber niemandem zumuten, sich die Tirade aus dem Originalmund anzuhören, weshalb ich den Text nun zum Mitlesen präsentiere. Noch einmal: Das ist eine sogenannte Rezension eines sogenannten Kritikers, ausgestrahlt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
„Platz zwei, Gerald Grosz, ‚Merkels Werk – Unser Untergang‘. Gerald Grosz“ – Scheck spricht den Namen wie „Grosch“ aus, obwohl er „Groß“ gesprochen wird, und zeigt damit, das er nicht einmal weiß, wie der von ihm so verabscheute Autor heißt – „jongliert in seinem Buch über die Folgen von Merkels Entscheidung zur Öffnung der Grenzen für Migranten 2015 mit falschen Zahlen wie Thilo Sarrazin auf Speed. Sagen wir so: Würde Gerald Grosz als Ingenieur Brücken konstruieren, möchte ich sie nicht befahren. Aber weil dies für das grobschlächtige Niveau dieser Hetzschrift vielleicht zu missverständlich formuliert ist, sage ich es gern deutlicher: Diese vor Häme und Hass triefende, hirnlose Wichsvorlage für Rassisten und Faschisten ist schlicht widerlich“, woraufhin er das Buch wegwirft.
So etwas nennt sich bei der ARD Literaturkritik. Nichts spricht gegen Polemik, gegen beißende, hämische, überspitzte Kritik – das Instrument der Polemik benutze ich selbst oft genug, und auch Gerald Grosz ist in dieser Hinsicht kein Kind von Traurigkeit. Aber jede Polemik, die irgendeinen Anspruch auf Ernsthaftigkeit erheben will, sollte auch einen inhaltlichen Kern haben, einfach nur niveaulos schimpfen ist bestenfalls kindisch; den schlechtesten Fall, der hier vorliegt, werde ich aus juristischen Gründen nicht mit einer Bezeichnung versehen. Nichts hätte den angeblichen Kritiker daran gehindert, Grosz der Lüge, des Jonglierens mit falschen Zahlen und sonstiger Übeltaten zu überführen – wenn er es denn könnte. Statt dessen nichts weiter als das Verbreiten von Hass mit schwäbischem Akzent, was die Lage aber nicht wirklich verbessert.
Grosz operiert wie „Thilo Sarrazin auf Speed“? Scheck scheint ein anderes Buch gelesen zu haben als ich, sofern er sich überhaupt die Mühe gemacht hat, es zu lesen und es auch noch zu verstehen. Schließlich wertete die werte Kanzlerin Angela Merkel seinerzeit Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ als „nicht hilfreich“ ab, obwohl sie es nicht gelesen hatte: Von Merkel lernen heißt siegen lernen. Und die Diffamierungen gehen munter weiter: „Würde Gerald Grosz als Ingenieur Brücken konstruieren, möchte ich sie nicht befahren.“ Nun ja, würde Denis Scheck versuchen, Brücken zu konstruieren, so käme man gar nicht in die Versuchung, sie zu befahren, weil sie sofort einstürzen würden. Aber auch das ist ihm noch nicht gründlich genug. In das eigene grobschlächtige Niveau seiner Hetzrezension unrettbar verstrickt, attestiert er Grosz das „grobschlächtige Niveau dieser Hetzschrift“ und schickt sich an, jedes Missverständnis auszuschließen: „Diese vor Häme und Hass triefende, hirnlose Wichsvorlage für Rassisten und Faschisten ist schlicht widerlich.“ Auch das lässt sich leicht zurückgeben, aber auf das sprachliche Niveau dieses Literaturkritikers möchte ich nicht herabsinken, dafür ist mir meine Sprache zu schade. Doch dass seine angebliche Rezension „vor Hass und Häme“ trieft, lässt sich kaum leugnen, und sie als schlicht widerlich zu bezeichnen, ist nicht übertrieben.
In seinem Roman „Der Zauberberg“, der in einem Davoser Lungensanatorium spielt, beschreibt der Autor einen Husten, der „nur wie ein schauerlich kraftloses Wühlen im Brei organischer Auflösung klang“. Und was haben wir hier? Nur ein schauerlich niveauloses Wühlen im Brei öffentlich-rechtlicher Auflösung.
Das ist die ARD.
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Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.
Bild: Screenshot X
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