Dennis Scheck ist seit Jahren eine feste Größe in der etablierten deutschen Medienlandschaft. Seine Sendung Druckfrisch auf ARD ist seit Jahren sein Sprachrohr, wo er als selbsternannter Richter über Bücher urteilt. Doch was als Literaturkritik beginnt, entpuppt sich oft als Hinrichtung – ein Spektakel, das an die dunklen Zeiten der Bücherverbrennung erinnert.
Schecks verbale Attacken, getarnt als Rezensionen, zielen darauf ab, abweichende Stimmen aus dem Diskurs zu verbannen. Es braucht nicht viel Geschichtsbewusstsein um zu verstehen: So darf man mit Büchern nicht umgehen. Wenn Scheck die Metapher der Müllrampe für Bestseller nutzt, warum nicht gleich eine Feuertonne aufstellen?
Druckfrisch ist ein wöchentliches Format, das neue Bücher vorstellt, Empfehlungen ausspricht und die Spiegel-Bestsellerlisten kommentiert. Doch die Sendung ist kein neutraler Raum für Literatur, wie man es vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwarten sollte – eigentlich.
Mit theatralischen Gesten und einem Hohn, der als Humor getarnt ist, inszeniert Scheck sich als oberster Schiedsrichter über „gute“ und „schlechte“ Werke. Besonders Bestseller, die seinem Weltbild widersprechen, werden zum Ziel seiner verbalen Attacken.
Ein besonders krasses Beispiel ist seine Besprechung von Gerald Grosz’ Merkels Werk, Unser Untergang:
„Platz zwei, Gerald Grosz, ‚Merkels Werk, Unser Untergang‘. Gerald Grosz jongliert in seinem Buch über die Folgen von Merkels Entscheidung zur Öffnung der Grenzen für Migranten 2015 mit falschen Zahlen wie Thilo Sarrazin auf Speed. Sagen wir so: Würde Gerald Grosz als Ingenieur Brücken konstruieren, möchte ich sie nicht befahren. Aber weil dies für das grobschlächtige Niveau dieser Hetzschrift vielleicht zu missverständlich formuliert ist, sage ich es gern deutlicher: Diese vor Häme und Hass triefende, hirnlose Wichsvorlage für Rassisten und Faschisten ist schlicht widerlich.“
Dieses Zitat von Scheck liefert eine Kaskade aus Beleidigungen, die das Buch nicht kritisiert, sondern auslöscht. Grosz’ Werk mag polemisch sein, seine Thesen zur Migration 2015 umstritten – doch Scheck verweigert jede inhaltliche Auseinandersetzung.
Stattdessen brandmarkt er das Buch als „Hetzschrift“ und diffamiert es mit Vulgärsprache, die jeden Diskurs erstickt. Es ist ein verbaler Scheiterhaufen, der nicht überzeugt, sondern ausgrenzt.
Warum ist dieser Umgang mit Büchern so problematisch? Literatur ist der Kern einer pluralistischen Gesellschaft. Bücher, selbst wenn sie kontrovers oder fehlerhaft sind, sind Teil des demokratischen Diskurses. Schecks Methode, Werke wie das von Grosz als „widerlich“ zu denunzieren, ohne sie differenziert zu analysieren, ist nicht nur intellektuell träge, sondern historisch bedenklich.
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Die Bücherverbrennungen von 1933, als die Nazis Werke von Autoren wie Heinrich Mann oder Erich Kästner in Flammen aufgehen ließen, waren kein bloßer Akt der Zerstörung, sondern ein öffentliches Ritual, um „undeutsche“ Ideen auszulöschen.
Scheck mag keine Streichhölzer anzünden, doch seine Worte sind moderne Feuersprüche: Sie verbrennen die Möglichkeit eines Dialogs, bevor er beginnen kann. Grosz’ Buch sol falsche Zahlen enthalten, wie Scheck behauptet? Aber anstatt diese zu belegen, greift er zu Ad-hominem-Attacken und moralischer Überlegenheit.
Er unterstellt dem Publikum, es sei unfähig, selbst zu urteilen, und erklärt das Buch zur „Wichsvorlage für Rassisten“. Damit werden nicht nur das Werk, sondern auch seine Leser delegitimiert – ein Akt der Ausgrenzung, der den Geist der Bücherverbrennung heraufbeschwört.
Schecks „Feuersprüche“ sind nicht neu. Sie zeigten sich schon einmal deutlich in einer Episode von 2021, als er fragte: „Ist es okay, ein Buch von Christa Wolf anzuzünden?“ und Werke symbolisch in Flammen aufgehen ließ.
Schecks Kritik ist keine Einladung zum Diskurs, sondern ein Urteil, das Bücher aus dem kulturellen Gedächtnis tilgen soll: „Ich übergebe den Flammen …“
Die Metapher der Müllrampe ist ohnehin nur ein dünner Schleier für die Absicht, abweichende Stimmen unsichtbar zu machen. Eine Feuertonne wäre ehrlicher – sie würde die zerstörerische Natur seiner Rhetorik offenlegen.
Scheck ist ein böser und verbitterter alter Mann. Und er agiert in der Tradition der Faschisten. Jede Form der kulturellen Ausgrenzung, ob durch Feuer oder verbale Brandstiftung, ebnet den Weg für autoritäre Strukturen.
Bücher sind Herzstück unserer Kultur! Sie sind keine Objekte, die man wie defekte Brücken verwirft; sie sind Stimmen, die gehört werden müssen, auch wenn sie dissonant klingen.
Schecks Druckfrisch schafft eine Echokammer, in der nur seine Wahrheit widerhallt um den Rest eines demokratischen Diskurses auch noch zu ersticken. Statt Bücher zu verbrennen, sollte die Literaturkritik sie öffnen – mit Argumenten, nicht mit Flammen. Es ist Zeit, die Feuertonne zu löschen und den Dialog wieder anzuzünden.
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Author:
Alexander Wallasch