Man könnte sie für eine Pendlerin zur nächsten Manga-Convention halten – oder für die Hauptfigur eines queeren Berlin-Comics. Türkisblaues Haar, Piercings an Nase und Lippe, ein riesiges Insekten-Tattoo breitet sich wie eine Motte über ihren Hals aus. Lederjacke, schwarzer Pulli, runde Nickelbrille, die Pose selbstbewusst.
Sie heißt Lin Lindner, ist Anfang dreißig – und wirkt mit ihrer pastellfarbenen Wutästhetik wie eine Mischung aus queerer Kunststudentin und trotzigem Manga-Charakter. Als hätte sie nie ganz entschieden, ob sie lieber Abitur oder Anarchie machen will.
Was man nicht erwarten würde: Diese Frau ist nun Mitglied des Deutschen Bundestags. Für die SED-Erben von der „Linken“. Prompt jubelte das queere Nachrichtenportal queer.de: „Bundestag bekommt zweites nichtbinäres Mitglied.“ Lindner rücke für den erkrankten Sozialmediziner Gerhard Trabert nach, hieß es weiter – und man sprach durchweg von einer „Person“, nicht von einem Mann oder einer Frau.
Dass diese „Person“ öffentlich Gewalt gegen Frauen gutheißt, spielte dabei keine Rolle.
Die non-binäre Abgeordnete – oder müsste man sagen: der Abgeordnete? Oder das Abgeordnende? – hat auf Instagram einen Song geteilt, in dem unverhohlen zur Gewalt aufgerufen wird. Darin heißt es wörtlich:
„Terfs kriegen von mir gar nichts außer Mittelfinger. Es gibt endlich auf die Fresse – das geschieht euch recht.“
„Terfs“ – das sind Frauen, die sich dem ideologischen Zugriff der Transbewegung widersetzen, die sagen: Ein Mann bleibt ein Mann, auch wenn er sich als Frau fühlt. Früher waren viele von ihnen linke Feministinnen. Heute gelten sie in der identitätspolitischen Logik als Feinde. Oder eben: Als legitimes Ziel für Gewaltfantasien.
Der Text stammt aus dem Lied Trans Agenda Dynastie der Künstlerin Kerosin95. Lindner teilte den Track über ihren offiziellen Instagram-Kanal – als wäre das eine mutige Selbstverortung. Und nicht eine blanke Drohung gegen andere Frauen.
Doch das ist noch nicht alles. Auf einem anderen Foto sieht man Lindner mit einem Pullover, auf dem das Symbol von Hammer und Sichel prangt – das Zeichen der Sowjetunion, unter dem Millionen Menschen deportiert, gefoltert und ermordet wurden. Auch dieses Bild kursiert öffentlich – ohne jede Distanzierung, ohne ein Wort der Einordnung.
Stellen wir uns kurz vor, das käme von rechts
Was wäre los, wenn ein AfD-Politiker einen Song teilen würde, in dem zur Gewalt gegen Grüne aufgerufen wird? Wenn er dabei in einem T-Shirt mit Pinochet-Aufdruck posieren würde? Die mediale Reaktion wäre flächendeckend, die Empörung parteiübergreifend. Rücktrittsforderungen, Talkshow-Absagen, Verfassungsschutz-Debatten – das ganze Programm.
Doch hier? Stille. Kein Aufschrei. Kein Kommentar der Parteiführung. Kein Tweet von Empörten. Selbst das öffentlich-rechtliche Info-Universum schweigt. Der Hass, die Gewaltandrohung, das totalitäre Symbol – all das scheint durch das richtige Parteibuch entschärft.
Doppelmoral als Grundprinzip
Der Fall Lindner zeigt nicht nur, wie sehr sich die politische Linke von früheren Idealen entfernt hat. Er zeigt vor allem, wie selektiv Empörung in diesem Land funktioniert. Gewaltfantasien sind offenbar nur dann skandalös, wenn sie von der falschen Seite kommen. Wer links genug ist, darf fast alles – sogar hassen, drohen, diffamieren.
Die Berufung auf „Vielfalt“ und „Toleranz“ wird zur Farce, wenn sie nur in eine Richtung gilt. Und die mediale Begleitmusik – oder besser gesagt: das bewusste Verstummen – ist längst Teil des Problems.
Der eigentliche Skandal beginnt nicht bei Lindner
Sondern bei denen, die all das sehen – und dennoch wegsehen. Bei denen, die Hasskommentare regelmäßig verurteilen, aber nur, wenn sie aus der falschen Blase kommen. Bei denen, die mit Doppelmoral die Demokratie retten wollen – und sie genau damit ruinieren.
Vielleicht muss man es so sagen: Der Skandal ist nicht, dass Lin Lindner ins Parlament nachrückt.
Der Skandal ist, dass es in diesem Land niemanden mehr zu stören scheint.
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Bild: Screenshot Youtube
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