• 20. August 2025

Bakterien und Pilze, die Plastik zersetzen

ByMichael Klein

Aug. 20, 2025
Werbung

Die folgende Meldung in einem Wissenschaftskanal hat heute unsere Aufmerksamkeit erregt:

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Die Meldung erweckt den Anschein, die Entdeckung sei aktuell, dass Fungi in der Lage sind, Plastik zu zersetzen, eine neue Erkenntnis.

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Indes, dass Bakterien und Fungi gibt, die sich an Plastik, an PE, PET, LDPE, HDPE, PS, PVC, PUR oder PP gütlich tun, ist keine neue Erkenntnis, vielmehr Gegenstand wissenschaftlicher Forschung, die Jahrzehnte alt ist.

SEDO

Pestalotiopsis microspora, der Fungus, um den es im Beitrag geht, wurde auch nicht gerade im Amazonas Regenwald gefunden, der Pilz ist seit 1880 bekannt, wurde als Schädling für Efeu in Buenos Aires ausgemacht.

Dass Pestalotiopsis microspora eine Vorliebe für PUR, Polyurethan hat, PUR nicht nur sehr effizient und schnell zersetzen kann, sondern in der Lage ist, auf einem Substrat aus Plastik zu gedeihen, das wurde ab 2011 und sehr schnell bekannt, nachdem ein Team der Yale University unter Leitung von Scott Strobel Pestalotiopsis microspora aus dem Yasuni National Forest in Ecuador mitgebracht und seine Fähigkeit, PUR als Kohlenstoff- und somit Energiequelle anzuzapfen, erkannt hat. Pestalotiopsis microspora benutzt zur Zersetzung von PUR das Enzym Esterase, aber dazu gleich.

Schon in den 1980er Jahren gibt es erste Studien, die die Fähigkeit von Bakterien, Plastik zu zersetzen, beschreiben. Vor allem von Bakterien der Spezies „Pseundomonas spp“ war damals bereits bekannt, dass sie mit ein wenig Anregung durch ultraviolette Strahlung in der Lage sind, Polyethylene zu zersetzen, wenngleich sehr langsam. Vor der oben berichteten Entdeckung von Pestalotiopsis microspora war vor allem von Pilzen wie Aspergillus niger and Penicillium spp. bekannt, dass sie die Fähigkeit haben, Polyurethane zu zerstezen. Die entsprechenden Arbeiten stammen aus den 1990er Jahren, bevor dann Webb et al. (2000) eine Studie veröffentlicht haben, die zeigt, dass Aspergillus niger in der Lage ist Polyurethan in rund 30 Tagen zu zersetzen.

Lee, Byungtae, Anthony L. Pometto III, Alfred Fratzke, and Theodore B. Bailey Jr. (1991). Biodegradation of degradable plastic polyethylene by Phanerochaete and Streptomyces species. Applied and Environmental Microbiology 57(3): 678-685.

Milstein, Oleg, Rolf Gersonde, Aloys Huttermann, Meng-Jiu Chen, and John J. Meister (1992). Fungal biodegradation of lignopolystyrene graft copolymers. Applied and Environmental Microbiology 58(10): 3225-3232.

Phua, S. K., E. Castillo, J. M. Anderson, and A. Hiltner (1987). Biodegradation of a polyurethane in vitro. Journal of Biomedical Materials Research 21(2): 231-246.

Webb, Jeremy S., Marianne Nixon, Ian M. Eastwood, Malcolm Greenhalgh, Geoffrey D. Robson, and Pauline S. Handley (2000). Fungal colonization and biodeterioration of plasticized polyvinyl chloride. Applied and Environmental Microbiology 66(8): 3194-3200.

Man kann also festhalten, dass das Wissen um Bakterien und Pilze, die in der Lage sind, Plastik, unterschiedliche Arten von Plastik zu zersetzen, schon seit rund 4 Jahrzehnten durch die wissenschaftliche Gemeinschaft zieht und in keiner Weise neu ist.

Wir stellen im Folgenden den Stand der Forschung zusammen und gehen die Spezialitäten der einzelnen Bakterien und Fungi, die Plastik auf ihrem Speiseplan haben, d.h. den darin enthaltenen Kohlenstoff recyclen, zusammen. In den letzten Jahrzehnten wurde ein große Zahl von Bakterien und Fungi gefunden, auf Mülldeponien, im Meer, im Boden, auf Kompost, die in der Lage sind, Plastik zu zersetzen, einen Polymer in seine Ausgangsstoffe zu zerlegen. Sie alle benutzen dazu Enzyme, unterschiedliche Enzyme wie Esterase, MHET Hydrolase, Urethane Hydrolase usw. und haben unterschiedliche Techniken entwickelt, um das jeweilige Plastik, auf das sie spezialisiert sind, effektiv zu zersetzen.

Machen wir die Sache etwas übersichtlicher und knapper und beginnen zunächst einmal damit die unterschiedlichen Arten von Plastik zu erläutern:

  • PE (Polyethylen): Allzweckkunststoff für Plastiktüten, Flaschen, Behälter, Folien und Rohre. Vielseitig einsetzbar aufgrund seiner Flexibilität und Haltbarkeit.
  • PET (Polyethylenterephthalat): Wird häufig für Getränkeflaschen, Lebensmittelbehälter, synthetische Fasern (z. B. Polyesterkleidung) und Verpackungsschalen verwendet.
  • LDPE (Polyethylen niedriger Dichte): Verwendet für Plastiktüten, Schrumpffolien, Quetschflaschen und flexible Verpackungsfolien aufgrund seiner Flexibilität und Transparenz.
  • HDPE (Polyethylen hoher Dichte): Wird in Milchkannen, Waschmittelflaschen, Rohren, Schneidebrettern und starren Behältern verwendet aufgrund seiner Festigkeit und Chemikalienbeständigkeit.
  • PS (Polystyrol): Verwendet für Einwegbesteck, CD-Hüllen, Plastikmodelle und Verpackungsmaterialien. Erhältlich in fester oder geschäumter Form.
  • ePS (Expandiertes Polystyrol): Häufig verwendet für Schaumverpackungen, Isolierungen, Einwegbecher und Schutzverpackungen (z. B. für Elektronik) aufgrund seines geringen Gewichts und isolierenden Eigenschaften.
  • PVC (Polyvinylchlorid): Verwendet in Rohren, Fensterrahmen, Bodenbelägen, Kabeln und medizinischen Schläuchen. Erhältlich in starren oder flexiblen Formen.
  • PP (Polypropylen): Wird in Lebensmittelbehältern, Flaschendeckeln, Autoteilen, Textilien und wiederverwendbaren Aufbewahrungsboxen verwendet aufgrund seiner Hitzebeständigkeit und Haltbarkeit.
  • PUR (Polyurethan): Verwendet in Schäumen (z. B. Matratzen, Kissen), Beschichtungen, Klebstoffen, Dichtmitteln und flexiblen oder starren Isolierplatten.

Nun zu den Fungi, die in der Lage sind, Plastik zu zersetzen (die Tabelle haben wir Radhi und Zaaen entnommen:

Radhi, Athraa B., and Anwar Y. Zaaen. „Potential of Bioremediation for Plastic Waste: Bacteria and Fungi: a Review.“ Journal of University of Anbar for Pure Science 19, no. 1 (2025).


Fehlen noch die Bakterien, die sich zu 21% aus der Klasse der Pseudomonia rekrutieren, darunter Pseudomonia Citronellolis, Pseudomonia Putida, Pseudomonia Alcaligenes, Pseudomonia Fluorscense, die u.a. in Mülldeponien verbreitet und in der Lage sind, innerhalb von nur 3 Wochen Plastik, vornehmlich PE, PET und PVC zu rund 90% zu zersetzen.

Ein besonders ungewöhnliches Bakterium wurde in Osaka entdeckt und trägt den Namen „Ideonella Sakaiensis“. Das Bakterium wurde im Sediment einer Recyklinganlage gefunden und ist dazu in der Lage, Plastik in seine Ausgangsbestandteile zu zerlegen.

Ebenfalls bemerkenswerte Eigenschaften weisen Bakterien der Klasse Rhodococcus auf, die ihr Plastikopfer mit einem Biofilm überziehen, so dass sie bessere Haftung gewinnen, um in aller Ruhe Polymere in ihre Bestandteile zu zerlegen.

Yoshida, Shosuke, Kazumi Hiraga, Toshihiko Takehana, Ikuo Taniguchi, Hironao Yamaji, Yasuhito Maeda, Kiyotsuna Toyohara, Kenji Miyamoto, Yoshiharu Kimura, and Kohei Oda (2016). A bacterium that degrades and assimilates poly (ethylene terephthalate). Science 351(6278): 1196-1199.

In schneller Folge werden Bakterien und Fungi gefunden, die bemerkenswerte Eigenschaften aufweisen, wenn es darum geht, Plastik zu zersetzen. Nun ist Plastikmüll natürlich Gegenstand hektischer Betriebsamkeit und Anlass für unzählige Aktivisten, sich zum Schützer der Weltmeere aufzuschwingen. Seltsamerweise sind Informationen, die den Schutz von Weltmeeren und den Kampf gegen Plastikmüll erleichtern würden, in diesen Kreisen eher selten anzutreffen, obschon das Potential, das sich mit den angesprochenen Bakterien und Fungi im Hinblick auf den Schutz von Weltmeeren und den Kampf gegen Plastikmüll verbindet, natürlich sehr groß ist.

Wie auch immer. Sie wissen nun, dass Plastik fressende Bakterien und Fungi keine Entdeckung sind, die gerade gemacht wurde, sondern fast schon so etwas wie eine Konstante in der Mikrobiologie … Die Überzeugung von Karl Raimund Popper, dass es kaum ein Problem geben wird, das mit wissenschaftlicher Forschung nicht gelöst werden kann, bewahrheitet sich wieder einmal.

Indes, das ist eine in Kreisen von Aktivisten, die vom Aktivistsein leben, nicht sonderlich beliebte Überzeugung…


Falls Sie unsere Arbeit unterstützen, und dafür sorgen wollen, dass bei ScienceFiles auch weiterhin das Rad rund läuft, dann kaufen Sie uns doch einen Kaffee:
Oder unterstützen Sie uns auf einem der folgenden Wege Unser herzlicher Dank ist Ihnen sicher! DENN: ScienceFiles lebt von Spenden. Helfen Sie uns, ScienceFiles auf eine solide finanzielle Basis zu stellen, damit Sie uns auch morgen noch lesen können!


Wir haben drei sichere Spendenmöglichkeiten:

Donorbox

Unterstützen Sie ScienceFiles


Unsere eigene ScienceFiles-Spendenfunktion

Zum Spenden einfach klicken

Unser Spendenkonto bei Halifax:

ScienceFiles Spendenkonto: HALIFAX (Konto-Inhaber: Michael Klein):

  • IBAN: GB15 HLFX 1100 3311 0902 67
  • BIC: HLFXGB21B24

Folgen Sie uns auf Telegram.


Anregungen, Hinweise, Kontakt? -> Redaktion @ Sciencefiles.org


Print Friendly, PDF & Email

Zur Quelle wechseln
Author: Michael Klein
Michael Klein

Teile den Beitrag mit Freunden
Werbung