Von Kai Rebmann
Die Koalition aus Union und SPD will den unabhängigen Journalismus in Deutschland stärken und die unter der Ampel massiv ausgebaute Förderung insbesondere linker NGOs und Medien stoppen. Zumindest soll nach außen hin dieser Eindruck erweckt werden. Denn ein Blick auf die Details offenbart, dass der Rotstift dabei nur sehr halbherzig angesetzt wird, die meisten der für den Steuerzahler bisher teuersten Förderprojekte laufen einfach weiter.
20 von 26 Projekten sollen fortan nicht mehr staatlich gefördert werden. Das berichtet die „Welt“ in einem Artikel, der es jedoch nicht bis vor die Bezahlschranke geschafft hat und daher nicht allgemein zugänglich ist. Eine Sprecherin des zuständigen Kulturstaatsministers Wolfram Weimer (CDU) erklärt demnach: „Die Unabhängigkeit der Medien lebt nicht nur von ihrer verfassungsrechtlichen Absicherung, sondern auch von einer bewusst gewahrten Distanz des Staates zum publizistischen Raum.“
Sowohl die „redaktionelle Einflussnahme“ als auch die „strukturelle Journalismusförderung“ stünden dem entgegen, wie es sinngemäß weiter heißt. Das Ziel der jetzt angekündigten, aber nur vermeintlichen Kurskorrektur sei deshalb „die hohe Achtung der Gewaltenteilung und eine transparente Kultur informationeller Integrität“, so die Sprecherin weiter.
Wenn Normalität zur Schlagzeile wird
Mit anderen Worten: Genau das, was jetzt als No-Go angeprangert wird und eigentlich selbstverständlich sein wollte, wurde aus Sicht der Union in den vergangenen Jahren seitens der Ampel-Regierung betrieben. Für Aufsehen sorgte im Frühjahr ein Katalog mit 551 Fragen, mit denen CDU und CSU von der kurz zuvor zerbrochenen Ampel Klarheit über unter Ex-Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) betriebene Klientelförderung linker NGOs und Medien forderten. Dies wiederum mündete in einem politischen Beben, an dem um ein Haar die Regierungsbildung der jetzt amtierenden schwarz-roten Koalition gescheitert wäre.
Jetzt sitzt die Union also selbst wieder am Ruder, sowohl im Kulturstaatsministerium als auch im Kanzleramt. Wird deshalb jetzt alles besser und vor allem transparenter? Leider nicht! Zwar läuft die unter den oben genannten Gesichtspunkten umstrittene Förderung für einen Großteil der bisher unterstützten Projekte aus, darunter solche, die zwar nett klingen, in denen oft aber genau das Gegenteil dessen geschieht, was dem Namen nach suggeriert wird. Als Beispiele seien Projekte wie „Stark für Vielfalt“ (Neue deutsche Medienmacher, 200.000 Euro), „Vertrauen durch Vielfalt“ (Deutsche Journalistenschule, 189.170 Euro) oder „Lokaljournalismus qualifizieren, Demokratie stärken“ (Correctiv, 198.500 Euro) genannt.
Zur Wahrheit gehört aber auch: bei 5 von 7 Projekte, deren Förderung noch im Jahr 2021 bewilligt wurde – und damit zu einer Zeit, als Schwarz-Rot ebenfalls regierte – fließt der Geldstrom aus dem Säckel des Steuerzahlers ungehindert weiter. Diese Projekte, darunter vier mit jeweils Millionen-Beträgen unterstützte, machen in Summe einen gewichtigen Anteil dessen aus, was bisher unter dem Deckmantel der „Journalismus-Förderung“ lief – und allen gegenteiligen Beteuerungen offenbar weiter laufen soll.
Mehr noch: ausgerechnet für die Förderung der sogenannten „Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen“ will die neue Bundesregierung sogar noch mehr Geld ausgeben als zuletzt die Ampel. Bezeichnend dabei ist, dass bis dato niemand sagen kann – oder nicht sagen will – in welche konkreten Projekte dieses Steuergeld fließen soll. Bereits für dieses Jahr will Schwarz-Rot für diesen Bereich insgesamt 700.000 Euro zur Verfügung stellen. Wie die „Welt“ erfahren haben will, soll dieser Betrag im kommenden Haushaltsjahr dann erstmals die Millionen-Marke überschreiten.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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