Auf manche wird die Diskussion um sichere Herkunftsstaaten den Reiz ausüben, den es für Betrachter hat, dem Trocknen von Wandfarbe beizuwohnen. Indes: Die Designation sicherer Herkunftsstaaten ist eines der wichtigsten Mittel, das Europäischen Staaten zur Verfügung steht, um sich gegen eine Invasion unter behaupteter Asylbefürftigkeit zu wehren.
Ist ein Staat als sicherer Herkunftsstaat deklariert, dann können Staaten, die ihre Grenzen schützen und Asylbewerber in einem beschleunigten Verfahren behandeln, wie dies Italien tut, schnell und für die eigenen Steuerzahler kostengünstig diejenigen als Asylbewerber zurückweisen, die keinerlei Aussicht auf Erfolg, weil sie aus einem sicheren Herkunftsland kommen, haben.
Zwei Bangladeschi, die von italienischen Behörden im Mittelmeer aufgefischt und nach Albanien verbracht wurden, ist es so ergangen. Italien hat Bangladesch durch einen legislativen Akt, der mit der Mehrheit der Abgeordneten im Italienischen Parlament beschlossen wurde, zum sicheren Herkunftsstaat erklärt und Anträge auf Asyl, wenn sie von Bangladeschi gestellt werden, zurückgewiesen. Auch der Antrag der beiden in Albanien zwischengelagerten Bangladeschi wurde zurückgewiesen. Sie haben vor dem zuständigen Bezirksgericht in Rom dagegen Berufung eingelegt, und die Richter haben die ganze Sache zum European Court of Justice (EUGH) in Luxembourg durchgereicht.
Und die dortigen Richte haben den Fall mit dem Aktenzeichen 103/2025 entschieden.
Beruhigend für uns alle ist es, dass die Richter sich daran erinnert haben, dass in einer Demokratie die nationalen Parlamente als GESETZGEBER fungieren und mithin die einzigen demokratisch legitimierten Gesetzgeber sind. Und so schreiben die Richter in einer von-oben-herab-Art, die den demokratischen Souverän, also uns Wähler, eigentlich auf die Palme bringen müsste, dass EU-Gesetze es nicht ausschließen, dass ein Nationalstaat eigene Gesetze erlässt, in denen er festlegt, welche Staaten als „sichere Herkunftsstaaten“ gelten sollen. Allerdings, so bereits die erste Einschränkung, müsse ein solches Gesetz die Quellen, auf deren Basis die Einstufung des betreffenden Landes basiere, offenlegen, um Gerichten und Betroffenen die Möglichkeit zu geben, auf gleicher Informationsbasis Berufung einzulegen und zu beurteilen.
„The Court answers that EU law does not preclude a Member State from designating a third country as a safe country of origin by means of a legislative act, provided that that designation can be subject to effective judicial review. That review must relate to compliance with the material conditions for such a designation set out in Annex I to the Directive, in particular where an action is brought against a decision rejecting an application for asylum under the accelerated procedure applicable to nationals of countries thus designated.“
Die angesprochenen Vorgaben, denen die Designation eines Staates als „sicheres Herkunftsland“ genügen muss, aus Annex 1 „der RICHTLINIE 2013/32/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung)“, lesen sich so:
Im Wesentlichen gelten nach diesen Richtlinien Staaten als sichere Herkunftsstaaten, deren Rechtsprechung und Rechtspraxis dem entspricht, was die EU in ihren Mitgliedsstaaten durchgesetzt hat, eine an Absurdität kaum zu übertreffende Regelung, eben eine EU-Regulation, die noch dadurch ergänzt wird, dass nationale Gesetzgeber gezwungen werden, alle Quellen, aus denen sie ihre Informationen bezogen haben, die dann letztlich in die Bewertung „sicherer Herkunftsstaat“ gemündet sind, genau offenlzulegen:
„The Court also points out that the sources of information on which such a designation is based must be sufficiently accessible, both for the applicant and for the court or tribunal having jurisdiction. That requirement is intended to ensure effective judicial protection, enabling the applicant to assert his or her rights effectively and the national court or tribunal to exercise its power of review fully.“
Schließlich kommt, was alles bislang Gesagte hinfällig zu machen scheint, denn die Richter, die gerade die legislative Autonomie eines Mitgliedsstaates der EU unter den Vorbehalt der richterlichen Prüfung gestellt haben, ganz so als wären Europäische Gerichte in irgend einer Weise und gegenüber Nationalen Parlamenten höher legitimiert, sind nun der Ansicht, dass „certain categories of persons“, denen offenkundig ein hervorgehobenes Schutzrecht zugewiesen wird, die entsprechend anderen Asylbewerbern übergeordnet werden, in gesonderter Bewertung daraufhin abzusichern sind, dass ihnen im Herkunftsland keinerlei Nachteile wegen bestimmter Charakteristika drohen, die in Europäischen Ländern offenkundig eine neue Form von Dreifaltigkeit begründet haben:
„Finally, the Court points out that, until the entry into force of a new regulation which will replace the directive currently applicable, a Member State may not designate as a ‘safe’ country of origin a third country which does not satisfy, for certain categories of persons, the material conditions for such a designation. The new regulation, which allows designations to be made with exceptions for such clearly identifiable categories of persons, will be applicable as from 12 June 2026, but it is open to the EU legislature to bring that date forward.“
Bei der angesprochenen Gesetzgebung der EU handelt es sich um „VERORDNUNG (EU) 2024/1348 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. Mai 2024 zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens für internationalen Schutz in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU“, die noch nicht in Kraft getreten ist und in der die Definition dessen, was als sicheres Herkunftsland gelten soll, im Wesentlichen zu einem Monopol der EU-Kommission gemacht wird,.
Wenngleich auch in dieser Verordnung und in Artikel 64 eine Erinnerung daran, dass die einzigen Parlamente, die demokratisch legitimiert und gesetzgebungsfähig sind, NATIONALE Paralemente sind, zu finden ist und Nationalen Parlamenten abermals das Recht eingeräumt wird, ihrerseits – natürlich in Einklang mit EU-Gesetzgebung und EU-Kommissions Prozedere – sichere Herkunftsländer zu bestimmen.
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Um wen es sich bei den im Urteil der Luxemburger Richter genannten „certain categories of people“ handelt, wird in Artikel 61 Satz 4 dieser Verordnung sehr deutlich:
„(4) Bei der Beurteilung gemäß Absatz 3 wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden geboten wird durch
a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;
b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der genannten Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;
c) das Fehlen von Ausweisungen, Abschiebungen oder Auslieferungen eigener Staatsbürger in einen Drittstaat, in dem für diese Person unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung bestünde oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in einen anderen Drittstaat bestünde;
Einst war das Asylrecht ein Recht, das politisch Verfolgte genossen haben. Leute wie Michael Ballweg, die von einem verfolgungswütigen Justiz in Baden-Württemberg dafür bestraft werden sollen, dass sie für diejenigen, die sich als politische Herren fühlen, nicht den Untermenschen gespielt haben.
Heute ist Asylrecht ein Catch-All-Recht, das vor allem für Leute bestimmt zu sein scheint, die einen Lebensstil, den sie gerne pflegen würden, in ihrem Herkunftsland nicht pflegen können. Dass damit ein Asylrecht zwangsläufig entwertet wird und in der Aufnahmegesellschaft ebenso zwangsläufig an Legitimation verlieren muss, ist offenbar weder den urteilenden Richtern noch denen klar, die denken, das wichtigste im Leben sei eine Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (also einer Gruppe, deren Mitglieder sich über ein bestimmtes Merkmal selbst zuordnen) oder die „sexuelle Ausrichtung“.
Es wirkt wie eine Travestie, wenn man sich die Gründe in Erinnerung ruft, die einst zur Flucht aus Deutschland und zum Asyl in u.a. den USA geführt haben …
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Author: Michael Klein
Michael Klein