Er sitzt da, rundumversorgt vom deutschen Sozial- und Gesundheitssystem wegen seiner Adipositas, also Fettleibigkeit (und wohl nicht nur wegen der), und sagt mit vollem Ernst: Es seien „zu wenige Tote“ gewesen beim Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. Er meint sechs Tote und Dutzende Verletzte – und findet: Da ginge noch mehr. Ein Mann, der sagt, er wolle Rache nehmen für seinen abgelehnten Asylantrag. Der in die Kamera ruft, er verstehe nicht, warum man ihn „Terrorist“ nenne, nur weil er „Deutsche mit dem Messer abschlachte“. Gesendet vom MDR – öffentlich-rechtlich, gebührenfinanziert, mit Triggerwarnung und ernster Miene.
Der Mann heißt Ahmad A., ein saudischer Staatsbürger, bekannt bei den Behörden, vernetzt mit dem Attentäter Taleb al-Abdulmohsen, der den Anschlag in Magdeburg verübte. Der hatte ihm 2016 bei seinem Asylantrag geholfen, erzählt A., man habe sich auf Twitter kennengelernt – der Islam sei das gemeinsame Thema gewesen. A. prahlt mit seiner Wut, seiner Opferrolle, seiner Gewaltbereitschaft. Was bleibe ihm denn auch anderes übrig, fragt er, als „Rache zu nehmen“, wenn man sich „so verfolgt fühlt – von Behörden, von der Gesellschaft“? Und während man als Zuschauer noch fassungslos versucht, all das zu verarbeiten, kommt der nächste Satz: „Kurz nach dem Interview tauchte Ahmad A. unter.“
Was nach einem schlechten Drehbuch klingt, ist 2025 deutsche Realität. Die Polizei wurde zwar von den MDR-Journalisten informiert – aber da war der Mann schon weg. Trotz seiner Aussagen, trotz seiner Radikalisierung, trotz der bekannten Verbindung zu einem Attentäter.
Einzelfall? Mitnichten. Der MDR zählt 561 sogenannte Gefährder mit islamistischem Hintergrund in Deutschland. Viele sind aktenkundig, manche auffällig geworden, etliche psychisch instabil. Und immer wieder dieselbe Refrain-Zeile aus dem Sicherheitsapparat: „Sie kündigten es an – aber niemand stoppte sie.“
Wer diese Worte noch erträgt, hat ein starkes Nervenkostüm oder resigniert längst. Schon bei Anis Amri klang es so. Schon bei den Tätern von Halle und Hamburg. Immer wieder „Einzelfälle“, die sich wie ein System anfühlen.
Noch erschütternder ist, wie wenig sich seitdem verändert hat. Der Bericht zeigt, wie die föderale Zersplitterung eine zentrale Terrorfahndung unmöglich macht. Wie jedes Bundesland seine eigene Gefährder-Definition pflegt. Wie eine bundesweite Analyseplattform scheitert – auch, weil die Software vom „falschen“ Anbieter kommt: Palantir, einem US-Konzern, der politisch nicht genehm ist. Konstantin von Notz von den Grünen erklärt das so: „Was, wenn morgen das Software-Update aus Washington nicht mehr kommt?“
Dann eben kein Update. Dann lieber gar nichts. Dann lieber weiterhin 16 Behörden, 16 Definitionen, 16 Sackgassen. Hauptsache unabhängig – auch von funktionierenden Lösungen.
Während sich die deutsche Innenpolitik in ideologischer Datenschutz-Lyrik ergeht, kündigen die nächsten Ahmad A.s bereits an, was sie vorhaben. Öffentlich. Unverhohlen. Und der Staat antwortet wie so oft: mit Überforderung, Betroffenheit und einem Kameraschwenk ins Leere.
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Bild: Screenshot ARD Mediathek
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