Die Nachricht wirkt wie ein schlechter Witz: Robert Habeck, bis vor kurzem Vizekanzler und einer der zentralen Architekten der deutschen Energie-, Wirtschafts- und Industriepolitik, zieht sich nach Dänemark zurück. Offiziell, um dort „für ein dänisches Unternehmen tätig zu sein“. Inoffiziell wirkt es wie das politische Pendant zum Betriebsunfall mit Fahrerflucht.
Denn was bleibt, ist kein Glanzstück. Sondern genau das Gegenteil. Unter Habeck wurden funktionierende Kraftwerke abgeschaltet, Strompreise in Rekordhöhen katapultiert, Unternehmen in die Flucht getrieben. Kein Wirtschaftsminister seit Bestehen der Bundesrepublik hat der deutschen Industrie in so kurzer Zeit so viel geschadet. Ganze Branchen stehen vor der Abwanderung, mittelständische Betriebe ächzen unter Bürokratie, Energiepreisen und ideologisch motivierter Förderpolitik. Und der Mann, der das alles mitzuverantworten hat? Der zieht weiter. Nach Norden. Macht rüber.
Der Begriff ist historisch aufgeladen. In der DDR stand „rübergemacht“ für die, die aus einem gescheiterten System flohen. Heute erleben wir die Verkehrung des Begriffs: Es sind nicht mehr die Opfer, die fliehen – sondern die Täter. Diejenigen, die den Schaden angerichtet haben, verlassen das sinkende Schiff, bevor jemand fragt, ob sie eigentlich zur Verantwortung gezogen werden müssten.
Dabei ist es nicht Habecks erster Tapetenwechsel. Schon vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass er als Gastprofessor an der US-Universität in Berkeley tätig wird. Gleichzeitig heuerte er als Moderator für eine Berliner Gesprächsreihe an – organisiert von der Bundesregierung, bezahlt aus Steuergeldern. Ein klassischer Fall von Versorgungsposten mit Wohlfühlgarantie.
Und jetzt also ein „Job in Dänemark“ im Visier. Der Ex-Minister, der die Sprache des Nachbarlandes fließend spricht, will am Dänischen Institut für Internationale Studien arbeiten. Noch sei kein Vertrag unterschrieben, wie Institutsdirektor Kristian Søby Kristensen laut NDR bestätigt, aber es gebe einen „engen und konstruktiven Austausch“. Diskutiert werde über einen Einjahresvertrag, bei dem Habeck im Idealfall zwei- bis dreimal pro Woche in Kopenhagen präsent sein müsste – im Bereich „Verteidigung und Sicherheit“. Die endgültige Entscheidung werde voraussichtlich in der ersten Augusthälfte fallen.
Was genau Habeck „im Bereich Verteidigung und Sicherheit“ tun wird, ist unklar. Aber wenigstens hat er dann nichts mehr mit Wirtschaft zu tun – von der er, seiner Amtsführung nach zu urteilen, wenig versteht. Und wenigstens wird er nicht Nachhaltigkeitsbeauftragter, Ethikberater für Windkraftprojekte oder Sonderbeauftragter für Gedöns. Wobei: Genaueres weiß man nicht. Wie so oft bei Habeck. Vor allem, wenn er spricht.
Seine Nach-Amt-Karriere fügt sich völlig in die neue politische Kultur: Wer sein Amt aufgibt, fällt nicht nur weich – das war auch früher schon so – sondern fällt oft noch hoch. Wer scheitert, wird belohnt. Wer Verantwortung trägt und versemmelt, trägt sie – und sein Scheitern – nie allein, sondern wird von der eigenen Blase abgefedert, verklärt, ins Ausland exportiert. Habeck ist kein Einzelfall. Er ist ein Symbol. Für eine Generation von Politikern, die lieber große Erzählungen verkaufen als reale Ergebnisse. Die Wirklichkeit ist ihnen dabei stets nur Kulisse – und wenn sie einstürzt, reisen sie weiter.
Man kann das Realitätsflucht nennen. Oder postnationale Dekadenz. Man kann aber auch einfach fragen: Wie kann es sein, dass der Mann, der mit seiner Energiepolitik Milliardenverluste, Versorgungslücken und Industrieschwund mitverantwortet hat, nun ins Ausland geht – ohne jede politische oder moralische Konsequenz?
Vielleicht liegt die Antwort im politischen Selbstverständnis dieser neuen Klasse. Sie lebt nicht mehr in nationalen Kategorien, sondern in Konferenzen, Panels und Projekten. Sie fühlt sich nicht mehr dem Land verpflichtet, das sie regiert hat – sondern der Weltrettung. Und wenn die Realität nicht mitspielt, ist das nicht das Problem des Politikers. Sondern das des Landes.
So wird aus einem politischen Debakel eine Art Karrierevorteil. Aus dem Gescheiterten ein international einsetzbarer „Transformationsgestalter“. Aus dem Rücktritt ein Neustart. Und aus dem Staatsversagen eine Dienstreise.
Der Unterschied zur DDR liegt nur noch in der Richtung der Flucht. Damals flohen Menschen vor einem ideologisch gesteuerten Staatsapparat. Heute fliehen dessen Architekten – vor der Verantwortung. Und sie werden dafür noch gefeiert.
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