• 9. Juli 2025

Wie die Faust aufs Auge: Brosius-Gersdorf ist die perfekte Partnerin der Merz-CDU

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Juli 9, 2025
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Wozu eigentlich das große Geschrei – insbesondere auch aus CDU-Kreisen – zur Nominierung der Potsdamer Staatsrechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf als Verfassungsrichterin durch den Koalitionspartner SPD? Gleich drei Stellen müssen am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe neu besetzt werden. Die 16 Verfassungsrichterinnen und -richter in Karlsruhe sind nur auf Zeit gewählt. Ihre Amtszeit beträgt höchstens zwölf Jahre. Außerdem gibt es eine Altersgrenze von 68 Jahren.

Anwalt und Bestsellerautor Joachim Steinhöfel sprach heute im Frühstücksfernsehen bei „Nius“ davon, ihm sei es über diese Personalie richtig schlecht gegangen, nur ein Termin gemeinsam mit „Nius“-Chef Julian Reichelt bei einem CDU-Treffen inklusive Bundeskanzler habe ihn wieder aufmuntern können, weil der Zuspruch für „Nius“ samt Schulterklopfen so groß gewesen sei.

Aber was für eine weitere Verklärung der CDU soll das sein, die sich hier an Brosius-Gersdorf entlanghangelt? Die Hilflosigkeit und Pseudoempörung aus Unionskreisen gegenüber der Entscheidung der SPD für Brosius-Gersdorf zeigt doch auf den Punkt, was die Union tatsächlich wert ist.

Wer sich permanent gegen die AfD abgrenzt, wer Brandmauern setzt und aufrechterhält, auf Teufel komm raus, der soll sich bitte nicht über eine angeblich zu linke zukünftige Bundesverfassungsrichterin aufregen. Die Entscheidung für eine Koalition mit der SPD war auch eine etwa für die Politik von Nancy Faeser, für ein „Weiter so“ in vielen Politikbereichen bis hin zur Förderung linksradikaler NGOs mit hunderten von Millionen Euro via „Demokratie leben!“, die nicht gestoppt wurde.

Die Entscheidung für Frauke Brosius-Gersdorf ist aus dem Unionsblickwinkel absolut folgerichtig, sie zeigt sogar auf besonders anschauliche Weise, was von dieser CDU tatsächlich zu halten ist. Von einer Partei, die dem Bürger suggeriert, sie stoppe den Familiennachzug für illegale Zuwanderer, hat das aber nur für eine kleine Gruppe der subsidiär Geschützten angedacht.

CDU/CSU haben sich bis heute nicht von der Merkel-Politik distanziert. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte im Wahlkampf sogar noch versucht, Angela Merkel für eine Wahlkampagne zu gewinnen, allerdings erfolglos.

Frauke Brosius-Gersdorf ist genau die richtige Kandidatin für diese Merz-CDU. Schauen wir kurz, wofür die Juristin überhaupt kritisiert wird. Denn nichts davon ist wirklich neu oder spektakulär links oder linksradikal. Jede Haltung und Positionierung von Frau Brosius-Gersdorf ist koalitionskompatibel.

Deswegen hat die SPD diesen Vorschlag auch nicht zurückgezogen, wie es sonst üblich wäre – bei der Wahl wird traditionell immer der größte gemeinsame Nenner angestrebt. Und die SPD wollte nur eines nicht: Das Spielchen der CDU/CSU mitmachen und dem Wähler suggerieren, die Union sei doch irgendwo konservativ eingestellt.

Frauke Brosius-Gersdorf war Mitglied einer von der Scholz-Regierung eingesetzten Kommission zur Reform des Abtreibungsrechts. In diesem Zusammenhang vertrat sie die Ansicht, dass Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen grundrechtskonform und straffrei sein sollten und die Menschenwürde erst ab der Geburt vollständig gelte.

Lassen wir die Menschenwürde-Position außen vor, dann sind Schwangerschaftsabbrüche auch heute schon in den ersten zwölf Wochen möglich, wenn sich Frauen zuvor beraten lassen und der Abbruch von einem Arzt durchgeführt wird.

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Brosius-Gersdorf will hier vor allem eines: Die Grauzone auflösen und dieses unwürdige Prozedere Ein für alle Mal beenden, dass Frauen zu einer Schwangerschaftskonfliktberatung bei einer staatlich anerkannten Beratungsstelle gehen müssen, die den Beratungsschein auf jeden Fall ausstellen müssen, wenn die Betroffene vorstellig geworden ist. Die Ausstellung des Beratungsscheins für eine Schwangerschaftskonfliktberatung darf nicht abgelehnt werden, wenn die Beratung nach § 219 StGB in Anspruch genommen wird.

Frau Brosius-Gersdorf wollte offenbar etwas Licht in diese Grauzone bringen. Daran ist nichts verkehrt, unabhängig davon, wie man sich grundsätzlich gegenüber Schwangerschaftsabbrüchen positioniert. Noch haben wir hier keine amerikanischen Verhältnisse, wo sowieso schon in schweren Gewissenskonflikten steckende Frauen vielfach einen Spießrutenlauf vor den Kliniken machen müssen oder sich, wie etwa in England, von fanatischen Christen gängeln oder beschimpfen lassen müssen.

Problematischer ist die Frage, wann die Menschenwürde beginnt. Denn diese Frage berührt elementar die Grundrechte. Aber auch hier ist die Position von Frau Brosius-Gersdorf stringent, wenn sie die Grauzone rund um die zwölf Wochen Schwangerschaftsabbruch durchbrechen will. Warum sie, wie behauptet wird, diese Menschenrechte erst ab Geburt gelten lässt und nicht ab der 13. Woche, müsste man entlang ihrer Argumente näher ergründen.

Des Weiteren wird der Juristin vorgehalten, sie unterstütze ein Verbotsverfahren gegen die AfD als „ein starkes Signal für die wehrhafte Demokratie“. Das allerdings wird auch von so prominenten CDU-Politikern wie Roderich Kiesewetter unterstützt. Friedrich Merz ist namentlich der Konstrukteur der Brandmauer gegen die AfD, was einem Verbot mit anderen Mitteln gleichkommt, er ist lediglich zu feige seinen konservativen Wählern gegenüber, hier eine klarere Position einzunehmen, wenn er auch in Sachen Verbotsverfahren gewohnheitsmäßig herumeiert.

Welche weiteren Positionen vertritt Brosius-Gersdorf, für die sie kritisiert wurde? So hatte sie sich während des Corona-Regimes für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen und argumentiert, diese sei verfassungsrechtlich zulässig. In einem Gutachten von 2021, das sie mit ihrem Mann Hubertus Gersdorf verfasste, schlug sie sogar vor, Impfverweigerern die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu streichen.

Ein klassischer Unionsstandpunkt damals. Friedrich Merz und Alexander Dobrindt hatten sich 2022 eine Art Impfzwang light („Impfvorsorgegesetz“) ausgedacht, dem – bis auf sieben Abgeordnete – alle Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU zugestimmt hatten.

Was steht weiter auf dem Wunschzettel der Umstrittenen? Brosius-Gersdorf soll sich für eine gendergerechte Umformulierung des Grundgesetzes und für Frauenquoten im Wahlrecht ausgesprochen haben. Und sie kritisierte zudem Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, etwa zum Kopftuchverbot. Lappalien, möchte man ausrufen. Auch hier keinerlei unüberbrückbare Positionen mit Blick auf CDU/CSU.

Wer entlang dieser Positionen von einer Aushöhlung des Prinzips der Gewaltenteilung redet, der weiß offenbar nicht, wovon er redet oder der will diese durchsichtige Kampagne der CDU unterstützen, die sich ein bisschen ziert, ein bisschen windet, um am Ende selbstverständlich mit dem Vorschlag der SPD eins zu sein.

Zusammengefasst kann man sagen, es gibt keinerlei ernsthaften Dissens in den Positionen der CDU/CSU mit jenen von Frauke Brosius-Gersdorf. Wer etwas anderes suggeriert, der geht der Union auf den Leim. Wer die Personalie Brosius-Gersdorf kritisiert, der muss folgerichtig auch grundsätzlich das Konstrukt der schwarz-roten Regierungskoalition kritisieren, alles andere wäre bigott. Nicht nur die SPD – auch die Union bekommt hier genau das, was ihrer Grundhaltung entspricht.

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Author:
Alexander Wallasch

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