• 20. Mai 2025

Zwischen Häresie und Erkenntnis: Prähistorische Ölwirtschaft

Die Archäologie – samt verwandter Disziplinen wie Ägyptologie oder Ur- und Frühgeschichte – sieht sich seit etwa drei Jahrzehnten sogenannter alternativer Archäologie gegenüber, d.h. der Diskussion archäologischer Fragestellungen durch Personen, die nicht selbst Archäologen sind, also Archäologie studiert haben oder als Archäologe arbeiten, sondern anderen Fachbereichen angehören und ihr Wissen aus diesen Fachbereichen auf die Archäologie oder allgemein gesprochen: auf die Erforschung der Menschheitsgeschichte anwenden haben.

Zunächst von der großen Mehrheit institutionalsierter Archäologen ignoriert, verlacht und später: bekämpft, habe sich einige Archäologen den Ideen und Argumenten der fachfremden Experten geöffnet, und solche, die dies nicht oder nicht offen getan haben, haben sich daran gewöhnt, mit solchen Ideen und Argumenten leben zu müssen und irgendwie mit ihnen umzugehen.

Bekannte Beispiele für fachfremde Personen, die ihre Kenntnisse und Erfahrungen in die Archäologie eingebracht haben, sind der U.S.-amerikanische Geologe Robert Schoch, der aufgrund der Erosionsmuster, die er am Kalksteinkörper der Sphinx selbst und an den Wänden der ihn umgebenden Einfassung beobachtet hat, in seinem Artikel mit dem Titel „Redating the Sphinx“, der im Jahr 1992 in „KMT, A Modern Journal of Ancient Egypt“ (Band 3, Nummer 2) erschienen ist, dafür argumentiert, dass die Sphinx deutlich älter sein muss als sie von insitutionalisierten Ägyptologen gewöhnlich veranschlagt wird.

Und der britische Maschinist, Werkzeugmacher, Programmierer, Projektingenieur, Laser-Operations-Manager und Personaldirektor Christopher Dunn, der mit seinem Buch aus dem Jahr 1998 „The Giza Power Plant: Technologies of Ancient Egypt“, d.h. „Das Kraftwerk von Gizeh: Technologien des alten Ägyptens“, einer breiten Öffentlichkeit vor allem dafür bekannt geworden ist, dass er der insitutionalisierten Ägyptologie verbreiteten These, die Gizeh-Pyramiden seien Grabmäler für Pharaonen bzw. als Grabmäler für Pharaonen entworfen und erbaut worden – eine These, die übrigens durch keinerlei belastbare Argumente gestützt wird – mit einem alternativen, eigenen Entwurf von der Funktion der Gizeh-Pyramiden entgegentritt.

Wenn man die Auseinandersetzungen zwischen institutionalisierten Ärchäologen und ihren Kritikern und Ideengebern „von außen“, die weithin publiziert und deshalb sehr bekannt und oft erheblich emotional aufgeladen sind, verfolgt, dann entsteht leicht der Eindruck, dass hier eine mehr oder weniger unauflösliche Frontstellung bestehe, die in der Bezeichnung „alternative Archäologie“ (bzw. „alternative Geschichte“) zum Ausdruck kommt. Aber tatsächlich erbringen viele Nicht-Archäologen seit vielen Jahrzehnten wertvolle Leistungen für die institutionalisierte Archäologie, indem sie ihre Sachkenntnis auf archäologische Fragestellungen in Bereichen anwenden, die von institutionalisierten Archäologen oft vernachlässigt werden, weil sie durch ihre Ausbildung einfach nicht zur Bearbeitung dieser Bereiche in ausreichender Weise befähigt sind oder die Analyse archäologischen Materials den Einsatz von Technologien erfordert, auf die Archäologen normalerweise keinen Zugriff haben oder sie nicht bedienen können.

Kooperation zwischen institutionalisierten Archäologen und Fachfremden oder eine ergänzende Arbeitsteilung zwischen ihnen ist also eine Normalität, und normalerweise werden die Ergebnisse, zu denen die Fachfremden jeweils hinsichtlich bestimmten archäologischen Materials kommen, von insitutionalisierten Archäologen akzeptiert, oder, falls nicht uneingeschränkt akzeptiert, so doch zumindest nicht als „alternativ“ – und damit gewöhnlich: als latent feindlich oder bedrohlich – angesehen oder bezeichnet.

Einer der Bereiche, für die institutionalisierte Archäologen gewöhnlich nur mangelhaft qualifiziert sind, ist der Bereich der Technologie und Ergologie, d.h. der Arbeits- und Gerätekunde, und – in Verbindung damit – der Bereich der Wirtschaft inklusive des Handels mit Rohstoffen oder Zwischenprodukten. Und ein Beispiel dafür, was Fachfremde (u.a.) in diesem Bereich für die Archäologie leisten, bietet die Nutzung von Bitumen durch unsere Vorfahren:

Sie dürfte in einer breiteren Öffentlichkeit – zumindest auf den Britischen Inseln – erst vor knapp einer Dekade bekannt geworden sein, als Forscher vom Britischen Museum in London feststellten, dass das reiche frühmittelalterliche Grab von Sutton Hoo in Suffolk, England, (das bereits im Jahr 1939 ausgegraben wurde), Bitumen enthielt (Burger et al. 2016). Diese Forscher hatten die schwarzen, organischen Klumpen, die zuvor (u.a.) für sogenannten Stockhom-Teer gehalten wurden, einer neuerlichen Analyse mittels aktuellen Analyseverfahren unterzogen und dabei festgestellt, dass es sich um Bitumen und eben nicht um Stockholm-Teer handelte, das von den Wikingern als Nebenprodukt der Holzkohleherstellung gewonnen und als Holzschutz- und Imprägnierungsmittel, besonders beim Haus- und Schiffsbau, aber auch zu medizinischen Zwecken verwendet wurde.

Bei Bitumen handelt es sich um natürlichen Erdölteer, der in flüssiger und in fester Form vorkommt. Obwohl es auf den Britischen Inseln Bitumenvorkommen u.a. in Pitchford (Shropshire), Windy Knoll (Derbyshire), Great Orme’s Head (Gwynedd, Wales), South Crofty (Cornwall), Thurso (Caithness) und Mupe Bay (Dorset) gibt (Burger et al. 2016: S. 5 von 19), sind archäologische Funde, die die Verwendung von Bitumen auf den Britischen Inseln belegen würde, sehr selten:

Natural Bitumen, by Daniel TzviOwn work, Public Domain

„Despite the widespread occurrence of accessible seeps and outcrops within the British Isles, archaeological finds of bitumen in Britain are rare: two Roman cinerary urns (from Sussex and Kent) have been described as bitumen coated [51] but the only analytically confirmed bitumen is on an Iron Age sword from Yorkshire [52]. Whether these rare examples derive from the native sources or are indicative of importation from afar is unknown … “ (Burger et al. 2016: S. 13 von 19).

D.h.

„Trotz des weit verbreiteten Auftretens von zugänglichen Bitumen-Quellen und – Aufschlüssen auf den Britischen Inseln sind archäologische Funde von Bitumen in Großbritannien selten: zwei römische Aschen-Urnen (aus Sussex und Kent) wurden als mit Bitumen beschichtet beschrieben, aber das einzige analytisch bestätigte Bitumen befindet sich auf einem eisenzeitlichen Schwert aus Yorkshire … Es ist nicht bekannt, ob diese seltenen Beispiele aus einheimischen Quellen stammen oder ob sie auf eine Einfuhr aus der Ferne hindeuten … „(Burger et al. 2016: S. 13 von 19).

Auch das Bitumen, das im Grab von Sutton Hoo gefunden wurde, war kein heimisches Bitumen. Die Analyse der molekularen und isotopischen Struktur der im Grab gefundenen Bitumen-Klumpen ergab, dass das Bitum aus dem Nahen Osten stammte und von dort importiert worden sein musste. Vielleicht legt das Bitumen, das im Grab von Sutton Hoo gefunden wurde, vor diesem Hintergrund weniger Zeugnis von Bitumen-Verwendung auf den Britischen Inseln zu der Zeit, aus dem das Grab stammt, nämlich aus dem 7. Jahrhundert n. Chr., ab, sondern ist als ein Luxus-Importgut anzusehen, das vom hohen Status der hier Begrabenen zeugt:

„The novelty of bitumen in the region could be a factor behind its appearance at Sutton Hoo. From its location on the eastern seaboard the East Anglian kingdom faced east across the North Sea to engage more closely with continental Europe and Mediterranean contacts beyond than with the western British Isles where native bitumen is most accessible … The Levantine bitumen source accords with the more distant provenance of other objects in the burial assemblage … Among these are Levantine textiles, a ‘Coptic’ bowl and Imperial table silver from Byzantium …“ (Burger et al. 2016: S. 13 von 19).

D.h.

„Die Neuheit von Bitumen in der Region könnte ein Faktor hinter seinem Auftreten bei Sutton Hoo sein. Von seiner Lage an der Ostküste blickt das East Anglian-Königreich nach Osten über die Nordsee, um eine engere Zusammenarbeit mit kontinentalen europäischen und mediterranen Kontakten jenseits der westlichen britischen Inseln statt mit den Westbritischen Inseln, wo einheimisches Bitumen am besten zugänglich ist, zu ermöglichen … Die levantinische Bitumenquelle [aus der die Bitumen-Klumpen von Sutton Hoo stammen] stimmt mit der entfernteren Herkunft anderer Objekte in der Grabzusammenstellung überein … Dazu gehören levantinische Textilien, eine ‚koptische‘ Schale und kaiserliches Tischsilber aus Byzanz …“ (Burger et al. 2016: S. 13 von 19).

Daher ist es unwahrscheinlich, dass das Bitumen im Grab von Sutton Hoo – trotz seiner Eignung als Abdichtstoff und Kleber – einen Gebrauchswert hatte; vielmehr hat es wahrscheinlich einen hohen Rang in der sozialen Hierarchie angezeigt.

Anders als auf den Britischen Inseln war die Verwendung von Bitumen im Nahen und Mittleren Osten weit verbreitet, und zwar bereits Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung (d.h. vor Christus). M.W. stammt der älteste archäologische Fund, der die Verwendung von Bitum belegt, aus der syrischen Wüste, in der ein mit bitumenbeschichtete Einsätze in Feuersteingeräten gefunden wurden, die auf ca. 40.000 v. Chr. datiert wurden:

„This discovery at least proves that bitumen was used by Neanderthal populations as hafting material to fix handles to their flint tools“ (Connan 1999: 33),

d.h.

„[d]iese Entdeckung beweist zumindest, dass Bitumen von Neandertalern als Schäftungsmaterial verwendet wurde, um Griffe an ihren Feuersteinwerkzeugen zu befestigen“ (Connan 1999: 33).

mumie – Store norske leksikon
Mumie von Ramses II, Wolfman12405 . CC BY SA 4.0

Dieses Zitat stammt von Jacques Connan, der ein Pioneer bei der Erforschung von Gewinnung, Behandlung und Gebrauch von Bitumen im Nahen und Mittleren Osten in der Frühgeschichte und Antike gewesen ist. Connan ist ein französischer Geochemiker, der an der Universität von Strasbourg tätig ist und außerdem – in seiner Eigenschaft als Geochemiker – für das McDonald Institute for Archeological Research in England gearbeitet hat. Seine Arbeit auf diesem Gebiet beschränkt sich nicht auf seine Analysen von archäologischen Funden auf Bitumen-Gehalt oder die Herkunft von archäologischen Bitumen-Funden – wie z.B. in Tell Brak, einer antiken Stadt im Nordosten von Syrien (s. Connan 2018;). Darüber hinaus hat seine Arbeit u.a. ermöglicht, Handelsrouten und deren Veränderung zu identifizieren (s. z.B. Connan & Van de Velde 2010: ) und die schwarze Farbe, die auf ägyptischen Mumien zu finden ist, als Rückstände bitumenhaltiger Einbalsamierungsflüssigkeit zu identifizieren (Connan & Dessort 1989; 1991).

Connan hat sich auch ausführlich der Herstellung von künstlichen Steinen, die aus Bitumen und einer Beimischung von mineralischen oder organischen Stoffen bestehen und in der Frühgeschichte verwendet wurden, gewidmet. Schwartz und Hollander fassen den Herstellungsprozess, wie Connan ihn (in Connan 1996) berichtet wie folgt zusammen:

„The raw bitumen was first brought up to melting temperature (160° C maximum) and then mixed with mineral and plant fibers … These mixtures were then poured into casts and annealed at higher temperatures (250° C) to produce blocks that could be shaped like stone“ (Schwartz & Hollander 2001: 87-88),

d.h.

„[d]as rohe Bitumen wurde zuerst auf Schmelztemperatur gebracht (maximal 160° C) und dann mit mineralischen und pflanzlichen Fasern gemischt … Diese Gemische wurden dann in Abgüsse gegossen und bei höheren Temperaturen (250° C) [weiter] wärmebehandelt, um Blöcke zu erzeugen, die wie Stein geformt werden konnten“ (Schwartz & Hollander 2001: 87-88).

Solche künstlichen Steine wurden z.B. in Tell Lashkir, einer Siedlung im Irak aus dem vierten bis zweiten Jahrtausend v. Chr., zum Bau verwendet (Breu et al. 2022), und in Susa, einer frühgeschichtlichen Stadt im Iran, die seit dem späten 5. Jahrtausend v. Chr. existierte, wurde Bitumen nicht nur yum Gebäudebau verwendet; sort wurden auch Skulpturen aus ihnen gefertigt (Connan 1999; Connan & Deschesne 1996).

Cup with bull protome, made of bitumen. Found in Susa V, dated Simashki Dynasty ( neo-sumerian period, 2000-1940 BCE ), by R. de Mecquenem, between 1929 and 1933. Displayed in the Louvre Museum, Oriental Antiquities, room 9, Inventory number Sb 2738. Public Domain

Schwarz und Hollander, am Department of Anthropology der Northwestern University bzw. am College for Marine Sciences an der University of South Florida beschäftigt, und damit beide ebenfalls nicht Archäologen „von Haus aus“, geben – auf der Basis der Arbeit anderer Nicht-Archäologen – einen spannenden Einblick in die technologischen Schwierigkeiten der Nutzer von Bitumen in der Frühgeschichte in diesem Zusammenhang – und in deren Lösungen dieser Schwierigkeiten:

„Mesopotamia is notoriously poor in timber and the melting temperature of bitumen would have been an important consideration for the local population … To compensate for the lack of sufficient fuel for heating and reheating of bitumen, Mesopotamians manipulated bitumen and bitumen mastics to lower their melting points. Any mixture of bitumen with mineral elements (clays, sand, lime, crushed pottery debris, ash, gypsum etc.) and organic elements (chopped straw, reeds, papyrus, etc.) is technically referred to as bitumen mastic … Modern-day bitumen mastics usually require 12% to 16% bitumen to obtain a melting point of 180° to 200° C, but the ancient Mesopotamians generally exceeded this minimum requirement of bitumen … enabling them to pour the mixture at much lower temperatures. The addition of fibrous material (chaff) or sand had the same effect. The appearance of intact chaff particles in ancient bitumen objects clearly demonstrates this. Temperatures over 180° C would have charred these inclusions so the maximum temperature that this mixture was used at was approximately 120-160 C“ (Schwartz & Hollander 2001: 87).

D.h.

„Mesopotamien ist bekanntermaßen arm an Holz, und die Schmelztemperatur von Bitumen wäre ein wichtiger Faktor für die lokale Bevölkerung gewesen … Um den Mangel an ausreichendem Brennstoff für die Erwärmung und die Wiedererwärmung von Bitumen zu kompensieren, manipulierten die Mesopotamianer Bitumen und Bitumenmastix, um ihre Schmelzpunkte zu senken. Jede Mischung aus Bitumen mit mineralischen Elementen (Ton, Sand, Kalk, zerkleinerten Keramiktrümmern, Asche, Gips usw.) und organischen Elementen (geschnittenes Stroh, Schilfrohre, Papyrus usw.) wird technisch als Bitumenmastix bezeichnet … Die heutigen Bitumenmastiken benötigen normalerweise 12% bis 16% Bitumen, um einen Schmelzpunkt von 180° bis 200° C zu erreichen, aber die alten Mesopotamianer übertrafen im Allgemeinen diesen Mindestbedarf von Bitumen … so dass sie die Mischung bei viel niedrigeren Temperaturen gießen konnten. Die Zugabe von Fasermaterial (Spreu) oder Sand hatte den gleichen Effekt. Das Auftreten von intakten Spreu-Partikeln in alten Bitumenobjekten zeigt dies deutlich. Temperaturen über 180° C hätten diese Einschlüsse verkohlt, so dass die maximale Temperatur, bei der dieses Gemisch verwendet wurde, etwa 120°-160° C betragen haben muss“ (Schwartz & Hollander 2001: 87).

Dieselben Autoren halten fest:

„Archaeologists who work in areas outside of the Near East are often unaware of the extent of research devoted to the study of ancient bitumen (petroleum tar) artifacts, driven by the abundance of bitumen in the Near East and the diverse and important applications to ancient people. An example of the pervasiveness of bitumen use in the Near East is the word „mummy“ which comes from an Arabic word for bitumen, mumija, used to describe the scrapings from mummy linen sold as drugs in the Medieval Egyptian trade“ (Schwartz & Hollander 2001: 83).

D.h.

„Archäologen, die in Gebieten außerhalb des Nahen Ostens arbeiten, sind sich oft nicht des Ausmaßes der Forschung bewusst, die dem Studium von antiken Bitumen- (Erdölteer-) Artefakten gewidmet ist, getrieben durch die Fülle von Bitumen im Nahen Osten und die vielfältigen und wichtigen Anwendungen durch frühgeschichtliche Menschen. Ein Beispiel für die weitverbreitete Verwendung von Bitumen im Nahen Osten ist das Wort „Mumie“, das von einem arabischen Wort für Bitumen stammt, mumija, das verwendet wird, um Abschabungen von Mumien-Leinen zu beschreiben, die als Droge im mittelalterlichen ägyptischen Handel verkauft wurden“ (Schwartz & Hollander 2001: 83)

Und vermutlich sind viele andere Hypothesen, Untersuchungen oder Befunde mit Bezug auf Technologie und Ergologie nur solchen Archäologen bekannt, die in Gebieten arbeiten, für die die jeweiligen Hypothesen, Untersuchungen oder Befunde relevant sind – bestenfalls. Anscheinend ist es auch nicht so, dass Archäologen Hypothesen, Untersuchungen und die Produktion von Befunden von Nicht-Archäologen routinemäßig nachfragen würden, vielleicht, weil man von der Existenz von Rohstoffen und Technologien wissen muss, um überhaupt diesbezügliche Fragen stellen zu können bzw. diesbezügliche Interessen zu entwickeln.

File:Sutton Hoo helmet 2016.JPG
Sutton Hoo Helmet; Public Domain

Jede Gruppe von Menschen, jede Gesellschaft lebt aber zu jeder Zeit auf einer konkreten, materiellen Existenzgrundlage, und man sollte meinen, dass diese zu erforschen, ein Grundanliegen und ein integraler Bestandteil von Archäologen sei. Und unter ihnen sind sicherlich solche, für die das zutrifft. Aber es scheint, dass dies nicht die Mehrheit der Archäologen ist. Aber selbst dann, wenn viele Archäologen dieses Anliegen haben sollten, so könnten sie es aufgrund verwaltungstechnischer Verfahren und Beschränkungen wahrscheinlich oft nicht verfolgen.

So muss man sich z.B. fragen, warum die Entnahme von Proben von den Wänden aus der Cheops-Pyramide, die für manche Ingenieure wie von chemischen Reaktionen beschädigt aussehen, nicht möglich ist oder nicht erlaubt wird. Was macht dieses Anliegen so anders als die Analyse der molekularen und isotopischen Struktur der im Grab von Sutton Hoo gefundenen Bitumen-Klumpen? Warum sind Hypothesen von und deren Überprüfung durch Nicht-Archäologen in manchen Bereichen eine Normalität, in anderen aber fast schon Häresie? Welche Faktoren hier auch immer eine Rolle spielen mögen, niemand kann sich darüber wundern, wenn – in Abwesenheit anderer plausibler Begründungen – Theorien über Verschwörungen die Runde machen. Es ist nun einmal nicht nachvollziehbar, warum die Archäologie aufgrund ihres breiten Forschungsgebietes, das, ebenso wie die Anthropologie, alle Aspekte menschlichen Lebens umfasst (oder umfassen müsste), nicht prinzipiell und habituell die Zusammenarbeit mit Sachkundigen aus anderen Disziplinen oder Arbeitsbereichen nicht nur akzeptieren, sondern sie suchen sollte.


Literatur

Breu, Adrià, Rosell-Melé, Antoni, Molist, Miquel, & Bach-Gómez, Anna, 2022: Bayesian Mixing Models as Tools to Explore Bronze Age Bitumen Trade from Tell Lashkir (Erbil, Iraq). Journal of Archaeological Science 145: 105643

Burger, Pauline, Stacey, Rebecca J., Bowden, Stephen A., et al., 2016: Identification, Geochemical Characterisation and Significance of Bitumen among the Grave Goods of the 7th Century Mound 1 Ship-Burial at Sutton Hoo (Suffolk, UK). PLoS One 11(12): e0166276

Connan, Jacques, 2018: The Bitumen of Tell Brak from the Middle Uruk (c. 3500 BC) to Late Bronze Age (c. 1289 BC): Origin and Trade Routes. Journal of Historical Archaeology & Anthropological Sciences 3(6): 756-769

Connan, Jacques, 1999: Use and Trade of Bitumen in Antiquity and Prehistory: Molecular Archaeology Reveals Secrets of Past Civilizations. Philosophical Transactions of the Royal Society of London, Series B, 354(1370): 33-50

Connan, Jacques, & Deschesne, Odile, 1996: Le Bitume à Suse. Collections du Musée du Louvre. Paris: Editions de la Réunion des Musées Nationaux

Connan, Jacques, & Dessort, Daniel, 1991: Du Bitume dans des Baumes de Momies Ègyptiennes (1295 av. J.-C.- 300 ap. J.-C.): Détermination de son Origine et Evaluation de sa Quantité. Comptes Rendus l’Académie des Sciences, Série 2, Mécanique, Physique, Chimie, Sciences de l’Univers, Sciences de la Terre 312(12): 1445–1452

Connan, Jacques, & Dessort, Daniel, 1989: Du Bitume de la Mer Morte dans les Baumes d’une Momie Égyptienne: Identification par Critéres Moléculaires. Comptes Rendus l’Académie des Sciences, Série 2, Mécanique, Physique, Chimie, Sciences de l’Univers, Sciences de la Terre 309 (17): 1665-1672.

Connan, Jacques, & Van de Velde, Thomas, 2010: An Overview of Bitumen Trade in the Near East from the Neolithic (c.8000 BC) to the Early Islamic Period. Arabian Archaeology and Epigraphy 21(1): 1-19

Schwartz, Mark, & Hollander, David J., 2001: Annealing, Distilling, Reheating and Recycling: Bitumen Processing in the Ancient Near East. Paléorient 26(2): 83-91

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Author: Dr. habil. Heike Diefenbach
Michael Klein

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