• 10. Mai 2025

Erwiderung auf eine Kritik an Dobrindts neuen Grenzkontrollen

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Mai 10, 2025
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Der fraktions- und parteilose EU-Abgeordnete Dr. Friedrich Pürner (früher BSW) hat heute bei Tichys Einblick die „Pseudo-Politik“ des neuen Bundesinnenministers Alexander Dobrindt (CSU) scharf kritisiert und im selben Atemzug eine Liebeserklärung an den Schengenraum ausgesprochen.

Nun ist Schengen – sprich die Aufhebung der EU-Binnengrenzen – seit zehn Jahren und seit Beginn der großen illegalen Massenzuwanderung immer wieder als Argument vorgetragen worden, eben kein Grenzregime zur Begrenzung dieser Massenzuwanderung einzuführen. Kaum eine Argumentation hat sich mehr abgenutzt. Und kaum eine Argumentation hat Deutschland mehr geschadet.

Zunächst einmal geht’s Dr. Pürner offenbar um die private Heimreise des EU-Abgeordneten Pürner, die sich in der Dauer wegen der überraschenden Dobrindt-Grenzkontrollen laut Navi-Auskunft verdreifacht habe. Das ist sicher individuell ärgerlich. Aber im Prinzip auch nicht ärgerlicher, als der Stau bei Aldi am Kassenband, wenn morgens ab etwa Neundreißig die Einkaufstunde der Rentner beginnt.

Und sollte man Staus nicht wohlwollend in Kauf nehmen, wenn dadurch eine unbestimmte Anzahl von potenziellen Asylbewerbern – überwiegend Wirtschaftsmigranten – davon abgehalten werden, zu Dauerbürgergeld-Empfängern auf Kosten der Steuerzahler zu werden?

Überhaupt: Wer sich einmal über die Kosten eines aufzustockenden Grenzschutz Gedanken macht, der muss die eingesparten Kosten dank abgewiesener illegaler Zuwanderer nur gegenrechnen. Vereinfacht ausgedrückt: Jeder abgewiesene illegale Zuwanderer bedeutet in den meisten Fällen einen Bürgergeldempfänger weniger und damit – rein theoretisch – automatisch einen Mitarbeiter mehr bei der Bundespolizei.

Rechnet man hier auch die indirekten Kosten für Zuwanderer mit, kann man die neuen Grenzmitarbeiter sogar mehr als zufriedenstellend bezahlen. Das muss im Übrigen auch die Argumentation der Bundespolizei gegenüber dem Bundesinnenminister sein!

Was sagt Dr. Pürner? Der Schengenraum sei „ein Meisterwerk europäischer Freizügigkeit“. Das rückblickend auf die vergangenen zehn Jahre freilich wie Satire, bedenkt man, dass diese Freizügigkeit für illegale Zuwanderer Städte und Kommunen mittlerweile massenhaft an den Rand des Bankrotts – und darüber hinaus – geführt hat.

Der Schengenraum wird durch solche Maßnahmen nicht sicherer, sondern geschwächt und ausgehöhlt. Staus, wie wir sie nun erleben, kosten Zeit, Geld und Nerven. Der wirtschaftliche Schaden, wenn es diese Staus nicht gäbe, dürfte aber definitiv größer sein als der Nutzen.

Dr. Pürner nimmt hier die Perspektive des EU-Abgeordneten ein. Er fraternisiert quasi mit der eigenen Sache, wenn er schreibt:

„Während Dobrindt also von seinem neuen Schreibtisch aus die Grenzen per Weisung an die Bundespolizei ‚sichert‘, bleibt die eigentliche Herausforderung – ein funktionierendes europäisches Asylsystem – weiterhin ungelöst.“

Hier werden Ursache und Wirkung vertauscht. Denn diese Maßnahmen wurden doch von Dobrindt vor allem deshalb eingeführt, weil ein europäisches Asylsystem, das nicht zum Nachteil Deutschland gereicht, einfach nicht zustande kommt.

Und dafür gibt es mindestens 26 Gründe: 26 EU-Mitgliedstaaten, die – der eine mehr, der andere weniger – heilfroh sind, dass Deutschland jedem illegalen Zuwanderer dieses überaus komfortable Dauerangebot macht. EU-Staaten, die gar kein Interesse daran haben, diesen 365 Tage im Jahr durchmarschierenden Treck nach Deutschland zu unterbrechen.

Der Schengenraum macht nur dann Sinn, wenn man sich ernsthaft darum bemüht, die europäischen Außengrenzen auch zu schützen. Das passiert aber nicht. Da fliegen keine Frontex-Grenzschutz-Hubschrauber alle 100 Kilometer, schon gar nicht ausgestattet mit allen erforderlichen Kompetenzen. Da gibt es kein von der Gemeinschaft getragenes überzeugendes Grenzregime.

Der europäische Grenzschutz wird von den EU-Außenstaaten kaum angefordert, Frontex ist dabei lediglich eine unterstützende Agentur, keine eigenständige Grenzpolizei. Viele EU-Mitgliedstaaten, insbesondere die Außenstaaten wie Griechenland, Italien oder Spanien, betrachten den Grenzschutz als Kernaufgabe ihrer nationalen Souveränität. Die Notwendigkeit irgendwelcher Grenzschutzmaßnahmen wird seit 2015 der Einfachheit halber an der Durchlässigkeit in Richtung Deutschland gemessen.

Diese Staaten werden ihre EU-Außengrenzen so lange nicht hinreichend schützen, wie die von Dr. Pürner vielgelobte Schengen-Freizügigkeit die Durchreise nach Berlin, Frankfurt, München und Co nicht ernsthaft behindert.

Was kann die Sinnhaftigkeit der Schengen-Freizügigkeit mehr in Frage stellen, als Millionen illegale Zuwanderer gegenüber einem Stau auf der Autobahn von Brüssel zum bayerischen Heimathafen von Dr. Pürner? Auch hier gilt natürlich: Mit jedem abgewiesenen Einreisewilligen und der damit verbundenen Ersparnis kann ich einen Grenzschützer mehr an die Grenzen stellen, bis dieser Sozialtourismus ganz zum Erliegen kommt und ausschließlich die tatsächlich Schutzbedürftigen ihr Asylrecht bekommen.

Natürlich können wir nicht jede Landstraße sperren. Aber wir können die Präsenz insgesamt verstärken und auch eine Landstraße endet nicht im Nirgendwo.

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Und das Wichtigste hat Dr. Pürner bei Tichys Einblick nicht einmal erwähnt: Das Wort Dublin-Übereinkommen kommt nicht ein einziges Mal vor! Wer Schengen will, aber nicht über Dublin nachdenkt, der missachtet den zwingenden Zusammenhang: Die innereuropäische Freizügigkeit ist ohne die stringente Einhaltung der Dublin-Vereinbarung vakant. Das eine kann es nicht ohne das andere geben. Wer aus der Flasche trinken will, braucht vorher den Flaschenöffner.

Tatsächlich kann eine funktionierende Dublin-Vereinbarung solche neuen Grenzkontrollen unnötig machen. Aber die vergangenen zehn Jahre haben aus deutscher Sicht gezeigt, dass die EU-Anrainerstaaten überhaupt kein Interesse an einer funktionierenden Dublin-Vereinbarung haben.

Das ging vor Jahren sogar so weit, dass Spanien und Frankreich Zehntausende – natürlich ohne Registrierung – nach ihrer gelungenen Überfahrt in Gratisbusse setzten, welche die illegal Eingewanderten umstandslos quer durchs Land bis an die deutschen Grenzen brachten, wo sie übersetzen und nur „Asyl“ als Eintrittskarte sagen mussten.

Die jetzt von Dr. Pürner beklagten Grenzkontrollen wären prinzipiell unnötig, wenn wir ein EU-weit akzeptiertes und eingehaltenes Dublin-Verfahren hätten. Das zwänge EU-Staaten mit EU-Außengrenze automatisch dazu, ihre Grenzregime zu verstärken bzw. in der EU darauf zu pochen, entsprechend unterstützt zu werden, wenn sie es selbst nicht mehr hinbekommen.

Entweder gewährt man Ankommenden Asyl oder man lässt sie gar nicht erst ein. Und wenn jemandem Asyl gewährt wird, ist es ein Erstantrag. Dann kann auf europäischer Ebene immer noch überlegt werden, wie man das finanziert. Auch, ob und wie man auf EU-Ebene Kontingente vereinbart, indem jene Staaten ohne EU-Außengrenze erklären, wir nehmen von den EU-Außenstaaten soundso viele Asylantragstellende auf.

Aber dann muss Deutschland auch lückenlos davon überzeugt sein, dass der EU-Außengrenzschutz vernünftig funktioniert. Diese Garantie muss gegeben sein. Denn illegale Grenzübertritte wird es weitergeben. Aber um die Freizügigkeit innerhalb der EU zu garantieren, müssen die Voraussetzungen dafür an der EU-Außengrenze geschaffen werden.

Solange das nicht funktioniert, wird es Staus geben müssen. Staus, die auch einen wirksamen erzieherischen Wert haben, wenn sie sich über die Grenze hinweg ausstrecken. Wer illegale Zuwanderer nach Deutschland weiterschiebt, der verwirkt die EU-Freizügigkeit. Ein deutsches Grenzregime kann sofort beendet werden, wenn diese gewohnheitsmäßigen Verletzungen der Dublin-Vereinbarungen unterbleiben.

Es kann nicht sein, dass Italiener, Franzosen und Polen bewusst keine Anstrengungen unternehmen, Fingerabdrücke für EURODAC, das EU-Fingerabdruck-Identifizierungssystem, zu nehmen. Denn damit wäre zweifelsfrei und binnen Minuten geklärt, wen Polizei und Grenzschutz vor sich haben, wo die Person herkommt und wo sie eigentlich hingehört.

Einfach seinen Ausweis wegzuschmissen reicht dann nicht mehr. Es ist einfach. Aber es ist für die EU-Mitglieder genauso einfach, dieses System absichtsvoll zu umgehen und die illegale Massenmigration wie gewohnt und wie man es unter Merkel wohlwollend signalisiert bekommen hat, einfach nach Deutschland weiterreisen zu lassen: Reisende soll man nicht aufhalten. Noch weniger, wenn es Richtung Bürgergeld-Schlaraffenland geht.

Das ist der Knackpunkt. Besonders nachteilig hat sich in den vergangenen zehn Jahren diese andauernde Schengen-Lobhudelei ausgewirkt. Aber Schengen hat einmal zu oft als Argument herhalten müssen.

Wer darüber nachdenkt, wie viele Menschen und wie viel Personal die Asylbetreuung, Integrationsbetreuung und Sprachkurse bindet, der ahnt, wie viel Personal tatsächlich vorhanden wäre, explizit Grenzschutzaufgaben zu übernehmen. Und Politik und Medien müssen endlich begreifen, dass jeder Asylbewerber, der nicht mit dem Flugzeug nach Deutschland kommt, einer ist, der uns von anderen EU-Mitgliedsstaaten samt aller Kosten und Folgekosten überlassen wurde. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden.

Der hoffentlich nicht immer noch im Stau stehende Dr. Friedrich Pürner endet bei Tichys Einblick mit folgendem Absatz:

„Da kann man nur hoffen, dass auch Dobrindt stundenlang im Stau stehen muss, um zu erkennen, wie viele Pendler, Geschäftsleute und Polizeibeamte er mit seiner ‚Klarheit und Konsequenz‘ ins Chaos stürzt.“

Hier kann man Dr. Pürner nur empfehlen, doch bitte die Bahn nach Hause zu nehmen. Für den Zustand der Deutschen Bahn allerdings kann man die EU-Anrainerstaaten nicht verantwortlich machen. Wenn nichts schiefgeht, dauert die Fahrt mit der Bahn zehn Stunden und ist für EU-Abgeordnete wohl kostenfrei. Laut Tourenplaner sind es mit dem privaten Auto ebenfalls zehn Stunden. Allerdings nur dann, wenn das Stauaufkommen gering ist.

Ps.: Ein Interview mit dem EU-Abgeordneten Dr. Friedrich Pürner ist angefragt.

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Author:
Alexander Wallasch

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