Von Kai Rebmann
Trotz der offenkundigen Instrumentalisierung des Inlandgeheimdienstes zur Ausschaltung der stärksten Oppositionspartei im Bundestag – andere sprechen schon von Amtsmissbrauch – tun Spitzenpolitiker so, als nähmen sie den über 1.000 starken, aber weitgehend unter Verschluss gehaltenen Bericht des Verfassungsschutzes zum Status der AfD für bare Münze. Und weil das brisante Ergebnis insbesondere der Union gerade gut in den Kram passt, hängen allen voran CDU und CSU geradezu bedächtig an Faesers Lippen. Der Frau also, die den sogenannten „Kampf gegen rechts“ als praktisch einziges Ziel auf der Agenda ihrer knapp dreieinhalbjährigen Amtszeit vorweisen kann.
Jetzt ist es ausgerechnet Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU), der dem Faeser-Manöver als erster das Wort redet und eine Entfernung aller AfD-Mitglieder aus dem Staatsdienst fordert, allen voran aus den Reihen der Polizei. Wer für den Staat arbeiten wolle, müsse jederzeit die Gewähr dafür bieten, für „unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung“ einzutreten, so Poseck in der „Bild“. Das Thema soll demnach schon bei der nächsten Innenministerkonferenz der Länder in Bremerhaven ganz oben auf die Tagesordnung, um sich dort auf eine „einheitliche, bundesweite Linie“ zu verständigen.
Zur Einordnung: Faeser ist selbst Hessin und wäre dort im Spätjahr 2023 gerne Ministerpräsidentin geworden. Nach der krachenden Wahlniederlage reichte es für ihre SPD in Wiesbaden jedoch nur zum Junior-Partner der CDU – die jetzt den Ball aus Berlin nach dem hoch umstrittenen Faeser-Manöver offenbar sehr dankbar an- und aufnimmt.
Innenminister der Union schwenken auf Faeser-Linie ein
Mit seinem Vorstoß rennt Poseck aber schon jetzt offene Türen ein. So signalisierten bereits Bayern und Niedersachsen ihre bereitwillige Unterstützung. In beiden Bundesländern amtieren Innenminister der CSU bzw. CDU. In München, bei Joachim Herrmann, hört sich das so an: „Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss.“
Sebastian Lechner, Posecks und Herrmanns CDU-Kollege in Niedersachsen, geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert: „Die Innenministerkonferenz sollte jetzt sorgfältig einen Antrag auf Entzug der Parteienfinanzierung prüfen. Rechtsextreme und verfassungsfeindliche Propaganda aus Steuermitteln zu finanzieren, finde ich unerträglich.“ Wohlgemerkt, eine aus eben diesen Quellen erfolgende Finanzierung von Linksextremismus, Islamismus oder Antisemitismus scheint dem Minister keinerlei Sorgenfalten auf die Stirn zu treiben.
Fast schon bezeichnend ist, dass Widerstand oder eine zumindest zögerliche Haltung ausgerechnet aus Hamburg kommt, wo mit Andy Grote ein Innensenator der SPD das Sagen hat. Der Sozialdemokrat bezweifelt, wie übrigens auch zahlreiche Juristen, dass ein Verbotsverfahren gegen die AfD entsprechende Aussichten auf Erfolg hätte und mahnt daher zur Zurückhaltung.
Doch was steckt hinter dem Aktionismus insbesondere bei CDU und CSU? Die AfD ist in den Umfragen jüngst an der Union vorbeigezogen und kommt je nach Institut auf bis zu 26 Prozent Zustimmung. Ein Verbot der AfD käme den Strategen im Konrad-Adenauer-Haus ganz gelegen, das würde ihnen die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Opposition in den kommenden Jahren ersparen. Dies gilt umso mehr, nachdem sich Friedrich Merz seine Kanzlerschaft um den Preis einer Koalition mit der SPD erkaufen musste und die Probleme, die den Bürgern in diesem Land unter den Nägeln brennen, so nicht wird lösen können.
Polizeipräsident spricht aus, was ist, aber nicht sein darf
Welch dünne Suppe die Bundesländer und deren Innenminister auf der anstehenden Konferenz in Bremerhaven in Sachen AfD-Verbot und Rauswurf von deren Mitgliedern insbesondere bei der Polizei löffeln wollen, zeigen auch einige weitere Reaktionen. Wo sich NRW-Innenminister Heribert Reul noch eine Fensterrede hält, wonach „extremistische Ansichten“ bei der Polizei keinen Platz hätten, und damit explizit auf den Rechtsextremismus abzielt, äußert sich sein eigenes Ministerium schon zurückhaltender: Bei den meisten laufenden Extremismus-Verfahren könne „keine genaue politische Zielrichtung“ vorgenommen werden, wie es aus Düsseldorf heißt.
Ähnlich äußerte sich auch Berlin auf eine entsprechende Anfrage des „Stern“ und von RTL. In anderen Bundesländern, wie etwa Thüringen, werden entsprechende Statistiken gar nicht erst geführt. Oder anders ausgedrückt: Extremismus in den Reihen der Polizei existiert – so wie es in jedem gesellschaftlichen Bereich der Fall ist – aus welcher Richtung dieser Wind jedoch weht, liegt vielerorts in völliger Dunkelheit.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Umfrage unter 2.000 Polizisten in Hamburg. Demnach verorten sich 23,8 Prozent der Beamten selbst als „rechts“ oder „rechtsextrem“. Falk Schnabel, Polizeipräsident in der Hansestadt, betont gegenüber dem „Focus“ aber auch, dass sich derartige Einstellungen „durch wiederholte Konfrontation mit bestimmten Personengruppen in bestimmten Deliktsfeldern“ verfestigen können.
Mit anderen Worten: Die Polizei ist es leid, die Folgen einer seit Jahren sehenden Auges fehlgeleitete Politik tagtäglich auf Deutschlands Straßen auszubaden – während die dafür Verantwortlichen in ihren Elfenbeintürmen fromme Fensterreden halten und sich in beinahe schon unerträglichem Bessermenschentum üben.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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