Zum Wochenauftakt ließ der handelspolitische Rundumschlag von US-Präsident Donald Trump die Börsenkurse noch weiter abstürzen. Zwar signalisierte der auf hohe Importzölle setzende Republikaner Gesprächsbereitschaft unter bestimmten Bedingungen. Sein Handelsminister Howard Lutnick hatte zuvor aber angekündigt, dass die US-Regierung ihren harten Kurs mit hohen Einfuhrgebühren auf Waren aus fast allen Staaten der Erde durchziehen wolle. In Luxemburg beraten heute (11.00 Uhr) die Handelsminister der EU-Staaten über die Frage, mit welcher Strategie Trump zum Einlenken bei den Sonderzöllen bewegt werden könnte.
An den Aktienmärkten forcierte sich zum Wochenbeginn die Talfahrt der vergangenen Woche: Die Börsen in Asien verbuchten am Montagmorgen massive Verluste. Nach den negativen Vorgaben der Wall Street stürzte der 225 Werte umfassende Nikkei-Index XC0009692440JP9010C00002 im dortigen Mittagshandel um sechseinhalb Prozent auf 31.592 Punkte ab. Im frühen Handel war er bis zu knapp neun Prozent auf 30.793 Punkte und damit den tiefsten Stand seit Herbst 2023 gefallen.
Abwärtstrends halten seit vergangener Woche an
Auch die Börsen in China, Hongkong und Australien zeigten im frühen Handel deutliche Verluste. Der Shanghai Composite Index sackte im dortigen Mittagshandel rund sechs Prozent auf 3.138 Punkte ab. Der Hongkonger Hang-Seng-Index HK0000004322 stürzte um knapp zehn Prozent auf 20.625 Zähler ab. Der australische S&P/ASX 200 fiel im frühen Handel auf ein neues 100-Tage-Tief. In Deutschland folgt der Börsenstart einige Stunden später, Verluste sind aber auch dort zu erwarten.
Trumps Zollpaket hatte die Börsen bereits in der vergangenen Woche weltweit auf Talfahrt geschickt. Der Dax DE0008469008 verbuchte ein Wochenminus von mehr als acht Prozent und damit seinen größten Verlust in einer Handelswoche seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Frühjahr 2022. In New York hatte der Dow mit einem Wochenminus von mehr als 8 Prozent die verlustreichste Börsenwoche seit Jahren.
Eine Erholung ist nicht in Sicht. Marktbeobachter rechnen weiter mit größeren Kursschwankungen, bis sich die Auswirkungen des Zollkonflikts klarer herauskristallisieren, mehr über Gegenzölle bekannt wird oder mit den Kontrahenten über erste Deals gesprochen wird.
Proteste in den USA
Das Börsenbeben radierte auch Vermögen von Privatanlegern in Milliardenhöhe aus – gerade in den USA haben viele Menschen an der Börse investiert, entsprechend groß fiel nun der Unmut aus. Doch trotz der Kritik hielt die US-Regierung zunächst an ihrem globalen Zollpaket fest – US-Finanzminister Scott Bessent etwa sagte dem Sender NBC, die Zölle seien nichts, was sich binnen Tagen oder Wochen wegverhandeln lasse.
Trump zeigt Verhandlungsbereitschaft
Trump zeigte sich später jedoch bereit, unter bestimmten Bedingungen mit Handelspartnern über eine Lockerung der neuen Zölle auf Einfuhren in die USA zu reden. „Ich möchte das Defizitproblem lösen, das wir mit China, der Europäischen Union und anderen Ländern haben“, sagte er auf einem Rückflug vom Bundesstaat Florida in die US-Hauptstadt Washington. „Wenn sie darüber reden wollen, bin ich offen für Gespräche.“ Er habe am Wochenende mit vielen führenden Politikern aus Europa, Asien und der ganzen Welt gesprochen, sagte Trump. „Sie brennen darauf, einen Deal zu machen.“
Mit Blick auf die Turbulenzen an den Börsen sagte Trump, er wolle nicht, dass die Märkte nach unten gingen. „Aber manchmal muss man Medikamente nehmen, um etwas in Ordnung zu bringen.“
Trump beklagte sich auch erneut bitterlich über den Handel mit europäischen Staaten, die einen enormen Handelsüberschuss gegenüber den USA hätten. Sie hätten Amerika „sehr, sehr schlecht behandelt“ und damit ein Vermögen gemacht, behauptete der Republikaner. „Die Europäische Union wurde aus einem einzigen Grund gegründet: (…) um die Vereinigten Staaten abzuzocken.“
Europäer beraten über ihre Antwort
Beim Treffen der EU-Handelsminister in Luxemburg soll es auch um Vorkehrungen für den Fall gehen, dass Verhandlungen mit der US-Regierung über eine einvernehmliche Lösung platzen. Vorgesehen ist, die Vorbereitungen für Gegenzölle und andere denkbare Vergeltungsmaßnahmen voranzutreiben.
Trump will mit Zöllen angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren und mehr Produktion in die USA verlagern. Zugleich sollen die Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren.
„Frontalangriff der USA auf Welthandel“
Nicht nur für die Exportnation Deutschland sind die Zölle ein schwerer Schlag, der Außenhandelsverband BGA spricht von einem „Frontalangriff auf den Welthandel“. Der deutsche Botschafter in Großbritannien, Miguel Berger, sagte dem Sender Sky News: „Es handelt sich um den größten Angriff auf den Welthandel, den wir seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt haben.“
Die Unternehmen sind ohnehin in einer schwierigen Lage. Im vergangenen Jahr sanken die Warenexporte der deutschen Wirtschaft um ein Prozent, in diesem Jahr wird ein noch deutlich stärkerer Rückgang erwartet. Im Januar stand ein Minus von 2,5 Prozent zum Vormonat Dezember. Das Statistische Bundesamt legt heute Zahlen für Februar vor.
„Die anderen sollen aus Angst kuschen“
Vor dem EU-Ministertreffen fordert der geschäftsführende Wirtschaftsminister Robert Habeck ein Signal der Stärke. „Politik der Angst können wir nur mit Stärke begegnen“, sagte Habeck dem „Stern“. „Die US-Regierung will ihre Dominanz nutzen, um Zugeständnisse zu erzwingen und sich Vorteile zu verschaffen.“ Trumps Taktik sei, möglichst stark einzuschüchtern, „damit die anderen aus Angst kuschen“, sagte der Grünen-Politiker. Er deutete an, dass auch Maßnahmen gegen US-Digitalkonzerne ergriffen werden könnten.
EU hat auch China im Blick
Neben den Problemen mit der US-Regierung sollen bei dem Treffen auch die Handelsbeziehungen der EU zu China eine Rolle spielen. Handelskommissar Maros Sefcovic wird über seine jüngsten Gespräche in Peking berichten. Die EU versucht China seit Jahren dazu zu bewegen, unfaire Handels- und Subventionspraktiken einzustellen – bislang allerdings ohne große Erfolge. Der Wert der Importe aus China in die Europäische Union überstieg den Wert der Exporte in das Land im vergangenen Jahr um 304,5 Milliarden Euro.
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