Von Kai Rebmann
Was juckt es die Eiche, wenn sich die Wildsau an ihr reibt. Mit einem Boykott-Aufruf gegen Produkte aus den USA wollen die Macher einer Plattform namens „BuyFromEU“ ihren wie auch immer gearteten, aber wohl kaum messbaren Einfluss auf die Politik von Donald Trump geltend machen. Hinter dem Portal steht aber nicht etwa eine Regierung, und schon gar nicht Brüssel selbst, sondern weitgehend anonyme Aktivisten, die es auf inzwischen knapp 150.000 Follower bringen.
Der Name des US-Präsidenten wird im offiziellen Teil der Seite zwar nicht explizit erwähnt, dennoch ist die Stoßrichtung klar, wenn etwa geschrieben wird: „Wechseln Sie zu Produkten, die in der EU hergestellt werden und unterstützen Sie europäische Werte.“ Empfohlen werden zum Beispiel Zara statt Levi’s, Mastodon statt Instagram oder Proton Mail statt Gmail.
Mögen diese Form des Boykotts oder der Rückbesinnung auf „europäische Werte“ einige aktivistisch veranlagte Europäer vielleicht noch mitmachen – wenn wohl auch nur eine Zeit lang – so wird es in anderen Bereichen ungleich schwerer, entsprechenden Ersatz zu finden, etwa bei McDonalds, Coca-Cola, Facebook, Amazon oder Netflix. Hinzu kommt, dass alle oben genannten Beispiele ohnehin nur einen verschwindend geringen Anteil am Gesamtvolumen des transatlantischen Handels ausmachen. Das Gros entfällt auf Dinge wie Gas, Öl und nicht zuletzt Bauteile aus der Zulieferer-Industrie.
‚BuyFromEU‘ setzt auf US-Dienstleister
Mit anderen Worten: In zahlreichen Gegenständen des Alltags steckt „Made in USA“, ohne dass sich boykottwillige Verbraucher darüber unbedingt im Klaren sind. Das bekommen ausgerechnet auch die Macher von „BuyFromEU“ und ihre Follower ganz unmittelbar zu spüren. Denn die Kommunikation erfolgt über Reddit – eine US-amerikanische Plattform mit Sitz in New York. Oder Anders Hagh, CEO einer dänischen Supermarktkette, der sich „BuyFromEU“ angeschlossen hat, und auf LinkedIn, ansässig in Sunnyvale (Kalifornien), tönt: „Wir machen es Verbrauchern einfacher, europäische Produkte einzukaufen.“
Doch auch wo „BuyFromEU“ draufsteht, ist nicht überall das Versprochene drin. Das belegt das Beispiel eines Nutzers, der sich in einem Supermarkt offenbar in der Abteilung für Studentenfutter befindet und vor dem Regal mit den Erdnüssen steht – und demonstrativ zu einem Produkt aus der Ukraine greift und die einen Euro pro Kilo günstigeren Nüsse „Made in USA“ links liegen lässt. Aber auch für solche „Ausnahmen“ haben sich die Macher der Plattform eine selbstgebaute Hintertür offengelassen. Unter „BuyFromEU“ sei, anders als es der Titel nahelegt, nicht etwa die EU als solche gemeint, sondern alle 46 Mitgliedsstaaten des Europarats.
Ist es nun reine Symbolpolitik, ein Akt der Verzweiflung, eine Reaktion auf die Selensky-Schelte im Weißen Haus oder das berühmte Pfeifen im Walde, das hinter dem doch eher unverhohlenen Boykott-Aufruf gegen die USA und Donald Trump steckt? Vermutlich von allem ein bisschen, jedenfalls aber kein ernstzunehmender wirtschaftlicher Hebel, um im Weißen Haus irgendjemanden auch nur ansatzweise ins Schwitzen zu bringen. Das dürfte auch für Elon Musk gelten, der mit Tesla in Europa zuletzt zwar einen Umsatzeinbruch von über 50 Prozent verzeichnen musste, sich eher kurz- als langfristig aber auch davon erholen wird.
Spuren führen nach Rumänien und Montenegro
Noch undurchsichtiger als die Motivlage ist die Identität der Macher hinter „BuyFromEU“. Eigenen Angaben zufolge wird das Projekt von rund 30 Freiwilligen betrieben, die sich offenbar alle Mühe geben, anonym zu bleiben. So sind weder ein persönlicher Kontakt noch ein direkt verantwortlicher Ansprechpartner oder die Namen der Spender bzw. Förderer angegeben. Hinterlegt ist lediglich eine Proton Mail-Adresse die in Montenegro registriert ist. Für Anfragen steht eine Frau zur Verfügung, die sich Laura Catz nennt und den Angaben zufolge Rumänin ist.
Als Vorbild dient offenkundig das kanadische Pendant „Buy Canadian Instead“. Diese Bewegung, so will es etwa das ZDF in Erfahrung gebracht haben, sei eine Reaktion auf „die Entrüstung über Trumps Politik und den Angriff auf die eigene Souveränität“. Fakt ist jedoch, dass „Buy Canadian Instead“ bereits im Jahr 2018 gegründet wurde, also während Trumps erster Amtszeit, und damit rein gar nichts mit dessen territorialen Gedankenspielen über Kanada oder auch Grönland zu tun hat.
Es spricht dabei für sich, dass Aktivisten auf beiden Seiten des Atlantiks gegen die „America First“-Linie eines Donald Trump mobil machen, nur um dann mit eben diesem Instrument zurückzuschlagen versuchen – dabei aber allem Anschein nach vergessen oder aber ganz bewusst übersehen, wer als David und wer als Goliath in einen solchen, noch dazu privat ausgefochtenen Handelskrieg zieht.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: Emilie Nerlich / Shutterstock
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