Von Kai Rebmann
Das Drama um die einst so stolze Deutsche Bahn wird immer schlimmer. Nur noch jeder zweite Fernzug kam zuletzt pünktlich, die durchschnittliche Verspätung lag bei 6 Minuten. Für den Staatskonzern selbst, aber auch für den Steuerzahler hat das ganz unmittelbare Folgen: Die Zahl der Anträge auf Entschädigungszahlungen explodiert, allein im vergangenen Jahr musste die Deutsche Bahn dafür insgesamt 197 Millionen Euro blechen.
Im Klartext: Innerhalb von nur zwei Jahren hat sich dieser Betrag damit mehr als verdoppelt. Noch im Jahr 2022 waren 92,7 Millionen Euro an Strafzahlungen fällig geworden, im Jahr 2023 waren es immerhin auch schon 132,8 Millionen Euro. Und das Ende der Fahnenstange scheint längst noch nicht erreicht zu sein, wie ein Blick auf die offenen Baustellen der kommenden Jahre sowie die Pläne der designierten neuen Bundesregierung offenbart.
Die Bahn macht nicht zuletzt das marode Schienennetz für die immer weiter zunehmenden Verspätungen und damit auch die ausufernden Entschädigungszahlungen verantwortlich. Das mag zwar so sein, jedoch sind Gleise, Brücken und Bahnhöfe sicher nicht über Nacht gealtert. Es handelt sich also um ein hausgemachtes Problem, das über Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte sehenden Auges schlicht verschlafen wurde.
Stattdessen wurde das durchaus vorhandene Geld, so wie es jetzt allem Anschein nach auch die im Entstehen befindliche Bundesregierung plant, immer wieder zur Einlösung ideologischer, vor allem aber sehr kostspieliger Wahlversprechen verpulvert. Oder anders ausgedrückt, es wurde und wird für den Konsum ausgegeben, um die Wähler bei Laune zu halten, anstatt nachhaltig in die schleichend dahinsiechende Infrastruktur zu investieren.
Schulden-Paket für Infrastruktur wohl gescheitert
Abhilfe sollte jetzt insbesondere das sogenannte „Sondervermögen“ über bis zu 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur schaffen. Dazu wollte Schwarz-Rot noch mit dem alten Bundestag die Schuldenbremse aushebeln, was unter Verfassungsrechtlern ohnehin als sehr umstritten galt. Doch daraus wird jetzt wohl ohnehin nichts, die Grünen haben am Montag angekündigt, diesem Taschenspielertrick auf Kosten künftiger Generationen zunächst nicht zustimmen zu wollen – die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit zur Änderung des Grundgesetzes wird es also nicht geben. Und wenn doch, dann nur erheblich teurer und unter gewaltigen Zugeständnissen an die Grünen.
So wie der Sanierungsstau bei der Deutschen Bahn nicht von heute auf morgen gekommen ist, lässt er sich auch mit allem Geld dieser Welt – selbst wenn es zur Verfügung stünde – von jetzt auf gleich beheben. Wie die „BamS“ berichtet, sollen für die notwendigen Bauarbeiten bis zum Jahr 2030 nicht weniger als 40 wichtige Teilstrecken des deutschen Schienennetzes sowie mehrere Bahnhöfe über Monate hinweg gesperrt werden.
Die Folge werden weitere Verspätungen bis hin zu kompletten Ausfällen sein – und damit einhergehend vorsehbar auch weitere Entschädigungszahlungen an gestrandete Kunden. Der noch amtierende Verkehrsminister Volker Wissing (parteilos, Ex-FDP) taxiert den finanziellen Bedarf den Berichten für die Instandsetzung von Schienen, Straßen und Wasserstraßen für die nächsten fünf Jahre auf bis zu 220 Millionen Euro. Woher dieses Geld kommen soll, scheint zur Stunde unklarer denn je.
Grüne Verkehrswende entpuppt sich als Illusion
Dem Offenbarungseid der Deutschen Bahn und des Staates als deren 100-prozentiger Eigentümer wohnt aber auch eine gewisse Ironie inne. Er kommt in einer Zeit, in der die Politik nicht müde wird, die grüne Verkehrswende zu propagieren und massiv für den Umstieg auf den ÖPNV zu werben. Das ebenfalls zuschussfinanzierte Deutschland-Ticket ist nur eines von vielen kostspieligen Instrumenten, das den Deutschen ihre Bahn (wieder) schmackhaft machen soll.
Doch was helfen all die Subventionen und all das Trommeln, von der mangelhaften Anbindung an den ÖPNV im ländlichen Raum mal ganz abgesehen, wenn sich die Bahn am Ende als unzuverlässig erweist und Pendler deshalb zu spät (oder gar nicht) zur Arbeit, Schule oder Uni kommen? So bleibt auch die grüne Verkehrswende – wieder einmal – bis auf weiteres nicht viel mehr als eine illusorische Vision, die an den schlichten Herausforderungen der Realität zu scheitern droht.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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