Goslar/Bonn (ots)
Der frühere deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hat Forderungen auch aus dem Westen zurückgewiesen, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj solle sich nach dem Eklat im Weißen Haus am besten bei US-Präsident Donald Trump entschuldigen, und in diesem Zusammenhang auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte kritisiert. „Für was soll er sich denn entschuldigen? Soll er sich entschuldigen, dass er sein Land vertreten hat und dass er sich nicht hat über den Mund fahren lassen?“, äußerte sich Gabriel im Fernsehsender phoenix. Die Ereignisse im Weißen Haus seien „ganz offensichtlich“ inszeniert gewesen. „Hier ist jemand gewesen, der den anderen demütigen wollte, und es gibt jemanden, der gedemütigt worden ist. Jetzt dem Gedemütigten noch Schuldvorwürfe zu machen, finde ich absurd“, so Gabriel weiter, Vorsitzender der Atlantikbrücke.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte hatte nach dem Eklat im Weißen Haus dem ukrainischen Präsidenten geraten, das Verhältnis zu US-Präsident Trump rasch wiederherzustellen. „Ich fand die Bemerkung von Rutte schräg und kann sie mir nur so erklären, dass er alles dafür tun will, die USA an Bord zu halten“, so Gabriel weiter. Selenskyj habe in den USA nicht zurückweichen dürfen. In der Ukraine würden Menschen sterben, Städte ruiniert und die Infrastruktur zerstört. „Was hätte die Bevölkerung von einem Präsidenten zu halten, der sich von einem anderen erklären lässt, er sei eigentlich der Schuldige an diesem Krieg. Selenskyj hat sich absolut richtig verhalten“, war der frühere deutsche Außenminister überzeugt.
Europa müsse sich angesichts der Signale aus den USA nun neu orientieren. Trump setze nur die Politik seiner ersten Amtszeit fort. „Amerika hat sich nach über 80 Jahren entschieden, keine europäische Macht mehr sein zu wollen“, so Gabriel. Europa werde nicht mehr als amerikanischer Partner verstanden, „sondern als Klotz am Bein“. Die Konsequenzen seien gravierend, aber von Trump gewollt. „Deshalb fällt er vermutlich für eine Allianz, wo klar ist, dass der Kleine genau so viel zu melden hat wie der Große, und wo man füreinander einsteht, als sicherer Partner aus“, meinte Gabriel. Deshalb müssten diejenigen jetzt in Europa zusammenstehen, die nicht wollten, dass Russland die Ukraine komplett einnehme. „Jetzt weiter darauf zu hoffen, dass ein Wunder passiert oder durch Nettigkeiten Trump seine Haltung ändert, halte ich für falsch. Man muss mit den Realitäten leben und nicht die Augen davor verschließen.“
Doch gebe es die Hoffnung, dass der aktuelle Schock ein heilsamer sei. Seit Jahrzehnten bestehe die Entwicklung des Westens auch aus Lernprozessen und immer wieder habe es Rückschläge gegeben. „Der Westen ist am Ende immer stärker aus Krisen herausgekommen, als er in die Krisen hineingegangen ist. Ich bin sicher, das wird auch dieses Mal der Fall sein“, glaubte Gabriel. Europa dürfe jetzt nicht in Ehrfurcht auf das Weiße Haus blicken, sondern müsse selbst aktiv werden und all denen die Stirn bieten, die das Recht des Stärkeren durchsetzen wollten. „Das ist leichter mit den USA, aber es ist nicht unmöglich ohne die USA.“
Das ganze Gespräch sehen Sie hier: https://phoenix.de/s/z6g
Pressekontakt:
phoenix-Kommunikation
Telefon: 0228 / 9584 192
[email protected]
Twitter.com: phoenix_de
Original-Content von: PHOENIX, übermittelt durch news aktuell
Zur Quelle wechseln
Author: