UPDATE: Krah und auch Helferich wurden am Vormittag in die Fraktion aufgenommen.
Die AfD-Spitze entscheidet aktuell in der Bundestagsfraktion über eine Personalie, die von besonderer Bedeutung für die kommenden Jahre und den angestrebten Fall der Brandmauer sein dürfte. Es geht einmal mehr um Maximilian Krah.
Der war Europa-Spitzenkandidat der AfD und offiziell Anlass für die starke französische Rechte um Marine Le Pen, die AfD im EU-Parlament auszugrenzen. Da nutzte auch ein Treffen mit Alice Weidel in Paris nichts – die AfD wurde in Brüssel aus der gemeinsamen Fraktion ausgeschlossen. Das lag sicher nicht allein an Krah, aber eine Reihe seiner Lautäußerungen wurde vom französischen Rassemblement National (RN) als willkommener Anlass genommen.
Bemerkenswert ist, dass diese Personalie überhaupt in der AfD-Fraktion besprochen werden muss. Man könnte ja annehmen, dass der Einzug eines AfD-Abgeordneten in den Deutschen Bundestag automatisch dazu führt, dass man Teil der AfD-Bundestagsfraktion wird. Krah hatte mit über 40 Prozent Zustimmung der Wähler das Direktmandat im Chemnitzer Umland gewonnen.
Ungewöhnlich ist es indes trotzdem nicht. Die Nichtaufnahme in die Bundestagsfraktion ist nicht automatisch mit einem Parteiausschluss verbunden. So war der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich in der vergangenen Legislatur nicht Teil der Fraktion.
Im 20. Deutschen Bundestag waren sogar ein halbes Dutzend ursprünglich über die Landesliste der AfD in den Bundestag gewählten Abgeordneten der AfD nicht Teil der Fraktion. Mit Ausnahme von Helferich waren allerdings alle anderen auch aus der Partei ausgetreten. Aber was soll dabei herauskommen? Welche neuen Gründe liegen vor, Maximilian Krah nicht in die Fraktion aufzunehmen?
Krah war im Sommer 2023 zum Spitzenkandidaten seiner Partei für die Europawahl gewählt worden. Mit der Nichtaufnahme des gewählten Bundestagsabgeordneten in die AfD-Fraktion würde die AfD-Führung automatisch bestätigen, mit der EU-Personalie Krah einen großen Fehler gemacht zu haben.
Bemerkenswert bleibt allerdings, dass Krah sich schon wenige Monate nach seiner Wahl in EU-Parlament für den Bundestag beworben hat. Immerhin ließ er sich auf Platz eins für die AfD zur EU-Wahl stellen und seine Wähler dürfen eigentlich erwarten, dass er seine fünf Jahre in Brüssel auch absitzt. Krah war dort zwar durch die Entscheidung der Franzosen isoliert – seine AfD-Gruppe fraktionslos – aber vor Maximilian Krah lagen fünf Jahre, die er für sich und die AfD in Brüssel hätte nutzen können. Er tat es nicht.
Zweifellos war der Wechsel in die Bundespolitik für Maximilian Krah in großen Teilen ein egoistischer Akt. Es ging ihm hier mutmaßlich um seine persönliche Zukunftsplanung, verbunden mit einer langfristigen finanziellen Vorsorge. Die war zwar in Brüssel gesichert, aber nach fünf Jahren wäre damit Schluss gewesen, Krah wäre von seiner Partei mutmaßlich nicht mehr aufgestellt worden. 2029 hätte Maximilian Krah möglicherweise wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden.
Zur Nominierung als Bundestagskandidat sagte Krah:
„Es war mit der Landespartei und politischen Freunden aus ganz Deutschland besprochen, dass ich mich stärker in die deutsche Politik einbringen möchte und zurück aus dem Brüsseler Exil komme.“
Das Mandat im Wahlkreis sei frei gewesen. Und die Parteifreunde seien von der Idee begeistert gewesen. „Wenn sich diese Chance bietet, muss man sie nutzen“, sagte Krah damals.
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Immer wieder wird angeführt, Krah sei auf TikTok so besonders erfolgreich für die AfD. Und die Bedeutung von TikTok ist seit dem Erfolg der Linkspartei in diesem Medium unstrittig. Wer allerdings tatsächlich einmal mit Jungwählern über Krah spricht, der erfährt zunächst etwas über den hohen Unterhaltungswert von Krahs teilweise bewusst nerdigen Auftritten. Eine Wahlentscheidung ist damit noch lange nicht verbunden. Aber eben auch nicht kategorisch abzustreiten.
Bemerkenswert ist beispielsweise der Zuspruch, den Maximilian Krah zuletzt von Naomi Seibt bekommen hatte. Die junge Influencerin und politische Aktivistin war bekannt geworden durch eine Nähe zum Milliardär Elon Musk, der Seibts X-Beiträge immer wieder teilte. Seibt hatte Krah via X vor wenigen Tagen quasi heiliggesprochen und ihn zum deutschen Donald Trump ernannt, was allerdings mindestens vom finanziellen Status her wenig überzeugend erscheint.
Bleiben wir bei TikTok. Hier rückt eine Person in den Mittelpunkt des krahschen Kosmos, die wesentlich dazu beigetragen hat, die TikTok-Kunstfigur Krah zu formen bzw. nach einem Bann zu erhalten. Der 31-Jährige Erik Ahrens kann als eine zentrale Figur im Umfeld von Maximilian Krah betrachtet werden.
Aktuell teilt Ahrens in stundenlangen Livestreams – nicht ohne Unterhaltungswert – gegen Krahs Umfeld aus. Dazu gehören der neurechte Verleger Götz Kubitschek, der Gründer der Identitären Bewegung, Martin Sellner und andere. Die Genannten wurden von Ahrens immer wieder öffentlich angegriffen, es kam zum Bruch.
Ahrens wird in unterschiedlichen Hintergrundgesprächen immer wieder als „toxisch“ beschrieben. Jedenfalls hat er sich keine Freunde gemacht. Aber Krah selbst wird von Ahrens nicht fallengelassen.
Erik Ahrens war neben Sellner übrigens auch einer der Vortragenden in Potsdam, dem sogenannten Correctiv-Geheimtreffen. Der Bericht des linksradikalen Correctiv-Teams wurde – längst auch gerichtlich – immer wieder erfolgreich angegriffen, Medien mussten ihre Interpretationen korrigieren.
All das ist nicht verboten. Aber Krah bleibt ein – wie sagt man dazu? – ein windiger Typ. Und er bleibt damit offenbar ein Magnet für zwielichtige Gestalten. Wer in der Politik etwas bewegen will und in Parteien eine prägende Rolle spielen will, der sollte idealerweise immer auch ein Parteisoldat sein, der sich einer Sache mit Haut und Haaren verschreibt.
Krah ist dafür ungeeignet. Und er hat zudem offenbar kein gutes Auge für Menschen in seinem Umfeld. Er neigt sogar dazu, immer wieder die Nähe von Leuten zu suchen – ob nun bewusst oder unbewusst spielt keine Rolle – die Ärger bedeuten.
Aber all das und vieles mehr sind keine ausreichenden Gründe, Maximilian Krah den Fraktionsstaus zu verweigern. Eine Parteispitze, die es nicht hinbekommt, einen Krah auf der Strecke zu disziplinieren, kann ihn auf der Ziellinie nicht vom Treppchen stoßen. Krah ist da und er wird bleiben. Die Aufnahme in die Fraktion ist reine Formsache. Ihm diesen Status an diesem späten Punkt zu verweigern, wäre für Weidel und die Fraktion ein Eingeständnis der Schwäche.
Und zuletzt hat Krah wahrscheinlich die viel größeren Probleme mit Krah zurechtzukommen als die Fraktion mit ihm.
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Author:
Alexander Wallasch