Wahlkreissieger sind eigentlich eine Art Edelabgeordnete, sie haben die Wähler dort überzeugt, wo sie direkt mit ihnen in Kontakt kommen, dort, wo man sich nicht über geschminkte Fernsehbilder oder parteiische Zeitungsberichte einkaufen kann. Ein Wahlkreissieger hat jene, die ihn wählen direkt in die Augen geschaut. Die Wahlberechtigten schicken anschließend nach Berlin, wer sie persönlich überzeugt hat und von dem sie hoffen und erwarten, dass er speziell ihre regionalen Belange im Bundestag vertritt.
299 Wahlkreise wählen ihre Kandidaten direkt in den Bundestag. Die restlichen 331 von 630 Sitzen im Bundesparlament werden durch Wahllisten der Parteien besetzt. Tatsächlich sind es aber nur 276 Direktkandidaten, die in den Bundestag einziehen werden.
Warum das so ist, hat die „Zeit“ erklärt:
„Kommt die Partei der Wahlkreissieger mit den Zweitstimmen nicht auf ein Mandat, dann geht der Wahlkreis leer aus. Dafür entfallen die früher üblichen Überhang- und Ausgleichsmandate.“
Vier der 23 verwaisten Wahlkreise haben immerhin einen Kandidaten über die Listenwahl bekommen, bleiben 19 deutsche Wahlkreise, die nicht im Bundestag vertreten sind. Von der AfD trifft es vier Abgeordnete, bei der SPD geht einer leer aus und bei der CDU ziehen gleich 19 Abgeordnete nicht über ihr Direktmandat ein.
Das bedeutet, dass die Abgeordneten, die in ihrem Wahlkreis über ihre Parteizugehörigkeit hinaus besonders beliebt sind, dafür noch abgestraft werden. Was zunächst aussieht wie eine sinnvolle Reduzierung der Abgeordnetenzahl wird so zu einer weiteren Zementierung des Parteienstaates.
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Die AfD-Abgeordnete Steffi Burmeister ist davon betroffen.
Hier kann es dann sein, dass über die jeweiligen Landeslisten der Parteien Mitglieder in den Bundestag einziehen, die ihren Wahlkreis zwar nicht gewonnen haben, aber eine aus Parteisicht unentbehrliche Rolle spielen.
Das System der Landeslisten macht auch tatsächlich Sinn, weil es über die Zweitstimmen auch jene Parteien mit abbildet, die von deutlichen Minderheiten gewählt werden. Eine Partei, die auf Bundesebene kaum mehr als fünf oder zehn Prozent der Stimmen auf sich vereinen kann, ist kaum in der Lage, angemessen im Bundestag repräsentiert zu werden, wenn es nur Direktmandate gäbe.
So werden etwas mehr als die Hälfte der jetzt 630 Abgeordneten über die Landeslisten der Parteien in den Bundestag gewählt. Das belebt zudem den internen Wettbewerb in den Parteien. Aber es ändert auch nichts daran, dass 23 der engagiertesten Abgeordneten, die ihren Wahlkreis gegen den Trend gewonnen haben, weil sie mit ihrer Person überzeugt haben, nicht in den Bundestag eingezogen sind trotz gewonnenem Direktmandat.
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Author:
Alexander Wallasch