Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube prägen den Medienkonsum in Deutschland im Jahr 2025 in beispiellosem Ausmaß. Die Algorithmen dieser Plattformen sind darauf ausgerichtet, Inhalte mit hohen Interaktionsraten – etwa Likes, Kommentare oder Shares – gezielt zu priorisieren. Umso wichtiger ist es, dass innovative Plattformen und unabhängige Akteure gestärkt werden, um langfristig eine ausgewogene und vielfältige Medienlandschaft zu bewahren.
Einheitliche Narrative durch algorithmische Selektion
Was populär ist, wird sichtbarer, was wiederum die Popularität weiter verstärkt. Dies führt zu einer Verstärkung bestimmter Meinungen, Trends und Narrative, während abweichende oder komplexere Perspektiven immer weniger Gehör finden. Studien zeigen, dass die algorithmische Selektion dazu beiträgt, bestehende Weltbilder zu bestätigen, anstatt diese herauszufordern.
Eine aktuelle Untersuchung zeigt, wie stark die Inhalte auf Plattformen wie TikTok die Meinungsbildung junger Nutzer beeinflussen. TikTok-Nutzer in Deutschland, so die Studie, neigen dazu, viral verbreitete Sichtweisen zu übernehmen, unabhängig von deren Ursprüngen oder wissenschaftlicher Fundierung. Inhalte, die schnell Aufmerksamkeit generieren und auf Emotionen abzielen, dominieren, während differenzierte oder weniger polarisierende Perspektiven seltener hervorgehoben werden. Die Algorithmen fördern somit nicht zwangsläufig einen offenen Diskurs, sondern verstärken Trends, die bereits von vielen Nutzern geteilt und kommentiert werden. Dies erschwert es kritischen und nuancierten Positionen, sichtbar zu bleiben, selbst wenn sie gut begründet und faktenbasiert sind.
Medienvielfalt unter Druck
Die Dominanz der sozialen Medien zwingt traditionelle Medienhäuser, ihre Strategien anzupassen, um in der digitalen Welt sichtbar zu bleiben. Ein aktuelles Beispiel ist die Entscheidung der „Stuttgarter Zeitung“ und der „Stuttgarter Nachrichten“, bis 2027 rund 15 Prozent ihrer Redaktionsstellen abzubauen. Diese Maßnahme spiegelt die Herausforderungen wider, denen traditionelle Printmedien gegenüberstehen, da sie mit sinkenden Auflagen und Werbeeinnahmen kämpfen und gleichzeitig versuchen, ihre digitalen Angebote auszubauen. Solche Entwicklungen gefährden nicht nur die Vielfalt der Themen, sondern auch die Tiefe der Berichterstattung, da weniger Personal für investigative Recherchen und spezialisierte Themen zur Verfügung steht.
Dynamiken der Vereinheitlichung
Die Mechanismen, die in der Medienwelt sichtbar sind, spiegeln sich auch in anderen Industrien wider. In der Konsumwelt nutzen Plattformen wie Amazon ähnliche Algorithmen, die Produkte auf Basis von Verkaufszahlen und Nutzerinteraktionen priorisieren. Dies führt dazu, dass Bestseller immer sichtbarer werden, während Produkte kleinerer Anbieter oder innovative Alternativen in den Suchergebnissen untergehen. Die Folge: eine Dominanz weniger Marken und Produkte auf Kosten der Vielfalt.
Auch in der Gaming-Branche dominieren große Publisher, während Plattformen wie Steam ihre Empfehlungsalgorithmen auf Interaktionsraten oder Verkaufszahlen ausrichten. Kleine Indie-Entwickler bleiben trotz kreativer Ansätze oft im Schatten der großen Akteure. Auch im umkämpften Sektor der Online Casinos bemühen sich Anbieter um Sichtbarkeit. Inwiefern haben deutsche Casinos online die Chance, sich durch Alleinstellungsmerkmale hervorzuheben? Um gegen die Konkurrenz zu bestehen, versuchen Betreiber dieser Branche, mit besonderen Angeboten hervorzustechen.
Ähnlich verhält es sich im Reisebereich, wo Portale wie Booking.com oder Expedia stark frequentierte Unterkünfte und Reiseziele bevorzugen. Einzigartige, weniger bekannte Alternativen sind für viele Nutzer schwer auffindbar, bieten jedoch auch eine Chance, um im Wettbewerb bestimmte Nischengruppen zu bedienen. So setzt etwa „Fairbnb“ auf nachhaltigen Tourismus, indem ein Teil der Einnahmen in lokale Gemeinschaftsprojekte investiert wird. Im Bereich Gaming gibt es Websites wie „itch.io“, die Indie-Entwicklern eine Plattform bieten, ihre Spiele ohne Abhängigkeit von großen Publishern zu vertreiben.
Gegenbewegungen und positive Ansätze
Trotz der Vereinheitlichungstendenzen gibt es auch in der Medienwelt Initiativen, die darauf abzielen, Vielfalt zu fördern. Der Media Forward Fund beispielsweise unterstützt unabhängige Medienprojekte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Ziel ist es, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und Inhalte zu fördern, die abseits des Mainstreams existieren. Mit Fördermitteln von bis zu 400.000 Euro pro Organisation können kleinere Medienhäuser innovative Projekte umsetzen und dadurch mehr Vielfalt in die Berichterstattung bringen.
Ein weiteres Beispiel für eine positive Gegenbewegung ist die Initiative 18, die sich dafür einsetzt, Medienvielfalt und Pressefreiheit auf globaler Ebene zu fördern. Dieses Bündnis strebt an, freie und sichere Medien als das 18. Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen zu verankern, um die Relevanz von Journalismus und Informationsvielfalt zu betonen.
Auch die Politik erkennt zunehmend die Notwendigkeit, der medialen Monokultur entgegenzuwirken. So möchten manche Stimmen der Politik Kultur als Staatsziel in der Verfassung verankert sehen, um den Wert der kulturellen und medialen Vielfalt zu betonen. Dies umfasst auch Reformen in der Filmförderung und Maßnahmen zur Unterstützung unabhängiger Kreativprojekte.
Die deutsche Medienlandschaft bewegt sich 2025 zwischen der algorithmisch getriebenen Vereinheitlichung und der Förderung von Vielfalt durch gezielte Initiativen und Maßnahmen.
Quellen:
https://www.reuters.com/world/europe/german-tiktokers-like-china-russia-more-poll-shows-2025-01-20/
https://www.zeit.de/digital/games/2015-07/itch-io-games-plattform-spiele-indie
https://www.deutschlandfunk.de/bundestagswahl-2025-wahlprogramme-kultur-100.html
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Author: Torben Botterberg
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