Mark Zuckerberg hat sich gestern überraschend an die Öffentlichkeit gewandt. Wie ist das bei Ihnen angekommen und wie haben Sie es inhaltlich verstanden – auch in Bezug auf Deutschland?
Das habe ich als Kehrtwende verstanden. Ich glaube, er versucht jetzt einen auf Elon Musk zu machen. Zuckerberg ist ein Unternehmer und merkt aktuell deutlich, dass ihm die Felle davonschwimmen. Deshalb hat er sich jetzt dafür entschieden, diese sogenannten Faktenchecker in den USA abzuschaffen.
Zuckerberg ist selbst ein aktiver Gegner der Meinungsfreiheit: Er ist mit Facebook und Co der größte Akteur wenn es darum geht, Meinungen zu zensieren. Ist das hier eine Täter-Opfer-Umkehr, die Zuckerberg an sich selbst vorgenommen hat?
Dafür kenne ich ihn zu wenig. Was ich sagen kann: Für mich ist es noch zu wenig glaubhaft, was Zuckerberg da macht. Außerdem muss man aufpassen, ob bei ihm auch Taten folgen. Es schaut zumindest so aus, als würde er erkennen, dass dieses ganze woke System zusammenbricht.
In erster Linie ist der Meta-Chef Unternehmer und sieht, dass ihm bei Facebook, Instagram und Threads die Leute ausbleiben und zunehmend auf X zu finden sind. Bei X spielt die Musik. Die Menschen haben einfach die Schnauze voll. Sie wollen sich nicht mehr zensieren lassen.
Sie sprachen von einem Erkenntnisprozess bei Zuckerberg. Hätten Sie auch gern mal Mäuschen gespielt beim Gespräch zuvor mit Trump und Zuckerberg? Ob der Erkenntnisprozess für Zuckerberg ein erzwungener war?
Da können wir nur spekulieren, ob das erzwungen wurde oder nicht. In welchem Verhältnis stehen Trump und Zuckerberg? Viel lieber würde ich Mäuschen zwischen Musk und Trump spielen.
Zuckerberg schaltet seine Faktenchecker ab, zumindest zunächst in Amerika. Von Europa ist noch gar nicht die Rede. Dafür wird wieder ein plattform-internes System installiert, wo Nutzer Inhalte melden können und die Masse der Meldungen dann in irgendeiner Form entscheidet, wann etwas problematisch wird. Externe Unternehmen sollen nicht mehr an diesem Prozess der Wahrheitsfindung beteiligt sein …
Zuckerberg möchte das ähnlich wie bei X machen, das dann die Community sagen kann: „Halt stop, diese Aussage von diesem oder jenem Account ist falsch“ und auf „Community-Notes“ setzen.
Tatsächlich kann das bei uns auch in Deutschland schwierig werden. Denn wir haben von EU-Verordnungen diese unsägliche „Digital Service Act“-Geschichte. Die Bundesnetzagentur ist wild entschlossen, dieses DSA-Produkt brutal durchzusetzen. Ich habe es so verstanden, dass Zuckerberg keine eigentlichen Faktenchecker mehr will, sondern er möchte, dass die Plattform-Nutzer sich gegenseitig in einer Art Schwarmintelligenz korrigieren können.
Neuerdings ist die Rede von Kommentaren „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“ etwa bei diesen neuen Meldebehörden gegen Beleidigungen von Muslimen. Warum hat der Mensch kein Recht auf Fakenews? Man müsste doch – so die Aussage nicht strafbar ist – das Recht haben, eine Falschbehauptung zu fällen. Warum also löschen?
Eine interessante Frage. Denn wenn eine Aussage strafrechtlich relevant ist, dann haben wir bereits genug Instrumentarien. Etwas unterhalb der Strafbarkeit zu verfolgenden und zu löschen ist etwas Regulatives.
Ein Recht auf Fake News braucht es nicht. Allerdings ein Recht auf eigenständige Entscheidung und Einordnung von Äußerungen als Desinformation oder Falschinformation. Desinformation ist bewusste Täuschung. Fehlinformation ist ohne Absicht. Die Kompetenz, hierüber zu urteilen und zu kategorisieren, sollte beim Individuum liegen. Jemand kann einfach auch Quatsch erzählen. Das passiert doch oft genug. Dann kann man dem Account entgegentreten und Gegenrede erheben, wenn man möchte. Aber Beiträge oder Accounts gleich zu löschen, halte ich für deutlich übertrieben. Wer dies fordert, hat Angst vor absoluter freier Meinungsäußerung. Demokratie und die freie Meinungsäußerung muss es verkraften können, dass es Menschen gibt, die unbewusst oder auch ganz bewusst falsche Aussagen machen.
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Ich finde es oft hilfreich, das Feedback auf einen Kommentar zu lesen. Der Verlauf selbst ist im Idealfall eine Abhandlung, ein Für und Wieder zum Inhalt des Kommentars. Wenn man gleich alles löscht, fällt diese oft hilfreiche Auseinandersetzung weg …
Das setzt den mündigen Bürger voraus, den wir zweifellos haben und auch haben wollen. Sonst gibt es einfach nur noch Vorgekautes. Das ist insofern schräg, weil sich die Menschen dann gar nicht mehr bemühen werden, bestimmte Informationen und Aussagen tatsächlich auf deren Richtigkeit zu überprüfen. Manche Dinge lassen sich nicht sofort einordnen, darstellen oder überprüfen. Die müssen reifen und brauchen ihre Zeit. Ganz viele Äußerungen sind auch Meinungen, die weder belegbar noch widerlegbar sing und man durchaus haben darf.
Die öffentlich-Rechtlichen haben keine externen Faktenchecker. Aber warum eigentlich nicht?
Das kommt einfach aus deren Selbstverständnis heraus: „Was wir erzählen, ist die Wahrheit.“ Diese ganze Faktencheckerei wird überbewertet. Die Leute können sich zu Aussagen selbst ein Urteil bilden. Das kostet jedoch Zeit und setzt auch ein bestimmtes Wissen voraus. Man sollte die Dinge mehr hinterfragen. Leider wird uns dies schon sehr lange und wirkungsvoll aberzogen.
Wie sehe es da mit einem Schulfach „Soziale Medien“ aus?
Das kommt wieder ganz auf den Lehrer und den Lehrplan an …
Sie meinen, dass könnte hinten losgehen?
Es kann total nach hinten losgehen! Man schlägt schnell irgendetwas vor. Dann muss ein Schulfach und dazu eine Ausbildung für den Lehrer her. Aber wer soll es ausbilden? Und wer überprüft die Ausbilder? Angenommen, das ist jemand, der eher zu den Woken gehört, die die Meinungsfreiheit gern in einem Korsett sehen, da können Sie sich vorstellen, was derjenige dann im Unterricht erzählen wird. Das sehe ich mit Sorge …
Letzte Frage zur Motivation der Faktenchecker selbst. Da haben wir beispielsweise Correctiv oder die Bertelsmann Tochter Arvato, die hier aktiv sind. Geht es dabei um Politik oder Umsatz? Warum machen die das überhaupt? Warum wollen Journalisten Faktenchecker spielen? Mir ist völlig unklar, wie man überhaupt auf so etwas kommen kann und was für Charaktere dahinterstecken …
Da muss man einfach die Frage stellen, woher kommt das Geld? Ich glaube, das sind bezahlte Söldner.
Wenn das der Staat finanziert, wäre das okay? Ist das in Ordnung, wenn das ein Bundesministerium finanziert, etwa über dieses hunderte von Millionen schwere Projekt „Demokratie leben!“?
Das würde ich mit großer Sorge sehen, weil wir zum Beispiel in der Pandemie gesehen haben, wie sehr sich der Staat und Politik in bestimmte Bereiche eingemischt haben. Mein gern zitiertes Beispiel ist das Robert Koch-Institut: Da gab es eine Behörde, die einen ganz anderen Auftrag hatte, nämlich wirklich für den Schutz der Bevölkerung da zu sein. Im Innenverhältnis haben die tatsächlich bestimmte Dinge gesehen und auch mit Sorge bezüglich der Pandemiemaßnahmen eingeordnet. Aber die Politik – in dem Fall die Gesundheitsminister Spahn und Lauterbach – haben auf eine Weise politisch eingegriffen, dass am Ende etwas ganz anderes rauskam.
Die Regierung braucht zwingend Faktenchecker. Und da sind Sie die Opposition und ich bin die Neuen Medien. Da sitzen wir in einem Boot. Wir sind die Faktenchecker der Bundesregierung …
Wenn Sie das so sehen wollen. So kann man es durchaus sehen.
Danke für das Gespräch!
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Author:
Alexander Wallasch