Es ist wieder einmal an der Zeit, die Fragen zu stellen, die außer uns kaum jemand stellt.
Die Bilder aus Wales, genauer aus Pontypridd, die um die Welt gehen, sind einmal mehr Anlass dafür, die a-Normalität der Wetterereignisse der letzten Jahre zu beschwören und die Überschwemmungen in die „Menschen-machen-Klimawandel“-Erzählung einzupassen. Und in der Tat, die Bilder aus Pontypridd sind heftig:
Für den Spiegel sind solche Überschwemmungen Ergebnis eines a-normalen „Mistwetters“:
„Schlechtes Wetter sind die Menschen in Großbritannien durchaus gewohnt, erst recht im November. Doch was sich derzeit auf der Insel abspielt, geht weit über das normale, spätherbstliche Mistwetter hinaus.“
Tut es das?
Überschwemmungen in Wales und England sind nicht gerade selten.
Sie sind eher eine normale Begebenheit, weshalb wir nicht im Tal, sondern am Hang leben. Wenn es überschwemmt, dann unter uns, nicht um uns.
Auch heftige Überflutungen ganzer Städte, wie sie dieses Jahr in Pontypridd zu sehen waren, sind nicht gerade selten:
Cardiff (10 Meilen von Pontypridd entfernt) 1931:
oder vier Jahre früher: Cardiff 1927
In Pontypridd sind Überschwemmungen für unter anderem die Jahre
1921
1929
1960
1979
Das Jahr der „Great Flood“, ein Millionenschaden, mehrere Tote, weite Überschwemmungen in den Valleys of Wales:
„Millions of pounds worth of damage was caused by raging floods in South Wales – at least three people, probably four, died and thousands of homes were ravaged by water.
Unlike the last great floods 20 years ago, this time the valleys bore the brunt of the damage with more than two thousand homes damaged in Mid Glamorgan alone.
But areas of Cardiff near the River Taff also suffered and today the Secretary of State for Wales, Nicholas Edwards, was visiting stricken areas.
In Merthyr, two pensioners died when a wall of water 10 feet high smashed into their cottage home.“
und 2020 dokumentiert:
Ist die aktuelle Überschwemmung als Ergebnis von „Mistwetter“ doch nicht so ungewöhnlich, wie man beim Spiegel denkt?
Nähern wir uns der Frage.
Die wenigsten werden die Topographie von Pontypridd oder Wales kennen.
Ergo zunächst: Der Tatort.
Pontypridd ist eine rund 31.000 Seelen Gemeinde im Rhondda-Valley, dem Valley für Kohle und Stahl in Wales, in dem heute indes nur noch Museen von der Geschichte des Kohlebergbaus und der Stahlproduktion künden.
Wer die Valleys in Wales schon einmal befahren hat, der weiß, dass sie letztlich die Ausläufer der Brecon Beacons sind. Im folgenden Video, das eine Fahrt auf der A470 von Brecon bis Pontypridd zeigt, kann man einen Eindruck von den Verhältnissen vor Ort und vor allem davon gewinnen, dass viele Gemeinde in den Valleys quasi in dieselben gequetscht wurden, links und rechts von Bergen umsäumt:
Wo es Berg und Täler gibt, da gibt es Wasser und Flüsse, und wenn es in Wales etwas gibt, das es so häufig gibt, dass man sicher zu keinem Zeitpunkt auch nur den geringsten Mangel daran haben kann, dann ist das Wasser, von oben, von unten, von links, von rechts, Wasser ist überall und in Pontypridd ist besonders viel davon, denn hier mündet der River Rhondda in den River Taff und beide bringen aus den Brecon Beacons all das Wasser mit, das der Regen über den Bergen abgeladen hat.
Und wenn viel Regen über viel Berg und ziemlich viel Wald für Waliser Verhältnisse abgeladen wird, dann ist die Frage, wie lange der Regen benötigt, um in den Flüssen anzukommen, für die Gemeinden, die entlang der Flüsse liegen, sicher von vitaler Bedeutung und die Zeit, die das Wasser benötigt, um sich zu sammeln, macht den Unterschied zwischen Überschwemmung und hohem Wasserstand.
Glücklicherweise wirken Teile der Brecon Beacons wie ein Schwamm, der den Regen aufnimmt. Der Begriff „bog“, dt: Sumpf, bringt das für Briten zum Ausdruck, bei der Übersetzung bleibt in des die eigentliche Erfahrung eines „bog“ auf der Strecke, in der Regel eine Mischung aus Torf, kniehohem Gras und plötzlich auftauchenden Wasserflächen, die zuweilen so gut unter dem kniehohen Gras versteckt sind, dass man sie erst bemerkt, wenn man knöcheltief drinsteht. Weite Teile der bogs in den Black Mountains oder den Brecon Beacons sind mit Höhlen und Zisternen durchsetzt, durch die Berge zieht sich ein elaboriertes Höhlensystem, dessen Schönheit man in Dan Yr Ogof gegen einen Obolus in eigener Anschauung erleben kann.
Und hier kommt nun die Frage, die uns interessiert, ins Spiel.
Fährt man die M4 in Richtung Cardiff, dann fährt man entlang eines Spaliers von Vogelschreddern, die auf den Bergrücken errichtet wurden. Gerade in den Valleys gibt es unzählige Windparks, darunter Pen y Cymoedd, betrieben von Vattenfall, beworben als der größte Windpark in England und Wales, 76 Windturbinen sind mit ihrem Fundament in ausgerechnet ein Schutzgebiet, das der Wiederherstellung einer Torflandschaft gewidmet ist, eingebracht worden:
Damit wir wissen, wovon wir bei jeder einzelnen dieser Windturbinen sprechen:
Die Menge an Stahl und Beton, die in den Boden eingebracht wird, damit eine Windturbine nicht beim ersten Wind umfällt, ist erheblich und wächst mit der Höhe des Vogelschredders:
Bis zu 1.600 Tonnen Beton und Stahl werden im Fundament einer Windturbine versenkt und damit wird der Boden versiegelt und versiegelter Boden wirkt sich fördernd auf den Wasserabfluss und auf die Wahrscheinlichkeit von Überschwemmungen aus. Da es KEINERLEI Forschung dazu gibt, wie die Unmengen von Stahl und Beton, die in Böden eingebracht werden, die für Windparks erschlossen werden, die zuvor noch Regenwasser aufnehmen konnten, sich auf die Gefahr von Überschwemmungen auswirken, muss man sich dieser Frage über die Literatur widmen, die die Wahrscheinlichkeit von Überschwemmungen als Funktion einer Versiegelung des Bodens zum Gegenstand hat:
Armenise, Elena, Robert W. Simmons, Sujung Ahn, Amin Garbout, Stefan H. Doerr, Sacha J. Mooney, Craig J. Sturrock, and Karl Ritz (2018). Soil seal development under simulated rainfall: Structural, physical and hydrological dynamics. Journal of hydrology 556: 211-219.
Dorner, Willy, Mark Porter, and R. Metzka (2008). Are floods in part a form of land use externality?. Natural Hazards and Earth System Sciences 8(3): 523-532.
Onda, Yuichi, Takashi Gomi, Shigeru Mizugaki, Toshiro Nonoda, and Roy C. Sidle (2010). An overview of the field and modelling studies on the effects of forest devastation on flooding and environmental issues. Hydrological Processes: An International Journal 24(5): 527-534.
Pérez-Morales, Alfredo, Asunción Romero-Díaz, and Emilio Illán-Fernandez (2021). Rainfall, anthropogenic soil sealing, and floods. An example from southeastern Spain. Precipitation: 499-520.
Pistocchi, Alberto, Costanza Calzolari, Francesco Malucelli, and Fabrizio Ungaro (2015). Soil sealing and flood risks in the plains of Emilia-Romagna, Italy. Journal of Hydrology: Regional Studies 4: 398-409.
Wir haben einige Studien zu diesem Thema gefunden. Sie kommen letztlich alle zu dem Ergebnis, dass die Versiegelung von Böden die Wahrscheinlichkeit von Überschwemmungen erhöht, in manchen Studien erheblich erhöht, wobei die Gefahr als solche eine Funktion davon ist, wie drastisch der Eingriff in die Natur letztlich ist:
- Wie viel Fläche wird versiegelt?
- Wie störend wirkt sich die versiegelte Fläche auf die Biosphäre aus?
- Wie massiv verändert die versiegelte Fläche den Wasserkreislauf im betroffenen Gebiet?
- Wie intensiv wirkt sich die versiegelte Fläche auf die Fähigkeit eines Areals aus, Wasser zurückzuhalten?
- Und vieles mehr.
Pontypridd, durch seine hervorgehobene Lage am Zusammenfluss zweier großer Flüsse, die beide viel Wasser aus den Brecon Beacons mitbringen, scheint prädestiniert zu sein, um die Konsequenzen von Abholzung und Flächenversiegelung zu spüren zu bekommen. Und in der Tat befindet sich der Windpark Pen y Cymoedd in unmittelbare Nähe von Pontypridd und im Einzugsbereich der Flüsse Rhondda Fawr und Rhondda Fach, die kurz vor Pontybridd zusammenfließen, um dann als Rhondda in den Taff und durch Pontypridd zu fließen.
76 Windturbinen und mehrere 10.000 Tonnen Stahl und Beton ihrer Fundamente haben Teile eines typischen bogs, eines Torfschutzgebiets versiegelt und die dort einst vorhandene Fähigkeit, Regenwasser zurückzuhalten, zerstört.
Dass davon mit Sicherheit ein Effekt auf die Geschwindigkeit ausgeht, mit der Regenwasser aus den umliegenden Bergen in den Flüssen Rhondda Fawr und Fach ankommt, darüber muss man vermutlich nicht streiten. Ob der Effekt ausreicht, um die mehr oder minder in dieser Gegend normalen Überschwemmungen zu im Ausmaß nicht normalen Überschwemmungen zu machen, das ist eine Frage, die so langsam untersucht werden muss.
Aber Forschung zu dieser uns interessierenden Frage gibt es keine: Ob und wenn ja in welchem Umfang, Windparks, die auf Hügeln oder Bergrücken errichtet wurden, zu Überschwemmungen beitragen, das sind Fragen, die bislang niemanden zu interessieren scheinen. Geben wir diese Frage daher an unsere Leser weiter und fragen: Was glauben Sie, ob und wenn ja in welcher Weise und welchem Umfang Windparks z.B. aufgrund des mit ihnen versiegelten Bodens zu Überschwemmungen beitragen? Wenn Sie der Meinung sind, Überschwemmungen stellen sich als Folge der Flächenversiegelung ein, dann interessiert uns Ihre Argumentation …
Wir sind auf die Hinweise und Antworten gespannt.
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Author: Michael Klein
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