In Polen jubeln die Konservativen – in Deutschland geben sie sich bescheiden. Karol Nawrocki, ein technokratischer Rechter, wird Präsident – gegen Medien, gegen Elite, gegen Prognosen. Die CDU von Friedrich Merz führt zwar formell die Bundesregierung, aber sie gibt nicht den Ton an – das tut Rot-Grün. Schlimmer noch: Die Union führt nicht einmal die Debatte. Sie bleibt numerisch stark, aber geistig defensiv. Merz reagiert mehr, als er regiert – und er agiert, als wolle er bloß nicht auffallen. Während Nawrocki den Konservatismus als offenen Gegenentwurf zur linken Orthodoxie auflädt, versucht Merz, ihn möglichst schamhaft zu verleugnen und zu verstecken. Was Nawrocki gelingt, wäre Merz unmöglich: der offene Bruch mit dem rot-grünen Konsens. Warum ist das so? Und was sagt es über die politische Psyche dieses Landes?
Vielleicht ist es am Ende gar keine Frage der Politik – sondern der Psychologie. In Polen haben die Wähler nach Jahren der Spaltung und Polarisierung offenbar genug von erzieherischer Arroganz. Nawrocki spricht eine klare Sprache, ist sachlich, nüchtern, technokratisch – und eben nicht das, was westliche Medien gern als „rechtspopulistisch“ abkanzeln. Obwohl die deutschen Medien sich an seiner Boxer-Vergangenheit abarbeiten und ihn lieber als Schläger denn als Denker porträtieren, wirkt er jenseits der rot-grünen Medien-Blase wie der höfliche Neffe von Ungarn-Premier Viktor Orbán – mit Harvard-Akzent statt Schlagwort-Keule. Und gerade deshalb funktioniert er.
In Deutschland hingegen scheint die bürgerliche Rechte längst resigniert zu haben. Sie traut sich nicht einmal mehr, sich so zu nennen – denn „rechts“ wurde absurderweise zum Synonym für „rechtsextrem“, obwohl es das schlicht nicht ist. Merz hat zwar seine Partei diszipliniert – aber nicht elektrisiert. Er ist keine Projektionsfläche für Widerstand gegen den rot-grünen Umbau von Staat und Gesellschaft, sondern eine Verlegenheitslösung für die politische Mitte. Wer sich einen echten Richtungswechsel erhofft, glaubt nicht an die CDU – sondern an Wunder. Denn Merz traut sich nicht, das zu tun, was Nawrocki geschafft hat: den Konservatismus als gesellschaftliche Alternative zu formulieren, nicht bloß als Verwaltungslösung.
Der Unterschied liegt im Mut zur Konfrontation. In Polen kann ein Kandidat gewinnen, der sich gegen Brüssel stellt, gegen woke Narrative, gegen die Umwandlung des Staates in eine moralische Erziehungsanstalt. In Deutschland hingegen muss man jeden Satz, der nicht beim „Spiegel“ auf Zustimmung trifft, mit fünf Fußnoten abmildern. Merz weiß das. Und er handelt danach. Seine Vorsicht ist keine Strategie, sondern Anpassung an ein Meinungsklima, das konservative Positionen sofort pathologisiert.
Die Medien spielen dabei eine Schlüsselrolle – in beiden Ländern. Der Wahlsieg Nawrockis wird in deutschen Redaktionen mit verkniffenem Blick beobachtet – und möglichst leise behandelt. Oder skandalisiert. Diese Mischung aus selektivem Schweigen und wohl dosierter Skandalisierung sagt oft mehr über die politische Lage aus als jedes Leitartikel-Pathos. Denn die eigentliche Frage ist: Warum wäre so ein Wahlsieg in Deutschland kaum denkbar – oder würde sogar als Gefahr deklariert?
Antwort: Weil in Deutschland nicht das Wahlergebnis zählt, sondern die Deutungshoheit. Und diese ist fest in Händen einer rot-grünen Öffentlichkeit, in der Konservative bestenfalls geduldet, oft aber als Reaktionäre markiert werden. Nawrocki widerspricht dieser Ordnung – Merz fügt sich ihr. Auch deshalb wird ersterer Präsident – und letzterer bleibt auf Bewährung.
Vielleicht ist das das Bitterste an der deutschen Lage: Dass selbst konservative Erfolge nur dann akzeptiert werden, wenn sie so harmlos wirken, dass niemand sie ernst nehmen muss. Nawrocki hingegen wird ernst genommen – gerade weil er nicht um Erlaubnis fragt.
Ein Gedanke, der in Deutschland fast schon als radikal gilt.
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