Berlin (ots)
Der Berufsverband der Verfahrensbeistände (BVEB) fordert gesetzliche Vorgaben für die Zertifizierung von Verfahrensbeiständen. Der stellvertretende Verbandsvorsitzende Ulrich Ames kritisiert darüber hinaus, dass es keine Kontrollinstanz für die Qualifikationen und die Eignung von Verfahrensbeiständen gibt. Das sei insbesondere bei Fällen mit häuslicher Gewalt relevant.
„Wir brauchen eine klare gesetzliche Vorgabe, welche Inhalte und welchen Umfang die Ausbildung haben muss und wer möglicherweise Ausbildungsträger zertifiziert“, sagt Ames vom BVEB. Es müsse klar sein, wer als Verfahrensbeistand arbeiten darf und wie Qualifikationen nachgewiesen werden müssen. Nötig seien verpflichtende Ausbildungsstandards, die häusliche Gewalt beinhalten. „Wir wünschen uns, dass die Beteiligten in familienrechtlichen Auseinandersetzungen verpflichtende Fortbildungen zu häuslicher und sexualisierter Gewalt nachweisen müssen,“ ergänzt Ames.
Auch der Deutsche Juristinnenbund (DJB) fordert, die Gewaltschutzthematik bei der Ausbildung und Zertifizierung zum Verfahrensbeistand gesetzlich vorzuschreiben. Dabei gehe es insbesondere um das Recht beider Elternteile auf den Umgang mit dem gemeinsamen Kind, wenn es Gewaltvorfälle in der Familie gab. „Es kommt sehr häufig vor, dass das Recht, das Kind sehen zu dürfen, höher bewertet wird, als die Gewalt, die in der Vergangenheit vorgekommen ist,“ sagt Birte Strack vom Juristinnenbund im Interview mit rbb24 Recherche. Grund dafür ist aus Sicht der Experten eine mangelhafte Qualifikation und Sensibilisierung in Bezug auf die Auswirkungen von häuslicher Gewalt auf das Kindeswohl.
Verfahrensbeistände vertreten in Umgangs- und Sorgerechtsstreits vor dem Familiengericht den Kindeswillen. Sie werden von den Richtern eingesetzt. Grundsätzliche Ausbildungsvorgaben sind seit 2021 gesetzlich geregelt: Verfahrensbeistände müssen Juristen, Pädagogen oder Psychologen sein und eine Zusatzzertifizierung nachweisen. Deren Inhalte sind jedoch nicht vorgeschrieben. Häusliche Gewalt ist kein verpflichtender Lerninhalt.
Der Berufsverband erkennt Zertifizierungslehrgänge an, wenn sie mindestens 150 Stunden umfassen, alle drei gesetzlich vorgeschriebenen Professionen vertreten sind und die Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt unterrichtet wird. Bislang erfüllen nur vier Träger in ganz Deutschland diese Kriterien. Mindestens acht weitere arbeiten ohne Anerkennung. Die Familiengerichte müssen sich nicht am Berufsverband orientieren.
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