• 21. März 2025

Nach umstrittener Grundgesetzänderung: Wirtschaftsrat mit Bündel an konkreten Vorschlägen / Wolfgang Steiger: Jetzt kommt es umso mehr auf mutige Strukturreformen an

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März 21, 2025
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Berlin (ots)

Nach dem Bundestag hat nun heute auch der Bundesrat die umstrittene Grundgesetzänderung gebilligt. Der Wirtschaftsrat hatte im Vorfeld immer wieder auf die Risiken hingewiesen, die das 500 Mrd. Euro Sondervermögen für Infrastruktur beinhaltet, u.a. hinsichtlich Zinsaufwand, Inflation sowie Verlockungen von Spielräumen, die sich durch die Maßnahmen im regulären Haushalt ergeben könnten. Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates: „Jetzt, da die umstrittenen Änderungen gebilligt sind, wird es umso mehr auf mutige Strukturreformen für mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit ankommen. Diese müssen einhergehen mit spürbaren Konsolidierungsergebnissen in den verschiedenen Haushaltsstellen.“

Der Wirtschaftsrat hat zu diesem Zweck eine ganze Reihe konkreter Ansatzpunkte für die verschiedenen Politikfelder erarbeitet. Diese beinhalten unter anderem:

Finanzen & Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik

  • Kapitalabflüsse in Rekordhöhe von 100 Milliarden Euro jährlich demonstrieren, dass der Standort Deutschland aktuell auf international mobiles Kapital abstoßend wirkt. Ein Grund hierfür ist die im Ländervergleich viel zu hohe Steuern- und Abgabenlast. Umso wichtiger ist die Absenkung des durchschnittlichen Unternehmenssteuersatzes von heute rund 30 Prozent auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von maximal 25 Prozent, außerdem eine drastische Entschlackung des deutschen Steuerrechts. Die 25 Prozent sind die absolute Obergrenze, denn damit lägen wir noch immer über dem Durchschnitt von OECD und EU.
  • Die Kosten für Fixierung des Rentenniveaus und Mütterrente 3.0 würden sich auf mindestens 500 Milliarden Euro in den kommenden 20 Jahren summieren. Mit diesen Zusatzlasten für Betriebe und die fleißigen Arbeitnehmer in unserem Land kann die Wirtschaftswende nicht gelingen – ganz im Gegenteil gäben Union und SPD noch einmal kräftig Gas in Richtung eines dramatischen Belastungstests unserer Sozialsysteme. Entsprechend der zwischenzeitlich gestiegenen Lebenserwartung wäre eine weitere Erhöhung der Regelaltersgrenze der Königsweg. Sollten sich Union und SPD hierauf nicht einigen können, wäre es das Mindeste, keine weiteren Belastungen für die Rentenbeitragszahler zu beschließen.
  • In der aktuellen Situation erfordert der Arbeitskräftemangel umso mehr die Aktivierung des Potenzials Arbeitsloser. Hierzu führt an der konsequenten Sanktionierung unkooperativer Transferempfänger kein Weg vorbei. Wenn hierdurch 500.000 ehemalige Transferempfänger in Arbeit gelangten, ersparte dies den öffentlichen Haushalten nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Ausgaben von 4 Milliarden Euro jährlich.
  • Attraktive Löhne müssen sich am Markt bilden, ein politisch verordneter Lohnkostenschock dagegen zerstört Arbeitsplätze und Wohlstand. In diesen Zeiten, in denen die deutschen Unternehmen mit ihren Kosten nicht mehr wettbewerbsfähig sind, wäre eine abermalige Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf dann 15 Euro verheerend.
  • Die Krankenhausfinanzierung muss endlich auskömmlich und existenzsichernd für die Krankenhäuser werden. Es darf keine kalte Bereinigung der Krankenhauslandschaft geben, die die Versorgungssicherheit insbesondere in ländlichen Regionen gefährdet. Die Zahl der insolventen Krankenhäuser hat inzwischen ein erschreckendes Ausmaß angenommen. Angesichts der großen Bedeutung, die Krankenhäuser als Arbeitgeber haben, wäre dies nicht nur für die Versorgungssicherheit, sondern auch für die wirtschaftliche Sicherheit (insbesondere in peripheren Regionen) verheerend. Alle Reformvorhaben müssen zu einer finanziellen Stabilisierung der Krankenhäuser führen. Für die Transformation der Krankenhauslandschaft hin zu einer sektorenübergreifenden Struktur müssen ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Staatsmodernisierung, Außenwirtschaft & Finanzierung

  • Der deutsche Staat steht vor einem Regelungsinfarkt. Staatsaufgaben müssen kritisch überprüft und Verwaltung neu gedacht werden, um Bürokratie abzubauen. Auch der Föderalismus braucht Reformen. Eine echte Staatsmodernisierung ist eine Führungsaufgabe – die Bundesregierung muss sie zur Chefsache machen und zentral im Kanzleramt koordinieren.
  • Die Exportwirtschaft ist das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft. Damit sie in Zeiten veränderter Wertschöpfungsketten neue Märkte in Entwicklungs- und Schwellenländern erschließen kann, braucht sie bessere Rahmenbedingungen. Dafür muss die nächste Bundesregierung Entwicklungs- und Außenwirtschaftspolitik enger verzahnen und die Finanzierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in eine erweiterte Außenwirtschaftsfinanzierung integrieren. Das erfordert eine Aufteilung des bisherigen Entwicklungshilfeministerium in das Bundeswirtschaftsministerium und das Auswärtige Amt.
  • Es braucht bessere Bedingungen für die Finanzierung von Unternehmen und mehr privates Kapital für Investitionen. Die Bundesregierung muss alternative Finanzierungsinstrumente wie Verbriefungen stärken und Hürden für Investitionen des Marktes in Unternehmen abbauen. Gerade die exportorientierte deutsche Wirtschaft steht auf Grund von Geoökonomie und Strukturwandel vor gewaltigen Investitionen in neue Lieferketten und Geschäftsmodelle. Klassische Kreditfinanzierung reicht hierfür nicht mehr aus.
  • Der Strukturwandel der deutschen Wirtschaft geht über Nachhaltigkeitsziele hinaus. Es braucht daher künftig einen Innovationsbeirat bei der Bundesregierung, der den Beirat Sustainable Finance ablöst. Der Innovationsbeirat bringt Expertisen aus der Finanz- und Realwirtschaft und Wissenschaft zusammen. Er soll Vorschläge entwickeln und beraten, wie private und öffentliche Finanzierungsmittel effizient und wirkungsvoller für den technologischen und strukturellen Wandel mobilisiert werden können.

Industrie- & Energiepolitik

  • Die Energiewende muss endlich effizient und bezahlbar werden. Jahrzehntelang standen allein Klimaziele im Fokus, während Versorgungssicherheit als selbstverständlich galt und Kosten ignoriert wurden – ein schwerer Fehler. Der ungesteuerte Ausbau von Photovoltaik gefährdet die Netzstabilität, während Wind- und Solarstrom allein keine sichere Energieversorgung gewährleisten. Eine 100-Prozent-Versorgung mit erneuerbaren Energien ist ohne Backup-Kraftwerke und einem damit einhergehenden unbezahlbaren Netzausbau illusorisch. Gleichzeitig gehen immer mehr Kraftwerke aus dem Betrieb. Die Folge: steigende Strompreise und wachsende Risiken für unsere Energieversorgung.
  • Das Ziel von 100 Prozent erneuerbaren Energien muss aufgegeben werden. Gleichzeitig müssen wir alle Kostensenkungspotenziale heben – etwa durch den Verzicht auf den teuren Erdkabelvorrang im Netzausbau. Genehmigungsverfahren gehören massiv beschleunigt, das Verbandsklagerecht abgeschafft. Die Wasserstoffinfrastruktur kann nur gelingen, wenn alle klimafreundlichen Wasserstoffarten akzeptiert werden, auch blauer Wasserstoff. Zudem brauchen wir die Freigabe der CCS/CCU-Technologie für alle Anwendungen. Eine sichere und bezahlbare Energieversorgung wird es nur geben, wenn die letzten abgeschalteten Kernkraftwerke wieder ans Netz gehen und die Nutzung eigener Gasquellen durch Fracking erlaubt wird.

Digitalisierung & Cyber-Sicherheit

  • Deutschland braucht jetzt klare Zuständigkeiten, effiziente Koordination und gezielte Investitionen, um digitale Resilienz zu stärken. Das Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik muss als zentrale Sicherheitsinstanz ausgebaut, die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Wirtschaft verbessert und ein dediziertes Cybersecurity-Budget geschaffen werden. Die Umsetzung von NIS2 und des KRITIS-Dach-Gesetzes muss zügig erfolgen, um einheitliche Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Denn: Cyberangriffe verursachen jährlich Schäden von über 200 Milliarden Euro – nur durch eine entschlossene Reform und Investitionen kann Deutschland seine technologische Souveränität sichern.
  • Deutschland braucht eine innovationsfreundliche KI-Regulierung und gezielte Investitionen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Eine zentrale Steuerung der KI-Politik, eine wirtschaftsfreundliche Umsetzung des EU AI Acts und ein regulatorischer Rahmen, der Innovation fördert statt hemmt, sind entscheidend. Gleichzeitig müssen Hochleistungsrechenzentren, sichere Cloud-Infrastrukturen und rechtssichere Datenräume ausgebaut werden. Während andere Länder gezielt in KI investieren, riskiert Deutschland durch regulatorische Unsicherheit und fragmentierte Zuständigkeiten den Anschluss. Nur mit strategischer Koordination und smarten Investitionen kann „KI made in Europe“ global erfolgreich sein.

Wohnen & Immobilien

  • Das aktuelle Mietrecht mit Instrumenten wie Mietpreisbremse, Kappungsgrenze, Umlagedeckel verhindert dringend gebrauchten Investitionen – für jeden ablesbar an der eingebrochenen Wohnungsbautätigkeit. Eine stärkere Subjektförderung, die zielgenau Mieter mit kleinem Einkommen entlastet, würde helfen, die soziale Verträglichkeit von Neubau wie Wärmewende abzusichern. Zugleich würde dies dabei helfen, Baukosten zu refinanzieren.
  • Das ineffiziente Heizungsgesetz und die CO2-Abgabe müssen abgeschafft werden, um Wohnen hierzulande nicht noch weiter zu verteuern! Ab 2027 regelt der EU-Emissionshandel (ETS II) den Klimaschutz im Gebäudesektor. Er setzt auf den Markt statt auf starre Technologievorgaben. Ein Beibehalten von Heizungsgesetz und CO2-Abgabe würde zu einer nationalen Doppelregulierung führen.

Deutsche Bahn

  • Das Schienennetz ist Teil der Daseinsvorsorge, nicht aber dessen Betrieb. Deshalb gehört das Schienennetz dem Zugriff eines im Wettbewerb stehenden Unternehmens entzogen. Netzbetreiber müssen unabhängig sein. Nur mit einem unabhängigen Netzbetreiber können Trassenkapazitäten neutral und effizient vermarktet werden. Die aktuelle Konstellation bremst diese Effizienz oft aus.
  • Für uns ist klar: Die Trennung von Netz und Betrieb heilt nicht nur einen ordnungspolitischen Fehler, sie sorgt für bessere Angebote und damit dafür, Verkehre von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Das zeigen die Erfahrungen im Nahverkehr. So hat hier die Marktöffnung zu mehr Verbindungen und mehr Fahrgästen und zu sinkenden Zuschüssen der Länder für die entsprechenden Strecken geführt. Wettbewerb zahlt sich aus. Und: Steigen mehr Menschen infolge besserer Angebote vom Auto auf die Bahn um und werden mehr Güter per Bahn statt Lkw transportiert, sinken die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor.
  • Die Bahnpolitik der Ampel-Koalition hat erwiesenermaßen nicht zu den gewünschten Verlagerungseffekten geführt. Solange es keinen wirklich unabhängigen Betreiber der Schieneninfrastruktur gibt, der die Verfügbarkeit des Netzes neutral regelt und damit optimale Angebote im Sinne des Verkehrsträgers Schiene ermöglicht, wird weiterhin das Geld der Steuerzahler in den Strukturen der DB versickern, ohne die erhoffte Wirkung für das Gesamtsystem Schiene zu entfalten.

Einzelhandel

  • Der Einzelhandel steht unter Druck. Neben Bürokratie, hohen Kosten und inflationsbedingter Kaufzurückhaltung der Verbraucher gefährdet unfaire Konkurrenz durch chinesische Plattformen wie Temu und Shein die heimischen Unternehmen. Die Bundesregierung muss endlich faire Marktbedingungen schaffen: Hierzu zählt u.a. eine adäquate Besteuerung ausländischer Onlinehändler. Der Vorschlag: Einführung einer „digitalen Betriebsstätte“ für Digitalunternehmen ohne physische Präsenz im Inland. Zudem müssen europäische Standards zur Produkthaftung auch für ausländische Produkte gelten.

Ernährung

  • Ernährung ist Privatsache – Verbraucher sind mündig! Die Politik sollte die Finger vom Teller der Bürger lassen. Werbeverbote für Lebensmittel oder Sondersteuern lehnen wir ab. Stattdessen sollten wir auf Ernährungsbildung – am besten frühzeitig in Kita und Schule – setzen, statt die Menschen zu bevormunden.

Pressekontakt:

Carolin Kallenbach
Stellv. Pressesprecherin
Wirtschaftsrat der CDU e.V.
Tel. 030/24087-314
[email protected]

Original-Content von: Wirtschaftsrat der CDU e.V., übermittelt durch news aktuell

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