Von Kai Rebmann
Steuergeld und Schulden sind nicht selten der Kitt, der eigentlich unvereinbare Positionen innerhalb einer Regierung zusammenhält. Bei der Ampel funktionierte das knapp drei Jahre. Und auch bei CDU, CSU und SPD scheint es keineswegs ausgemacht, dass die nächste Bundestagswahl tatsächlich erst im Frühjahr 2029 stattfindet – zu groß und offensichtlich sind die Ungereimtheiten schon jetzt, ehe Friedrich Merz überhaupt ins Kanzleramt eingezogen ist.
Mehr Netto vom Brutto! So lautet das lauthalsige Versprechen der Koalitionsverhandlungen zwischen Union, Sozialdemokraten und in nicht unwesentlichen Teilen auch den Grünen. Es markiert das Ende eines Weges, auf dem sich Merz die Erfüllung seines Lebenstraums von der Kanzlerschaft quasi erkaufte, und zwar auf Kosten der Steuerzahler und zukünftiger Generationen.
Aber auch schon im Hier und Jetzt drohen dem arbeitenden Teil der Bevölkerung harte Einschnitte im alltäglichen Leben. Wenn womöglich – zumindest vorerst und sofern den Versprechen aus dem Konrad-Adenauer-Haus noch glauben mag – auch nicht bei den Steuern, dann aber umso mehr bei den Sozialabgaben. Führende Experten sagen für die kommenden Jahre eine regelrechte Beitragsexplosion voraus, selbst das Überschreiten der lange für absolut illusorisch gehaltenen Marke von 50 Prozent vom Netto scheint nicht mehr ausgeschlossen.
Kostenfaktor Zusatzbeitrag in der GKV
Aufgrund der zuletzt unter dem zuständigen Minister Karl Lauterbach (SPD) massiv gestiegenen Ausgaben im Gesundheitssektor mussten gesetzlich Versicherte in der Krankenkasse für dieses Jahr mit einem Zusatzbeitrag in Höhe von 2,5 Prozent rechnen. Zum Vergleich: Im Vorjahr, also 2024 lag dieser Wert noch bei 1,7 Prozent, vor zehn Jahren bei nur etwas mehr als einem Drittel (0,9 Prozent).
Aber: Selbst diese Erhöhung innerhalb eines Jahres um fast 50 Prozent wird wohl nicht ausreichen. Stattdessen rechnet der GKV-Spitzenverband schon für das laufende Jahr mit einem tatsächlichen Zusatzbeitrag in Höhe von 2,9 Prozent. Grund dafür ist der Mechanismus, der jeden Haushalt und früher oder später jedes Sozialsystem an seine Grenzen bringt – die Ausgabenseite wächst schneller und höher als die Einnahmenseite. Im konkreten Fall sind das steigende Ausgaben bei der GKV in Höhe von 6,8 Prozent gegenüber einem Zuwachs von nur 5,1 bei den Beiträgen, wie der „Focus“ vorrechnet.
Allein durch diese Maßnahme werden die kumulierten Beiträge für Krankenversicherung, Rente, Pflege und Arbeitslosenversicherung noch im laufenden Jahr die 42-Prozent-Marke reißen (bisher: 41,9 Prozent). Doch das Ende der Fahnenstange ist auch damit zumindest mittelfristig noch lange nicht erreicht.
Steuergelder sichern die Rente – vorerst
Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft sieht das hiesige Sozialsystem für die nahe Zukunft vor „ernsthafte Schwierigkeiten“ gestellt. So werden sich etwa die Rentenkassen in den kommenden Jahren den Prognosen zufolge zu einem Fass ohne Boden entwickeln, das immer wieder mit Steuergeld oder wahlweise neuen Schulden gefüllt werden muss. Schon im Jahr 2025 fehlen hier rund 113 Milliarden Euro, wobei die Festschreibung der Rente auf 48 Prozent und die erweiterte Mütterrente, ein Wahlgeschenk der CSU, in diesem Betrag noch gar nicht eingerechnet sind.
Doch auch das ausgerufene Motto „Mehr ist mehr“ beim Bedienen der Geldruckmaschinerie wird die damit einhergehenden Symptome allenfalls kurzfristig lindern, von Heilung kann ohnehin keine Rede sein. Davon zeigt sich jedenfalls der Wirtschaftsweise Martin Werding von der Ruhr-Universität Bochum in der „Bild“ überzeugt. Von derzeit 18,6 Prozent werde der Rentenbeitrag im Jahr 2027 zunächst auf 19,7 Prozent und im Jahr 2035 schließlich auf 21,2 Prozent angehoben werden müssen, so die Prognose des Experten.
Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer, der auf ein Bruttogehalt von 4.000 Euro bringt, kommt durch seinen jeweils hälftigen Anteil allein bei Rente und Krankenversicherung so auf eine künftige Mehrbelastung von 1.368 Euro, so dass sich die ab dem Jahr 2027 versprochenen Steuerentlastungen auf der Gegenseite – selbst, wenn sie denn kommen sollten – allenfalls wie der berühmte Tropfen auf den heißen Stein auswirken werden.
Das deutsche Sozialsystem, um das uns einmal die ganze Welt beneidete, als es noch funktionierte, steht also vor einer mehr als ungewissen Zukunft. Verantwortlich dafür sind vor allem die in den letzten Jahren geschaffenen Anreize zum Nicht-Arbeiten – Bürgergeld und Co lassen grüßen – sowie eine über weite Strecken ungezügelte und bisweilen illegale Migration in unser Sozialsystem.
Der Kipppunkt ist nicht bloß in Sichtweite, er scheint spätestens in diesem Jahr erreicht worden zu sein. Bis zum Jahr 2035 wird, sofern die oben zitierten Experten recht behalten sollten, der Gesamtbeitrag für die Sozialversicherungen für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer in Deutschland auf mehr als 50 Prozent vom Brutto steigen. Dass der Arbeitgeber davon die Hälfte zu tragen hat, dürfte erstens nur ein schwacher Trost sein und wird zweitens den so dringend benötigten Aufschwung in der Wirtschaft weiter konterkarieren.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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