Es gibt Gesellschaften, die es nicht so genau nehmen mit Regeln – wie in vielen früheren Sowjetrepubliken. Dann wiederum gibt es Länder, die ausgesprochen pingelig sind, was Regeln angeht – wie die Schweiz. Und früher auch Deutschland. Inzwischen hat sich die Bundesrepublik zu einem merkwürdigen Zwitter zwischen beidem entwickelt: Wenn es um so grundlegende Dinge wie Grenzkontrollen und illegale Einreisen geht, spielen Regeln keine Rolle mehr; Parksünder oder Geschwindigkeits-Übertreter hingegen müssen mit der vollen Härte des Gesetzes rechnen – passenden Pass vorausgesetzt, wie mir erst kürzlich bitter klagend ein Polizist berichtete. Nach seinen Worten wird in einem bestimmten Milieu bei solchen Fällen gar nicht mehr nachgehakt. Weil es zu unbequem und umständlich wäre, manchmal auch zu gefährlich.
Der Bundestag verweigert ein Gesetz, das eigentlich nichts anderes umsetzen will als den gesunden Menschenverstand beim Thema Asyl, nach einer hysterischen Debatte, in der es weniger um unzählige Opfer von Gewaltimport ging als vielmehr darum, dass die Falschen für das Richtige stimmen.
Im Geschichtsunterricht haben wir immer wieder von Staaten, Gesellschaften und Systemen erfahren, in denen der Menschenverstand so gut wie ausgesetzt war, und kollektive Verblendung, oft auch Hysterie und Wahn an seine Stelle traten. Gerade wir Deutschen haben das auf ebenso dramatische und tragische Weise erlebt. Damals in meinem Geschichtsunterricht war mir nicht mal ansatzweise bewusst, was für ein Glück ich hatte, in der alten Bundesrepublik in einer – bei allen Fehlern – halbwegs vernunftbasierten Welt zu leben.
In den letzten zwei Jahrzehnten drehte sich dann alles um. Die Zeit war lebendiger Geschichtsunterricht darin, wie eine Gesellschaft aus dem rationalen Zustand in einen der Hysterie und Verblendung kippen kann. Es ging so langsam, so stufenweise, so sanft, dass es die meisten Betroffenen gar nicht wahrnehmen. Zumindest die im Westen – die anders als ihre Landsleute im Osten keine „Impfung“ gegen autoritäre Missstände haben.
Anlass für diese grundlegenden Gedanken ist eine kleine Meldung in der „Berliner Zeitung“ unter der Überschrift: „Schon wieder Landung am Flughafen BER verweigert: Ryanair bittet Wissing um Hilfe.“ Der Irrsinn, um den es da geht, ist nicht neu und ich habe auch schon über ähnliche Fälle hier auf meiner Seite berichtet. Die „Berliner Zeitung“ beschreibt den Vorfall wie folgt: „Es ist schon wieder passiert. Erneut musste ein Flugzeug, das eigentlich am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) landen sollte, stattdessen einen anderen Airport ansteuern. Weil die Deutsche Flugsicherung 20 Minuten nach Beginn des Nachtflugverbots die Landung auf dem Hauptstadt-Flughafen verweigert hatte, wurde Ryanair-Flug FR1143 aus Lissabon nach Hannover umgeleitet. Erst nach 4 Uhr früh trafen die Passagiere nach einer Busfahrt in Schönefeld ein. Es ist längst nicht der erste Vorfall dieser Art.“
Völlig zu Recht empörte sich ein Ryanair-Sprecher: „Es ist ein Skandal, dass Fluggäste gezwungen sind, unter vermeidbaren Störungen zu leiden, weil die Berliner Flugsicherung sich weigert, Fluggesellschaften wie Ryanair eine angemessene Flexibilität einzuräumen, um Fluggäste zu ihrem Zielflughafen zu befördern“, sagte ein Ryanair-Sprecher. Er rief dazu auf, den Bund um Hilfe zu bitten.“ Na, da wünsche ich viel Spaß – bei dieser Chaos-Truppe im Kanzleramt.
Im vorliegenden Fall konnte das Flugzeug aufgrund einer technischen Störung in Lissabon nicht wie geplant um 15 Uhr starten. Erst im Juli 2024 musste ein Flugzeug von Eurowings mit 212 Passagieren durchstarten, weil es wenige Sekunden über der Zeitgrenze von 0 Uhr Berlin anflog. Mit anderen Worten: Die Piloten mussten Vollgas geben und den Airbus mit einem besonders geräuschintensiven Steigflug nach Hannover weiterfliegen. Die Anwohner, die eigentlich durch das nächtliche Landeverbot geschützt werden sollten, hatten dadurch zwar deutlich mehr Lärm als sie durch eine normale Landung ein paar Sekunden außerhalb des genehmigten Zeitrahmens gehabt hätten, die Busfahrt aus Hannover ist nach Ansicht der Klimagläubigen ein Umwelt-Frevel – aber Hauptsache: Regeln einhalten.
Also genau das, was bei illegaler Zuwanderung, Gewaltimport oder Abschiebungen eben nicht passiert.
Ganz ehrlich: Ich bin mit einem Latein am Ende. Ein Journalist kann diese kognitive Dissonanz, ja Schizophrenie eigentlich gar nicht mehr erklären – zumal sie sich ja durch alle Bereiche des täglichen Lebens frisst. Wie kann es sein, dass in einem Land, das völlig besessen ist von Datenschutz, bei Neuvermietungen inzwischen jeder Bewerber finanziell völlig die Hosen herunterlassen und intimste Finanzdaten preisgeben muss? Während dagegen, wenn jemand Sozialleistungen beziehen will, also Geld bekommen möchte, das Steuerzahler hart erarbeitet haben, oft großzügig weggesehen wird. Wie kann es sein, dass die Justiz bei Klimaklebern regelmäßig wegsieht, dafür aber auf lächerliche Satire über Grünen-Politiker mit Hausdurchsuchungen im Morgengrauen reagiert? Wie kann es sein, dass Bargeldbeschaffung massiv eingeschränkt wird, aber Sozialbetrug durch multiple Identitäten bei Asylzuwanderern durchgeht?
Wie kann es sein, dass in der Corona-Zeit Bürger hart bestraft wurden, wenn sie gegen die absurden Vorschriften verstießen, Politiker aber munter weiterleben wie zuvor – ohne Folgen? Wie kann es sein, dass wir die eigenen Atomkraftwerke abschalteten, weil Atomstrom böse ist, aber massiv Strom aus französischen Atomkraftwerken importieren – weil der offenbar nicht böse ist. Wie kann es sein, dass Außenministerin Annalena Baerbock im Bundestag in einem Atemzug männlichen Sexismus beklagt und dann behauptet, sie sei es gewohnt, dass Männer lügen, wenn sie nicht mehr weiterwissen? Wie kann sich Wirtschaftsminister Habeck gleichzeitig selbst als Verteidiger der Meinungsfreiheit und Demokratie sehen, während er beides mit Füßen tritt?
Die Liste der Beispiele ließe sich schier endlos verlängern – ich denke, jeder von Ihnen kennt genügend, auch aus dem eigenen Umfeld.
Wie kommt es zu all dem? Weil unsere Gesellschaft Rationalität und Vernunft hinter sich gelassen und sich in die Hände von Ideologen begeben hat. Schleichend, mit Hilfe aktiver Gehirnwäsche und Propaganda in den großen Medien. Wo Ideologen herrschen, müssen Kausalzusammenhänge verdrängt werden. Und leider lässt sich dieser Mechanismus, einmal angeschaltet, nicht auf einzelne Bereiche beschränken. Die Geschichte ist voll von Beispielen dafür, wie Gesellschaften abdrifteten. Die Bewohner der Osterinsel zerstörten sich durch ihr ideologisches Festhalten an den Moai-Statuen selbst. Heute erleben wir eine moderne Variante: Eine Gesellschaft, die sich von Vernunft und Realität verabschiedet, wird unweigerlich an ihrer eigenen Ideologie scheitern – es ist nur eine Frage der Zeit.
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