München/Berlin (ots)
Fast drei Millionen Patient*innen von Ärzte der Welt – die meisten von ihnen Frauen und Kinder – könnten den Zugang zu medizinischer Grundversorgung verlieren, wenn die neue Bundesregierung den Sparkurs im Bereich der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit fortführt. Die Zahl beruht auf Schätzungen der medizinischen Hilfsorganisation für den Fall, dass CDU, CSU und SPD die Ankündigungen im Koalitionsvertrag umsetzen und die bereits beschlossenen Kürzungen der Vorgängerregierung für 2025 nicht zurücknehmen. Auch die Streichung von Geldern der US-Regierung wirkt sich direkt und indirekt negativ auf die humanitäre Arbeit von Ärzte der Welt aus.
„Die humanitären Auswirkungen der Kürzungen sind verheerend“, sagt die Leiterin der Abteilung für Internationale Programme bei Ärzte der Welt Julia Brunner. „Eine Reduzierung der Unterstützung gefährdet nicht nur das Leben Tausender Menschen, sondern könnte auch langfristige negative Folgen für die politische Stabilität und soziale Entwicklung in den betroffenen Regionen haben. Wir appellieren eindringlich an die Bundesregierung, eine Fortsetzung der Finanzierung sicherzustellen, um das Schlimmste abzuwenden.“
Sollte die Bundesregierung keine weiteren Förderungen bereitstellen, würde das für die Projekte von Ärzte der Welt zum Beispiel konkret bedeuten:
- In Syrien müssen 13 Gesundheitseinrichtungen von Ärzte der Welt schließen, wodurch über 1.029.100 Menschen den Zugang zu medizinischer Versorgung verlieren und 435 medizinische Fachkräfte arbeitslos werden.
- Im Jemen bleiben mehr als 3.600 Geburten pro Jahr unbetreut. Der Zugang zu Schwangerschaftsvor- und nachsorge entfällt für rund 19.000 Frauen. Ein Mangel an professioneller Hilfe kann tödliche Folgen für Mutter und Kind haben.
- In Afghanistan können fünf Gesundheitseinrichtungen nicht mehr betrieben werden. Dadurch entfallen unter anderem über 7.700 psychologische Beratungssitzungen und die Unterstützung von mehr als 1.300 Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt pro Jahr. Ohne diese Unterstützung verstärken sich psychische Leiden, Traumata und soziale Probleme.
- Durch die Schließung von 10 Gesundheitseinrichtungen in Pakistan können unter anderem mehr als 5.500 Familienplanungsberatungen nicht durchgeführt werden. Frauen verlieren die Möglichkeit, informierte Entscheidungen über ihre reproduktive Gesundheit zu treffen.
- Rund 75.000 Menschen in der Zentralafrikanischen Republik verlieren die einzige Gesundheitsversorgung in der Region Bouca. 540 Kinder mit schwerer Mangelernährung erhalten keine Behandlung. Ohne medizinische Intervention steigt ihr Sterberisiko erheblich.
- Über 98.000 Frauen und 45.000 Kinder unter 5 Jahren in Äthiopien verlieren den Zugang zu umfassenden Mutter-Kind-Gesundheitsdienstleistungen. Rund 10.000 Kinder können nicht mehr auf Mangelernährung untersucht werden. Unbehandelte Mangelernährung kann zu Entwicklungsstörungen und lebenslangen gesundheitlichen Problemen führen.
Hintergrund: Neben den USA haben weitere langjährige Geberländer, darunter Deutschland, ihre Zahlungen für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit drastisch und abrupt gekürzt. Dadurch ist eine große Planungsunsicherheit für Hilfsprojekte entstanden. Schon die alte Bundesregierung hatte die Mittel für 2025 signifikant reduziert. Im neuen Koalitionsvertrag wird nun eine weitere Kürzung der Quote für Öffentliche Entwicklungsleistungen angekündigt.
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Stephanie Kirchner
Pressereferentin
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