Sie schreiben „Pankow bleibt bunt“ über ein Regenbogenfoto – und posten dabei stolz ein Bild mit Mauerresten. Ausgerechnet. Der Sarkasmus der Geschichte ist so grell, dass man ihn fast übersehen könnte. Denn hinter dem Account der Berliner „Omas gegen Rechts“, einer vom Familienministerium mit Steuergeldern geförderten Initiative, steht Maja Wiens – ihres Zeichens einst Inoffizielle Mitarbeiterin der DDR-Staatssicherheit.
Was in den großen Medien mit keinem Wort erwähnt wird, hat der „Deutschland-Kurier“ nun öffentlich gemacht: Wiens arbeitete ab 1978 für das Ministerium für Staatssicherheit, also für jenen Geheimdienst, der Oppositionelle verfolgte, Andersdenkende zersetzte und ganze Biografien zerstörte. Fünf Jahre später, 1983, stieg sie angeblich aus – und wurde selbst zur Zielscheibe der Stasi. So zumindest ihre Version.
Doch es gibt Stimmen, die dieser Version widersprechen. Schon 1996 berichtete die „taz“ über eine hitzige Auseinandersetzung am Kulturverein Prenzlauer Berg, wo Maja Wiens damals mit Jugendlichen arbeitete. Eine Kollegin, Barbara Fuchs, hatte öffentlich ihre Stasi-Vergangenheit benannt – und wurde prompt entlassen.
Fuchs warf Wiens nicht nur „schlimme“ IM-Tätigkeit vor, sondern sprach sogar von einer möglichen Mitverantwortung am Tod eines Menschen. Bettina Wegner, Liedermacherin und enge Vertraute, sagte damals: „Ich kann den Worten von Maja Wiens nicht glauben.“ Die besagte Frau habe nach einem 14-stündigen Stasi-Verhör infolge einer Denunziation durch Wiens eine Fehlgeburt erlitten.
Der Verein stellte sich hinter Wiens. Die Belegschaft sprach ihr mit knapper Mehrheit das Vertrauen aus, während Fuchs nach wenigen Wochen auf der Straße stand – wegen „unzulässiger Vermischung moralischer und politischer Probleme“.
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An diesem Punkt wird aus einem früheren Fehltritt eine anhaltende Zumutung. Wer wirklich Verantwortung für seine Vergangenheit übernimmt, stellt sich ihr. Wiens aber nutzte ihre Position – erneut. Nicht um aufzuklären, sondern um Kritik an ihr zum Verstummen zu bringen. Sie ließ eine Frau fallen, die nur ausgesprochen hatte, was andere dachten. Und sie tat es mit Unterstützung eines Systems, das sich lieber hinter Paragrafen versteckte, als sich der Wahrheit zu stellen.
Und genau das macht diesen Fall so brisant: Es geht nicht um die Stasi-Vergangenheit allein. Es geht um den Umgang damit. Um eine Haltung, die bis heute fortlebt – und das macht die Geschichte von Maja Wiens zu einem erschreckenden Spiegel unserer Gegenwart.
Denn warum ist eine solche Vergangenheit heute offenbar völlig unproblematisch – wenn man politisch auf der „richtigen“ Seite steht – also auf der rot-grünen?
Denn anders als Menschen, die nie für eine Diktatur arbeiteten, sondern einfach „falsch“ denken, hat Maja Wiens im neuen Deutschland keinerlei Schwierigkeiten. Im Gegenteil. Sie wird eingeladen, gefördert, gelobt – und darf öffentlich über „Demokratie“ sprechen. Währenddessen reicht bei anderen ein AfD-Parteibuch, ein falsches Like oder ein missliebiger Tweet, um gesellschaftlich geächtet zu werden. Kein Verlag, kein Preis, keine Bühne – Cancel Culture erledigt den Rest.
Es ist diese absurde Verkehrung von Verantwortung, die unser Land zunehmend prägt. Wer einst einer linksextremen Diktatur diente, hat heute gute Karten – solange er gegen „rechts“ kämpft. Wer hingegen nie ein Unrechts-System unterstützte, aber heute Fragen stellt, wird ausgegrenzt.
Der Fall Wiens ist kein Einzelfall. Denken wir an Anetta Kahane, ebenfalls einst Stasi-IM, heute Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung – einer mächtigen NGO, die sich als moralische Instanz inszeniert und mit staatlichen Millionen gegen vermeintliche „Hassrede“ kämpft. Oder an zahlreiche andere, informelle Netzwerke, die aus dem alten DDR-Apparat, der Nomenklatura und dem Geheimdienst-Milieu hervorgingen und bis heute Einfluss ausüben – in Medien, NGOs, Kultur und Politik. Kritiker zählen auch Angela Merkel zu diesen Strukturen – und wer ihre Biografie aufmerksam liest, wird viele Hinweise finden, dass sie damit nicht falsch liegen. Hier sei nur auf Hinrich Rohbohms exzellentes Werk „Merkels Maske“ verwiesen (anzusehen hier).
Stellen Sie sich vor, ein ehemaliger Gestapo-Mitarbeiter würde heute eine konservative Stiftung führen. Undenkbar – nicht nur aus Altersgründen. Mit Recht. Aber bei Stasi-Vergangenheit gilt offenbar ein anderer Maßstab – sofern sie im Dienst der „richtigen“ Sache steht.
Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Oder man könnte weinen, wenn es nicht so gefährlich wäre. Denn das, was hier sichtbar wird, ist die DDRisierung der Bundesrepublik: Wer damals schon brav im System oder sogar an der Spitze war, hat heute beste Chancen – für sich selbst, sein Netzwerk und die Verwandtschaft. Ob man nun de Maizière, Gregor Gysi, Maybrit Illner (ZDF) oder Karola Wille (MDR) heißt (siehe Fußnote *). Auch eine noch so problematische Vergangenheit spielt keine Rolle mehr, solange sie ideologisch anschlussfähig ist. Eine Doppelmoral, die nicht nur entlarvend, sondern hochgradig bedrohlich ist für eine echte Demokratie.
Die Medien? Schweigen. Kein „Spiegel“, kein „Tagesspiegel“, kein „ZDF-Magazin Royale“, das sonst jede Kleinigkeit ausgräbt und aufbläst, wenn es um politische Gegner geht. Kein investigativer Furor, kein moralischer Aufschrei. Nur beredtes Desinteresse. Man will offenbar nicht genau wissen, wer da das Wort führt im Kampf gegen „rechts“. Hauptsache, die Richtung stimmt.
Und genau deshalb ist der Fall Wiens ein Lehrstück. Nicht über die Vergangenheit – sondern über die Gegenwart.
PS: Ich habe auch hier wieder bewusst auf den Vergleich mit dem real existierenden Sozialismus verzichtet. Denn ich glaube, man muss ihn gar nicht bemühen – er drängt sich von selbst auf.
*Fußnote: Ein Blick in die Biografien lohnt sich: Lothar de Maizière war der letzte Ministerpräsident der DDR – und zuvor Anwalt enger Vertrauter des MfS. Gregor Gysi, bis heute Dauergast in Bundestag und Talkshows, vertrat zu DDR-Zeiten politische Gefangene – mit auffallend gutem Zugang zur Macht, mit bis heute schwer belasteter Nähe zur Stasi und mit anhaltenden Debatten, ob er Mandanten an die Staatssicherheit verriet. Maybrit Illner, das politische Aushängeschild des ZDF, war SED-Mitglied und Moderatorin beim DDR-Fernsehen. Karola Wille, heute MDR-Intendantin, war Parteikaderin und Juristin an der Universität Leipzig – ein Systemgewächs wie aus dem Lehrbuch.
Sie alle stehen exemplarisch für das, was man nicht Transformation, sondern Transfusion nennen müsste: Die alte Elite lebt fort – nicht trotz, sondern wegen ihrer Vergangenheit.
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