Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld
Am heutigen Tag wird unübersehbar klar, welche Schlagseite die Demokratie im vereinten Deutschland inzwischen durch die selbsternannten Retter der Demokratie im Hohen Haus und ihre willigen Helfer in den mit Steuergeld gemästeten NGOs bekommen hat. Gregor Gysi, von dem der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung in der Wahlperiode 1994-1998 festgestellt hat, dass eine Mitarbeit des Abgeordneten Dr. Gysi für die Staatssicherheit erwiesen sei, wird als Alterspräsident heute den Bundestag eröffnen.
Ich war damals Mitglied in diesem Ausschuss und habe jedes Blatt der umfangreichen Akte von IM Notar, Sputnik oder Gregor gelesen. Besonders seine langen Berichte des IM Notar über seine Besuche beim bekanntesten Regimekritiker Robert Havemann, dessen Anwalt Gysi wurde, nachdem Havemanns Wunschanwalt Götz Berger vom Regime nicht zugelassen wurde, sprechen Bände. Schon an der Art, wie Notar sich als der Überlegene in seinen Diskussionen mit Havemann darstellt, ist so ähnlich in den Beiträgen, in denen Gysi im Bundestag seine Überlegenheit und die seiner Partei betont, zu finden. Man könnte eine Untersuchung machen, ob die Beiträge in der Akte Notar und die von Gysi nach der Vereinigung von derselben Person stammen könnten, aber das ist bis heute nicht geschehen. Die Sache war auch so klar.
Als das Ergebnis der Untersuchung feststand, musste ich zum damaligen Fraktionschef Wolfgang Schäuble, um von ihm das Okay zur Abstimmung der Union einzuholen. Schäuble fragte mich, ob man Gysi nicht vom Haken lassen könnte. Er täte ihm leid. Als ich verneinte und das ausführlich begründete, gab Schäuble die Abstimmung frei.
Nach den Regeln, die sich der 13. Bundestag gegeben hatte, hätte die Parlamentspräsidentin Rita Süßmuth den Abgeordneten Gysi auffordern müssen, sein Mandat niederzulegen. Das geschah nicht, denn Gysi klagte gegen die Veröffentlichung des Votums. Als er die Klage verlor und die Veröffentlichung erfolgte, war der Wahlkampf für den nächsten Bundestag angeblich schon zu nah, also wurde Gysi auch dann nicht aufgefordert, sein Mandat niederzulegen. Es war damals schon üblich, die Regeln zu brechen, die man sich selbst gegeben hatte. Gysi wurde vom Haken gelassen, das Ergebnis der Untersuchungen ging unter. Es gab außerdem unzählige Klagen von Gysi gegen Medien und Privatpersonen, auch ehemalige Mandanten, die sich von ihm verraten fühlten, die Gysi gewann. Der Hamburger Richter Buske urteilte mit der immer gleichen Begründung zu Gysis Gunsten. Näheres kann man hier nachlesen.
Ich bin von Gysi nie verklagt worden, obwohl in allen meinen Büchern, zuerst 1992 in „Virus der Heuchler“, vom Elefanten Press Verlag, steht, dass ich Gysi als Gefangene im Stasigefängnis Hohenschönhausen als jemand erlebt habe, der im Sinne des Wunsches der Stasi, mich in den Westen abzuschieben, agiert hat. Gysi weiß bis heute, dass dies sein wunder Punkt ist. Deshalb ist der Vorgang in seinem neuesten Buch wieder Thema. Hier betont Gysi lang und breit, dass er nicht mein Anwalt gewesen sei. Das habe ich allerdings nie behauptet. Im Gegenteil, ich habe immer die Frage gestellt, wieso Gysi mich als Gefangene besuchen konnte, obwohl er nicht mein Anwalt war. Für das Stasigefängnis konnte kein Anwalt einfach einen Besuchsantrag stellen. Dort gab es nur von der Stasi zugelassene Anwälte: Lothar de Maizière, Wolfgang Schnur, die Truppe von RA Vogel, die für die SED die Häftlingsverkäufe organisierte – alle IM der Stasi. Gysi hatte auch eine Zulassung für Hohenschönhausen.
Ich bin ihm allerdings an einem anderen entscheidenden Punkt in meinem Leben begegnet: Im Untersuchungsausschuss befand sich auch ein IM-Bericht, dass ich nach meinem Berufsverbot Gysi in seiner Kanzlei in der Berliner Finowstraße aufgesucht habe, um mir von dem damaligen Geheimtipp Rat einzuholen. Was Gysi mir sagte, klang so falsch in meinen Ohren, dass ich das Gegenteil dessen tat, was er mir geraten hatte. Wie kam der IM an seine Informationen? Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Gysis Kanzlei abgehört wurde.
Dass Gysi heute den Bundestag eröffnet, liegt an zwei weiteren Regelbrüchen im Bundestag. Der zwölfte Bundestag hatte noch lediglich zwei Vizepräsidenten. Einen von der Opposition, einen von der Koalition. Mit dem Wiedereinzug der Grünen in den Bundestag 1994, wollte Wolfgang Schäuble unbedingt Antje Vollmer von den Grünen zur Vizepräsidentin machen, was auch gelang. Die SPD intervenierte und der Kompromiss war, dass fortan jede Fraktion einen Vizepräsidenten bekommen sollte, auch die Mauerschützenpartei SED, die damals als PDS firmierte. Alterspräsident war immer der älteste Abgeordnete, bis mit Alexander Gauland ein Mitglied der AfD der älteste Abgeordnete war. Da wurde flugs die Geschäftsordnung geändert und nunmehr eröffnete das dienstälteste Mitglied des 20. Bundestags, Wolfgang Schäuble, in der konstituierenden Sitzung den Bundestag als Alterspräsident.
Das Beugen und Brechen von Regeln sind also keine Erfindung der Merkelregierungen, der Ampel oder der Möchtegern schwarz-roten Regierung. Es hat sich langsam wie ein Krebsgeschwür ausgebreitet und zersetzt heute das Regelwerk der Demokratie. Die Retter der Demokratie sind ihre Abschaffer.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle. Das neue Buch „Ist mir egal“ zu Merkel können Sie hier vorbestellen.
Bild: Screenshot Youtube
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