Ist es Unvermögen oder Dreistigkeit, oder soll der rote Koalitionspartner hier vom Bundesinnenministerium Dobrindts in Sicherheit gewogen werden? Zwei Meldungen des Bundesinnenministeriums fallen aktuell auf. Beide stehen im Zusammenhang mit der Abwehr von russischen Geisterdrohnen, die zwar bisher noch niemand gesehen hat, die aber regelmäßig fester Bestandteil einer Panikmache der Bevölkerung geworden sind.
Beginnen wir mit der aktuellsten Meldung aus dem Bundesinnenministerium (BMI). Die wird insbesondere Gewerkschaftsbosse der Bundespolizei wie Heiko Teggatz und Manuel Ostermann freuen, die immer wieder auf die schlechte Ausstattung und Unterbesetzung hingewiesen haben. Sie wurden offenbar von Minister Dobrindt bzw. der Merz-Regierung erhört, das BMI titelt: „Das neue Bundespolizeigesetz – mehr Befugnisse, mehr Sicherheit, mehr Handlungsfähigkeit“.
Ironie der Geschichte: Was über zehn Jahre hinweg seit Beginn der illegalen Massenzuwanderung nicht möglich war, wird jetzt mit der neuen deutschen Drohnenangst im Handstreich möglich: mehr rechtliche Befugnisse, bessere Ausrüstung, zusätzliches Fachpersonal.
Was hier allerdings sofort für Irritationen sorgt: Die BMI-Meldung beginnt nicht etwa mit der neuen Drohnenabwehreinheit oder dem Drohnenabwehrzentrum, sondern mit folgendem Absatz:
„Erstmals werden der Einsatz und die Abwehr von Drohnen gesetzlich geregelt. Die Bundespolizei darf künftig eigene Drohnen zur Überwachung und Aufklärung einsetzen, etwa bei Großveranstaltungen oder zur Kontrolle schwer zugänglicher Bahnstrecken.“
Dystopien aus Hollywood-Science-Fiction-Schockern von kreisenden Drohnen, die gezielte Killfahndung gegen als Staatsfeinde identifizierte Personen betreiben, sind wieder ein Stück näher in den Köpfen nervöser Kritiker angekommen.
Nun gibt es polizeigesteuerte Drohnenflüge schon länger. Die sind nichts Besonderes etwa bei Fußballveranstaltungen. Aber sie befanden sich – erfährt man jetzt – teilweise noch in einer rechtlichen Grauzone. Das neue Gesetz nimmt hier eine explizite Klärung vor und erweitert die Befugnisse der Bundespolizei für den Einsatz und die Abwehr von Drohnen auf sensible Bereiche wie Flughäfen, Bahninfrastruktur oder Demonstrationen.
Es wird unweigerlich passieren: Wenn sich demnächst wieder das BSW oder Michael Ballweg und Querdenken zu Demonstrationen für Frieden und Grundrechte versammeln, dann stehen über den Demonstranten Drohnen der Bundespolizei und überwachen und filmen die Demonstrierenden aus der Luft.
Jetzt mag mancher sagen: Gefilmt wird doch schon länger, was soll’s? Hier kommen aber zwei neue Überlegungen hinzu: Wenn alles für die Drohnenabwehr getan werden soll, dann wird technisch unweigerlich auf die militärisch effektivste und naheliegendste Art zurückgegriffen werden müssen: auf Killerdrohnen, die besagte feindliche Drohnen unschädlich machen. Das heißt, die Bundespolizei wird hier auf kurz oder lang Drohnen mit schwerer Bewaffnung zur Verfügung haben.
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Und was wäre – mal weiter ins Blaue spekuliert – wenn nun im Bereich einer Demonstration zeitgleich die Abwehr möglicher russischer Drohnenschwärme behauptet wird, um dann jene Drohnen aufsteigen zu lassen, die schwer bewaffnet sind? Es kommt wie eine düstere Dystopie ums Eck und ist auch eine.
Es wird also für den Frieden demonstriert, während am Himmel die fliegenden Assassinen der Bundespolizei ihre Runden drehen.
Und das führt dann unmittelbar zu einer weiteren Meldung aus dem BMI. Die steht unter der Überschrift: „Innenminister Alexander Dobrindt plant Drohnenabwehrzentrum“.
Und hier, wo es dann um besagtes Zentrum zur Abwehr von Drohnen geht, irritiert gleich der zweite Absatz, der wie falsch eingeschoben oder verirrt wirkt, hat er doch mit den Russlanddrohnen zunächst nichts zu tun:
„‚Die Behörden müssen dürfen, was sie können‘, betonte der Bundesinnenminister. Daher ist eine Ausweitung der Befugnisse für Sicherheitsbehörden geplant, wie die Gesichtserkennung durch künstliche Intelligenz beziehungsweise der biometrische Internetabgleich sollen ermöglicht werden. Auch die automatisierte Datenanalyse und die Speicherung von IP-Adressen sollen erlaubt werden – ein wichtiger Schritt zum Beispiel im Kampf gegen Kindesmissbrauch.“
Zu den angeblichen Drohnensichtungen aus Moskau kommt noch der Kindesmissbrauch hinzu. Aber um was zu erreichen? Mehr Akzeptanz beim Bürger, der sich ja nicht gegen erfolgreichere Abwehr von Kindesmissbrauch wenden wird? Das ist tatsächlich perfide.
Konkret: Die Vorstellung des Drohnenabwehrzentrums der Bundesregierung wird hier verbunden mit „Gesichtserkennung durch künstliche Intelligenz“ und „biometrischem Internetabgleich“. Und jetzt muss man nur eins und eins zusammenzählen und beide Meldungen zusammenführen:
Diese Drohnen über Demonstrationen, öffentlichen Plätzen und überall, wo Menschen ins Blickfeld geraten, können aus der Luft feststellen, wer da unten etwa gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung demonstriert. Dass die Drohnen am Himmel dann auch noch schwer bewaffnet herumschwirren können, um russische Phantomdrohnen abzuwehren, vervollständigt das Horrorszenario.
Vorerst sind das alles nur dystopische Gedankenspiele, zunächst wurde hier nur konsequent zu Ende gedacht, was das BMI wirklich meldet. Aber erschreckend dabei (entlang der Meldungen des BMI): Es ist bereits fünf vor zwölf. Matrix Reloaded.
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Author:
Alexander Wallasch