Berlin (ots)
Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) begrüßt die Intention des Bundesministeriums für Gesundheit, Anpassungen im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vorzunehmen.
Leistungsgruppen (LG) definieren im Gesetz und auch im aktuellen Referentenentwurf die zukünftige medizinische Versorgungslandschaft in der Bundesrepublik. Für die Orthopädie und Unfallchirurgie ist dabei die Leistungsgruppe 14 „Allgemeine Chirurgie“ von besonderer Bedeutung.
Einerseits stellt diese Leistungsgruppe eine assoziierte Voraussetzung für die Erbringung fachtypischer Leistungsgruppen wie „Endoprothetik“, „Revisionsendoprothetik“, „Wirbelsäulenchirurgie“ und „Spezielle Traumatologie“ dar. Aber auch Kinder- und Jugendorthopädie, Schulter-, Hand- und Ellenbogenchirurgie, Tumororthopädie und -traumatologie, gelenkerhaltende Eingriffe am gesamten Achsskelett, Weichteileingriffe, sportorthopädische Verfahren, Fuß- und Sprunggelenkschirurgie, nicht-operative muskuloskelettale stationäre Behandlungen, komplexe Schmerztherapie, orthopädische Rheumatologie und Frührehabilitation sollen allesamt innerhalb dieser Leistungsgruppe erbracht werden.
Kritik am aktuellen Gesetzesentwurf: Risiken für die Versorgungssicherheit
Der nunmehr vorgelegte Gesetzesänderungsvorschlag sieht vor, dass in der LG 14 drei „Fachärzte für Allgemeinchirurgie“ vorgehalten werden sollen. Alternativ könne – der Referentenentwurf spricht von einer „2-zu-1-Regel“ – ein Facharzt für Allgemeinchirurgie durch zwei Fachärzte mit anderer Weiterbildung, konkret ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zusammen mit einem Facharzt für Viszeralchirurgie, ersetzt werden.“Eine derartige Regelung würde die Versorgungssicherheit für Menschen mit muskuloskelettalen Erkrankungen in der Bundesrepublik Deutschland zukünftig gefährden“, warnt der Vizepräsident des BVOU, Universitätsprofessor Dr. Tobias Renkawitz. „Der Facharzt für Allgemeinchirurgie hat grundsätzlich andere medizinische Schwerpunkte und Weiterbildungsinhalte als der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie“, führt er aus. Durch die zunehmende Spezialisierung in allen chirurgischen Disziplinen hat die Bedeutung des ehemaligen chirurgischen „Allrounders“ ohnehin stark abgenommen. Facharztprüfungen in diesem Bereich sind seit Jahren rückläufig und liegen
nach Auskunft der Bundesärztekammer im Bereich der Allgemeinchirurgie aktuell bei unter 150 pro Jahr. Von den mehr als 41.400 chirurgisch tätigen Ärzten in der Bundesrepublik führen aktuell weniger als 1.400 Ärzte den Facharzttitel für Allgemeinchirurgie. Demgegenüber stehen über 15.200 Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Differenzierter Facharztzuordnung und realitätsnahe Planung
Der BVOU unterstützt die von der Regierung beabsichtigte qualitätsbasierte personelle Ausstattung in Abhängigkeit von den Leistungsgruppen, so Renkawitz weiter. Bei der geforderten personellen Ausstattung der weit gefassten Leistungsgruppe 14 „Allgemeine Chirurgie“ müsse jedoch im KHAG das Gepräge der Abteilung berücksichtigt werden – also die Frage, ob es sich im Schwerpunkt eher um muskuloskelettale Versorgungen oder um einen allgemeinchirurgisch-viszeralchirurgischen Versorgungsauftrag im Krankenhaus handelt.
„Die Frage, ob es sich um eine orthopädisch-unfallchirurgische oder viszeralchirurgische Abteilung handelt, lässt sich aus den Daten der Krankenhausplanungsbehörden der Länder und Auswertungen der Kostenträger einfach herauslesen“, betont Dr. Burkhard Lembeck, Präsident des BVOU. Die vom BVOU vorgeschlagene Zuteilung der Leistungsgruppe 14 in Abhängigkeit vom Schwerpunkt der Abteilung entspreche auch der Intention des Gesetzgebers, Versorgungsqualität und Patientensicherheit durch Spezialisierung zu stärken. „Eine Abteilung, die nahezu ausschließlich Versorgungen aus dem Fachbereich für Orthopädie und Unfallchirurgie erbringt, benötigt nicht drei Fachärzte für Allgemeinchirurgie, sondern drei Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie“, so Lembeck. Ein Realitätscheck für die benötigten Facharztkompetenzen zusammen mit den Bundesländern sei somit dringend geboten. Zudem müsse in diesem Zuge der Gedankenfehler im Referentenentwurf des KHAG aufgelöst werden, dass Fachärzte in dieser sogenannten „allgemeinen Leistungsgruppe“ nicht auch in den jeweiligen „spezialisierten Leistungsgruppen“ wie Endoprothetik oder Revisionsendprothetik angerechnet werden können. Orthopädische Chirurgen erbringen in der Mehrheit mit einem hohen Grad an Spezialisierung an einzelnen Gelenken das gesamte konservative und operative Spektrum. Gelenkexperten versorgen im Tagesablauf routinemäßig sowohl gelenkerhaltend als auch gelenkersetzend. In der Leistungsgruppensystematik des Gesetzes erbringt derselbe Arzt damit zukünftig Leistungen sowohl aus einer allgemeinen Leistungsgruppe als auch aus einer spezialisierten Leistungsgruppe. Eine Vorgabe von zusätzlichen Fachärzten für diese etablierte Versorgungsstruktur in O&U würde das Personalbudget der Kliniken übermäßig belasten und widerspräche der Intention des Gesetzes, die Wirtschaftlichkeit deutscher Krankenhäuser zu verbessern.
Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) ist überzeugt, dass es der Regierung in enger Abstimmung mit den Ländern gelingt, das Krankenhausversorgungsstrukturgesetz (KHVVG) im Sinne des vorgelegten Anpassungsgesetzes positiv zu überarbeiten. Der derzeitige Entwurf zeichnet in der Leistungsgruppe 14 für einen wichtigen Teil des orthopädisch-unfallchirurgischen Versorgungsauftrags in der Bundesrepublik kein realistisches Bild der benötigten Facharztkompetenzen und birgt somit ein hohes Risiko für die Versorgungssicherheit von Menschen mit muskuloskelettalen Erkrankungen und Verletzungen. Die sich daraus ergebende Versorgungslücke würde insbesondere Kinder, ältere Menschen, Menschen mit onkologischen Erkrankungen und Patienten mit unfallbedingten Folgezuständen an Gelenken und Weichteilen treffen. Eine Anpassung der Facharztschwerpunkte in der Leistungsgruppe 14 ist aus Sicht des BVOU deshalb dringend notwendig.
Über die Personen:
Dr. Burkhard Lembeck
Präsident des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) e.V.
Berlin
Univ.-Prof. Dr. med. habil. Tobias Renkawitz
Vizepräsident des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) e.V.
Ärztlicher Direktor und Ordinarius
Klinik für Orthopädie der Universität Regensburg
Asklepios Klinikum Bad Abbach
Über den BVOU:
Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) ist die berufspolitische Vertretung für mehr als 7.500 in Praxis und Klinik tätige Kolleginnen und Kollegen. Der BVOU setzt die beruflichen Interessen seiner Mitglieder durch, indem er zum Vorteil der Patienten und des Gemeinwohls gemeinsam mit den wissenschaftlichen Gesellschaften den Standard orthopädisch-unfallchirurgischer Versorgung entwickelt, die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen prägt und dadurch die öffentliche Wahrnehmung seiner Mitglieder als Experten für orthopädisch-unfallchirurgische Versorgung gestaltet.
Pressekontakt:
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10623 Berlin
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