Gegenwart ist, wenn man sich an das Groteske gewöhnt und es für Normalität hält. Dieser Satz, der im besonderen Maße für die Corona-Jahre gilt, ist heute so aktuell wie nie. Auf Tagesschau.de gibt es heute folgenden Satz zu lesen:
„Die Europäer wollen verhindern, dass Entscheidungen zum Nachteil der Ukraine getroffen werden.“
Und das nicht gegenüber irgendjemandem, Adressat ist kein geringerer als US-Präsident Donald Trump und die USA als führender NATO-Partner und mächtige Nummer eins des Wertewestens. Was muss also zwischenzeitlich passiert sein, um anzunehmen, man müsse die Ukraine vor den USA und konkret vor Präsident Trump geschützt werden?
Der US-Präsident traf sich zuletzt mit Putin, dem Kriegsgegner der Ukraine unter Zubilligung aller protokollarischen Ehrenbezeugungen. Und er ging mit verschiedenen besonders respektvollen Gesten noch darüber hinaus.
Demgegenüber sind noch jene Bilder gut in Erinnerung, als Trump sich gegenüber Selenskyj über dessen White-House-Auftritt in seinem typischen Kampf-Pullover lustig machte.
Kanzler Merz hatte sich im Vorfeld des Trump-Putin-Treffens bereits als so etwas wie der inoffizielle EU-Sprecher der Willigen in Szene gesetzt. Mutmaßlich wohl auch um den Shitstorm seiner Israel-Sanktionen zu bereinigen.
Demgegenüber machte Trump bereits im Vorfeld des Gesprächs mit Putin deutlich, dass Brüssel hier wenig zu melden habe. Und auch vor dem Treffen mit Selenskyj steckte der US-Präsident ebenfalls bereits seinen Claim ab:
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Er schließt laut Spiegel eine Rückgabe der Krim und einen NATO-Beitritt der Ukraine aus. Und erneut behauptete Trump, Selenskyj könne den Krieg mit Russland „fast sofort“ beenden. Was fast wie eine einseitige Schuldzuweisung an den Ukrainer klingt, mag hier allerdings auch Teil eines typisch trumpschen Pokerspiels sein.
Davon unbenommen hat der ukrainische Präsident eine Reihe von Forderungen an den Westen und die Koalition der Willigen erneuert. Auf tagesschau.de heißt es wörtlich:
„Bei einer Pressekonferenz mit der EU-Kommissionspräsidentin forderte der ukrainische Präsident Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild der NATO für eine Beendigung des Krieges.“
Mit anderen Worten: Selenskyj will einen Beistandspakt, wenn schon eine NATO-Mitgliedschaft nicht sofort umzusetzen sei. Selenskyj möchte eine militärische Beistandsklausel, wonach andere Staaten für ein angegriffenes Land eintreten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ergänzte als eine Art selbsternannte Sprecherin von Donald Trump: „Wir begrüßen die Bereitschaft von Präsident Trump, zu Artikel-5-ähnlichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine beizutragen.“ Aber ob sich Trump darauf festlegen wird?
Sind Trump die willigen Europäer längst lästig geworden, oder ist auch das nur Teil des Spiels, wenn Politik gemacht wird wie ein Big Deal in Goodfellas oder von Michael Douglas als Gordon Gekko in dem Hollywood-Klassiker Wall Street?
Fakt ist: Selenskyj trifft sich heute mit Donald Trump. Und er kommt mit einer Security der Willigen. Aus Regierungskreisen in Berlin heißt es schon, Trump wolle zunächst mit Selenskyj alleine sprechen. Die Europäer dürften erst danach dazukommen.
Und irgendwann heute Nacht nach europäischer Zeit werden Trump, Selenskyj und vielleicht auch ein Williger vor die Kameras der Welt treten. Aber um was zu verkünden?
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Author:
Alexander Wallasch