Es ist die gute Nachricht des Tages. Oder etwa doch nicht?
Ein Minister der Bundesregierung untersagt seinen Mitarbeitern offiziell, in der Kommunikation zu gendern. Keine Gendersterne, keine Doppelpunkte, keine Binnen-Is. Stattdessen: amtliche Rechtschreibung. Punkt.
Was früher als Selbstverständlichkeit galt, ist heute eine Nachricht. Und genau das ist der eigentliche Skandal.
Denn dass der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer seine Mitarbeiter zum Einhalten der Rechtschreibregeln verpflichtet, sagt mehr über den Zustand dieses Landes aus als über seine eigene Haltung. Es ist, als würde ein Minister vermelden: Ab sofort dürfen meine Mitarbeiter bei Rot nicht mehr über die Straße gehen. Und die Medien berichten, als wäre es ein mutiger Tabubruch.
Natürlich hat die Entscheidung Weimers auch eine symbolische Komponente – und genau deshalb sorgt sie für Aufsehen. Der frühere Chefredakteur von „Cicero“, „Focus“ und „Die Welt“ weiß, wie medialer Widerschein funktioniert. Und so begründet er sein Vorgehen auch bewusst grundsätzlich: „In einer Demokratie ist die Sprache ein Kulturgut, das nicht von politischen Aktivisten manipuliert werden darf.“ Und: „Sprache kann Brücken bauen oder Fronten errichten. Die Gender-Ideologie spaltet die Gesellschaft und diskriminiert Menschen, die sich nicht in linksliberalen Milieus bewegen.“
Das ist klug formuliert, treffend beobachtet – und doch erschreckend: Dass solche Aussagen über Selbstverständlichkeiten überhaupt noch nötig sind.
Denn dass man Sprache missbrauchen kann, dass sie kein Spielball von Umerziehungsphantasien sein darf – das war einst gesellschaftlicher Konsens. Früher.
Heute aber wirkt schon der bloße Verweis darauf wie Widerstand.
Tatsächlich ist das Genderverbot in Behörden keine neue Entwicklung: In Bayern gilt es seit Jahren – und auch Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) hat kürzlich eine entsprechende Anordnung für ihr Haus erlassen. Bereits als Bildungsministerin in Schleswig-Holstein hatte sie 2021 ein Genderverbot in ihrem damaligen Landesministerium eingeführt. Umso erstaunlicher die Reaktionen: Der „Spiegel“ versucht zwischen den Zeilen subtil bei seinen Lesern Empörung zu schüren und verteidigt flammend den Ideologie-Irrsinn: „Die Idee der gendergerechten Sprache ist eine gesellschaftliche Forderung im Zeichen der Inklusion – sie ist wortwörtlich als Konzept gegen jegliche Spaltung gedacht und zielt darauf ab, alle Menschen miteinzubeziehen. Sprache formt Gesellschaft, schafft ein Miteinander.“
Lenin lässt grüßen.
Viele Bürger hingegen haben sich den Realitätssinn bewahrt – und feiern den Schritt wie ein kleines Wunder.
Auch das ist übertrieben. Denn die Pointe liegt nicht in der Weisung.
Sondern in der Tatsache, dass sie nötig ist.
Wenn verbindliche, amtliche Rechtschreibregeln, die das Gendern nicht vorsehen, schon auf Behördenebene unterlaufen werden, wenn Amtssprache zu einer Bühne ideologischer Selbstdarstellung verkommt, wenn der Duden sich vom neutralen Wörterbuch zum Aktivistenhandbuch entwickelt und Sprach-Ideologie betreibt – dann ist etwas aus dem Ruder gelaufen. Dann wird das Einhalten der Norm zur Normverletzung erklärt. Dann braucht es Mut, um sich auf Regeln zu berufen. Und dann wird ein Verwaltungsakt zur Nachricht.
Dass sich ein Kulturstaatsminister traut, gegen diese Absurdität anzugehen, ist lobenswert. Dass er damit bereits als Provokateur gilt – das ist das eigentlich Erschreckende.
Vielleicht war es wirklich eine gute Nachricht. Aber was sagt es über ein Land, wenn Normalität zur Ausnahme wird?
Und was kommt als Nächstes? Ein Minister, der das Grundgesetz achtet – und dafür einen Shitstorm erntet?
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